Gestern veröffentlichte die ARD einen Beitrag zur fortschreitenden Adoption von Kryptowährungen. In dem fünf minütigen Beitrag berichtete ARD Korrespondent Markus Schuler aus dem Sillicon Valley zu Bitcoin, Blockchain und dem Web3. In diesem Artikel sehen wir uns schrittweise die genannten Punkte an und überprüfen diese auf ihre Gültigkeit.

Der Energieverbrauch von Bitcoin

Der Beitrag beginnt mit einem bekannten Thema: dem Energieverbrauch von Bitcoin. Den hohen Energieverbrauch von Bitcoin anzumerken ist grundsätzlich nicht falsch. Allerdings sollte man sich hier nicht nur die absoluten Zahlen wie den Stromverbrauch von Bitcoin ansehen, sondern auch andere Faktoren wie z.B. den Energiemix miteinbeziehen. Nur so erhält man ein differenziertes Bild zum Energieverbrauch von Bitcoin.

Gefährlich wird es, wenn andere Kryptowährungen im gleichen Atemzug genannt und mit Bitcoin verglichen werden. Bitcoin hat eine zentrale Mission: Die Währung des Internets und ein alternatives Geldsystem zu werden. Dafür muss Bitcoin eine besonders hohe Sicherheit besitzen. Nur mithilfe des energieaufwendigen Proof-of-Work Konsensmechanismus kann diese Sicherheit in Form von einem dezentralisierten Netzwerk langfristig garantiert werden.

Andere Kryptowährungen versuchen andere Probleme zu lösen. Smart Contracts-Plattformen wie Ethereum oder Solana verzichten auf eine solche hohe Sicherheit und konzentrieren sich eher auf die Funktionalitäten. Bitcoin hat sich als die Währung des Internets an der Spitze etabliert. Viele Altcoin-Projekte haben dies erkannt und konzentrieren sich inzwischen auf andere mögliche Anwendungsfälle der Blockchain wie Smart Contracts oder das Web3. Ein Vergleich zwischen Bitcoin und Plattformen zur Abwicklung von Smart Contracts ist nicht sehr hilfreich. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.

Ein besserer Vergleich wäre der zwischen Bitcoin und anderen Kryptowährungen, die ebenfalls den Anspruch haben, die Währung des Internets zu werden, wie etwa Litecoin, XRP, Dash oder Dogecoin. Vergleicht man diese Projekte mit Bitcoin sieht man sehr schnell, dass es keine wirkliche Alternative zu Bitcoin gibt.

Bitcoin Dominanz im Vergleich mit anderen Kryptowährungen mit einem ähnlichen Ziel. Quelle: Blockchaincenter

Ist Bitcoin doch ein Schneeballsystem?

Anschließend macht der ARD-"Experte" leider genauso weiter, wie er begonnen hatte. Bitcoin wird wieder mit allen anderen Kryptowährungen in einen Topf geworfen. Laut Schuler ist keine der Digitalwährungen ein gesetzliches Zahlungsmittel und daher der Wert mit einem Glücksspiel vergleichbar.

Mit der Einführung von Bitcoin als gesetzlichem Zahlungsmittel in El Salvador handelt es sich hier nachweislich um eine Falschaussage des Korrespondenten Schuler. Die ARD hat diese Tatsache in ihrem Beitrag ignoriert bzw. falsch dargestellt.

Anstatt am Beispiel El Salvador auf die Unterschiede zwischen Bitcoin und anderen Kryptowährungen einzugehen, ist für Schuler die fehlende Regulierung der Grund, wieso Kryptowährungen kein Zahlungsmittel sind. Hier entgeht ihm leider auch, dass Bitcoin mittlerweile einer der am stärksten regulierten Finanzsektoren ist. Jeder der Bitcoin schon mal gekauft hat und ein KYC-Verfahren durchlaufen musste, versteht das.

Daraufhin geht es weiter mit seinen Ansichten zur Krypto-Spekulation. Auch hier erfolgt keine Trennung zwischen Bitcoin und anderen Kryptowährungen. Teile der Bitcoin Community würden Herrn Schuler sogar recht geben, dass viele Krypto-Projekte tatsächlich nur zu Spekulationszwecken existieren. Bitcoin hier im gleichen Atemzug zu nennen, ist aber einfach nicht richtig. Vor allem im Jahr 2021 hat sich Bitcoin auch im traditionellen Finanzbereich etabliert. Unternehmen fingen an Bitcoin auf ihre Bilanz zu packen, wir haben den ersten Bitcoin ETF in den USA und Firmen wie die NYDIG bauen ihren Geschäftsbereich im Bitcoin-Sektor immer weiter aus. Mit einem reinen Spekulationsobjekt hat das also nichts mehr zu tun.

