In den letzten Tagen ging es im sozialen Netzwerk Twitter heiß her. Das Thema war das Web3. Die Hauptprotagonisten waren anfangs Elon Musk und der ehemalige Twitter CEO Jack Dorsey. Im Laufe der letzten Tage erhitzten sich die Gemüter sowohl von Web3 Anhängern als auch Web3 Kritikern immer weiter. Aber beginnen wir von vorne.

Was ist das Web3?

Das Web 3.0 bzw. Web3 ist die Idee das Internet zu dezentralisieren. Dabei soll vor allem die Blockchain Technologie eingesetzt werden. Der Begriff ist eigentlich nichts Neues. Bereits 2014 sprach Ethereum Mitbegründer Gavin Wood vom Web 3.0. Im Jahr 2021 erlebte der Begriff dann seine Blütezeit. Altcoin-Enthusiasten, große Technologieunternehmen und vor allem Risikokapitalfirmen zeigten vermehrt Interesse am Web3.

Während das Web1 und das derzeitige Web2 auf zentralen Plattformen aufbauen, ist das Ziel von Web3 Internetplattformen zu dezentralisieren. Damit könnte z.B. eine mögliche Zensur auf Social Media umgangen werden. Jeder Nutzer hat 100% Entscheidungsmacht über seine Daten. Eine Zensur durch eine zentrale Instanz wie der Regierung oder einem Unternehmen wäre damit ausgeschlossen. Allerdings bringt das Web 3.0 auch einige Fragen mit sich.

Das Internet von Web1 bis Web3. Quelle: Medium

Kritik an Web 3.0

Viele Bitcoin-Befürworter sehen den Begriff Web 3.0 als reine Marketingaktion, die helfen soll, ein Produkt oder eine Kryptowährung zu verkaufen. Ähnlich sah man das im Jahr 2017. Damals dominierte das Schlagwort Blockchain die Nachrichtenseiten. Kritiker sahen Bitcoin als die veraltete Technologie. Aussagen, wie Bitcoin wird aussterben, aber die Blockchain-Technologie wird weiterhin bestehen, waren damals weit verbreitet.

Jetzt, vier Jahre später, hat sich diese Vermutung als falsch herausgestellt. Bitcoin ist immer noch die größte Kryptowährung und die meisten Unternehmen, die Ende 2017 entstanden sind, sind gescheitert. Für viele Bitcoiner ist der Begriff Web3 nun einer Wiederholung aus dem Jahr 2017. Es wurde der Begriff Blockchain einfach mit Web3 ausgetauscht. Die Bitcoin Community sieht hier wieder die Gefahr, dass einige Hintergrundpersonen ähnlich wie 2017 auf Kosten unerfahrener neuer Investoren viel Geld verdienen.

Auch Jack Dorsey äußerte seine Kritik deutlich auf Twitter. Dorsey glaubt nicht an das Narrativ der Dezentralisierung der Web3 Projekte. Seiner Ansicht nach geht es bei vielen Projekten einfach nur darum, dass die Risikokapitalfirmen einen Vorteil aus dem Projekt ziehen wollen. Sobald es im Hintergrund einen Geldgeber gibt, der die Richtung des Projekts vorgeben kann, ist ein wirklich dezentrales Projekt nicht mehr möglich.

"Web3" gehört dir nicht.

Den Risikokapitalgebern und ihren Partnern gehört es. Es wird sich niemals ihren Anreizen entziehen. Es ist letztendlich eine zentralisierte Einheit unter einer anderen Marke.

Versteht auf was ihr euch einlasst."

@jack

Die Krypto-Community fühlt sich angegriffen

Jack Dorsey nahm kein Blatt vor dem Mund und griff Ethereum ebenfalls direkt an. Er teilte auf Twitter ein Bild, das den Zusammenhang zwischen Ethereum, den Risikokapitalgebern und Silicon Valley zeigen soll. Die Botschaft des Bildes war eindeutig: Ethereum ist die Plattform für Web3 Anwendungen, die nicht den Nutzern dienen, sondern den Risikokapitalgebern von Silicon Valley.