Abschließend verweist Schuler noch auf die Kritiker, die das "Krypto-Geld" als ein riesiges Schneeballsystem bezeichnen. Diese Kritiker kennt die Bitcoin-Community nur allzu gut und leider ist die ARD in der Vergangenheit auch schon Teil davon gewesen. Hier muss man Herrn Schuler aber zugutegehalten werden, dass er nur auf die Kritiker verweist und sich nicht selbst als einen Teil von ihnen bezeichnet. Die vorherigen getroffenen Aussagen macht das trotzdem nicht besser.

Die Volatilität von Bitcoin

Der nächste große Kritikpunkt ist der, dass Bitcoin aufgrund seiner Volatilität kein Zahlungsmittel sein könne. Abgesehen davon, dass das Land El Salvador das Gegenteil bewiesen hat, hat dieses Argument grundsätzlich eine Daseinsberechtigung. Bitcoin ist noch(!) kein weit verbreitetes Zahlungsmittel. Für Händler auf der ganzen Welt ist es schwierig Bitcoin aufgrund seiner Schwankungen als Rechnungseinheit für ihre unternehmerische Kalkulationen zu benutzen.

Trotzdem hätte dieser Punkt besser dargestellt werden können. Die Entwicklung zeigt hier in eine positive Richtung. Mit der fortschreitenden Adoption des Lightning Netzwerkes wie in El Salvador zeigt sich, dass Bitcoin ebenfalls auch ein Tauschmittel sein kann. El Salvador geht hier einen speziellen Weg, indem die dortige Regierung jedem Händler anbietet, seine Bitcoin sofort in US-Dollar umwandeln zu können. Damit können die Vorteile des Lightning Netzwerkes genutzt werden und gleichzeitig die Gefahren durch die Volatilität von Bitcoin minimiert werden.

Anstatt auf die positiven Entwicklungen einzugehen werden Stablecoins als die Lösung für die Volatilität dargestellt. Stablecoins sorgen zwar für einen einfachen Einstieg in die Welt der Kryptowährungen und beseitigen die Volatilität, langfristig lösen sie aber nicht die Probleme des Fiat-Systems. Sie haben dasselbe Problem wie jedes andere Fiatgeld: Eine zentrale Instanz kann über die Geldmenge entscheiden. Ein tokenisierter Dollar ist nicht die Lösung für die Probleme des Dollars.

Besser wäre es gewesen den Zuschauern eine Darstellung von Bitcoin als Geld über die Zeit zu geben. Denn Bitcoin hat zwar seine Netzwerkregeln, allerdings keine genaue Definition wofür es genau benutzt werden kann. Im Laufe der Zeit wechselte Bitcoin oftmals seinen Primärnutzen. Am Anfang war es eine kollektive Idee von Cypherpunks und hatte keinen monetären Wert. Im Laufe der Zeit entwickelte sich Bitcoin dann immer mehr zu dem, was es heute ist.

Aktuell ist Bitcoin auf dem besten Weg ein langfristig zuverlässiger Wertaufbewahrungsspeicher zu werden. Der nächste Schritt für Bitcoin wäre die Verbreitung als Zahlungsmittel und schließlich als Rechnungseinheit. Anstatt Bitcoin die Funktion als Zahlungsmittel abzusprechen und Stablecoins als die Lösung darzustellen, hätte man auf den Wandel von Bitcoin eingehen können.

Die Evolution von Bitcoin. Quelle: Coincodecap

Web3

Am Schluss drehte sich der Beitrag dann vor allem, um das Web3 also die Dezentralisierung des Internets. Dieser Begriff erlebte in den letzten Wochen einen regelrechten Hype. Inzwischen mischten sich auf Personen wie Elon Musk und Jack Dorsey in die Diskussion ein und zeigten sich nicht begeistert von der Idee.

Ab hier hat der Beitrag nicht mehr viel mit Bitcoin zu tun. Im Vordergrund stehen andere Blockchain- und Altcoin-Projekte. Wenn man es sich jedoch genau überlegt, ist Bitcoin eigentlich ein Vorzeigebeispiel für eine gelungene Web3 Anwendung. Eine komplett dezentrale Struktur ermöglicht es, die Bezahlvorgänge auf der ganzen Welt ohne eine zentrale Instanz abzuwickeln. Diesen Gedanken hätte man ausführen können, wenn man die Dezentralisierung als die Quintessenz des Web3 erfassen möchte.

Fazit

Der Beitrag der ARD lässt zum Wünschen übrig. Zentraler Kritikpunkt ist die fehlende Differenzierung zwischen Bitcoin und dem gesamten Kryptomarkt. Sobald man anfängt Bitcoin mit allen anderen Kryptowährungen in einen Topf zu werfen, entstehen leider solche undifferenzierten Aussagen. Gepaart mit schlicht falschen Aussagen, erhält man bedauerlicherweise einen wiederholt schlechten Beitrag seitens der ARD. Vielleicht wird sich das im Jahr 2022 ändern. Man kann sich es zumindest wünschen...