Es dauerte nicht lange, bis die Krypto-Community auf den Angriff von Dorsey antwortete. Einige Ethereum Anhänger unterstellten ihm, dass er das Potenzial von Web3 nicht erkenne, andere, dass er durch seine Bitcoin Ansichten eine gewisse Voreingenommenheit hat. Dorsey erklärte sein Problem mit Ethereum daraufhin nochmal deutlicher:

"

"Es geht ihm nur darum, gegen ETH zu sein und zu versuchen, ETH wie das Establishment erscheinen zu lassen – es gibt für ihn nur BTC oder nichts. Der größte Teil der Anti-Establishment-Bewegung baut auf Ethereum und das mag er eindeutig nicht - ich mag BTC & ETH, aber es gibt nur das eine oder andere in einem Maxi-Geist."

@rahilla


"Ich bin nicht gegen ETH. Ich bin gegen Zentralisierung, das, was im Besitz von Risikokapitalfirmen ist, Single Point of Failure und von Unternehmen kontrollierte Lügen. Wenn dein Ziel Anti-Establishment ist, verspreche ich dir, dass es nicht Ethereum ist. Glaub und vertrau mir nicht! Schau dir einfach die Fundamentaldaten an."

@jack

Jack Dorsey zeigte sich trotz der Kritik unbeeindruckt. Er entfolgte auf Twitter vielen großen Profilen wie dem CEO von Coinbase, Brian Armstrong, oder auch Tyler Winkelvoss, einem der Facebook-Zwillinge, die beide überzeugte Anhänger des Webs 3.0 sind. Auch gab Dorsey bekannt, dass er vom CEO der Venture-Capital-Firma a16z, Marc Andreesen, auf Twitter geblockt wurde. Das Unternehmen a16z besitzt eine eigene Sparte für die Förderung von Krypto und Web3 Projekten. Jack Dorsey kommentierte auf humorvoller Art, dass er jetzt vom Web3 ausgeschlossen sei (was ja eigentlich aufgrund der Dezentralisierung nicht möglich wäre.)

Wer hat nun Recht?

Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Fakt ist aber, dass Jack Dorsey als langjähriger Twitter CEO weiß, wie die Risikokapitalfirmen im Silicon Valley arbeiten. Die Vorstellung, dass alle Internetapplikationen mithilfe der Blockchain Technologie dezentralisiert werden können, ohne eine Abhängigkeit zu den Geldgebern zu schaffen, ist sehr fraglich. Dorsey hat diesen Punkt erkannt und stellt deshalb die Grundsatzfrage, wie dezentral ein Web3 Projekt deshalb sein kann.

Auch muss die Frage gestellt werden, inwiefern eine Dezentralisierung des Internets wirklich Sinn ergibt. Bei der ganzen Diskussion der Web3 Applikationen fehlt ein Grundprinzip der Dezentralisierung: Denn Dezentralisierung geht immer mit Trade-Offs einher. Der Vorteil von zentralen Plattformen wie Twitter ist nun mal, dass hunderte von Millionen Menschen gleichzeitig miteinander interagieren können. Eine dezentrale Plattform müsste eine Alternative finden, wenn sie eine dezentrale Datenbankstruktur wie eine Blockchain benutzt, da diese um ein vielfaches langsamer ist als eine zentrale Datenstruktur.

Bitcoin kämpft mit diesem Dilemma schon seit 12 Jahren. Die Blockgröße von Bitcoin ist bis heute noch ein heißes Thema. Das soll zeigen, wie schwierig es ist, das richtige Maß zwischen Skalierbarkeit und Dezentralisierung zu finden. Die Anhänger vom Web3 machen es sich hier oft zu leicht. Für sie ist das wichtigste einfach zu dezentralisieren (bzw. so zu tun). Ob diese Dezentralisierung dann letzten Endes wirklich besser ist, als eine zentrale Anwendung ist oft nicht klar.

Hinzu kommt noch, dass Dezentralisierung keine Skala hat. Sobald ein System eine zentrale Entität aufweist, kann es nicht mehr dezentral sein. Es gibt nicht ein bisschen weniger dezentral als zentral. Entweder es ist dezentral oder eben nicht. Bitcoin hat dieses Problem gelöst, in dem es keine zentrale Einheit oder Foundation hat, die Bitcoin lenken oder steuern könnte. Bitcoin hatte in den ersten Jahren seiner Existenz keinen monetären Wert. Es war ein kollektiver Zusammenschluss einzelner Programmierer. Bis heute ist das in die "DNA" von Bitcoin eingebettet. Wenn Web3 Projekte von Dezentralisierung sprechen, können sie eine solche Dezentralisierung nicht aufweisen.