In Zeiten von hohen Gebühren im Bitcoin-Netzwerk überlegt man sich häufig zweimal, ob es wirklich notwendig ist, den potenziell hohen Preis für eine Transaktion zu bezahlen. Doch oftmals führt kein Weg daran vorbei und man stellt mit Schrecken fest, dass die geschätzte Gebühr für die eigene Transaktion sogar noch höher ist, als man eigentlich erwartet hätte. Auf das Lightning-Netzwerk auszuweichen, um Zahlungen nahezu kostenfrei tätigen zu können, ist kurzfristig auch nicht wirklich effizient – schließlich muss man zunächst einen Zahlungskanal öffnen und somit ebenfalls für eine Bitcoin-Transaktion bezahlen.

Der Andrang im Mempool ist seit Anfang November stark gestiegen und hält seither an. Zwischen entspannteren Phasen von etwa 50 sat/vB steigen die notwendigen Gebührenraten, um im nächsten Block zu landen, teilweise auf mehrere Hundert sat/vB an, was in Euro gerechnet relativ schnell zu Gebühren von mehr als 20 € für eine einfache Bitcoin-Transaktion bedeuten kann. Grund dafür sind zum einen die nach wie vor beliebten Inscriptions bzw. BRC-20 Token rund um das Ordinals-Protokoll, aber auch die allgemeine Nachfrage nach Transaktionen hat mit dem steigenden Bitcoin-Kurs wieder zugenommen.

Das Zauberwort, um auch bei hohem Andrang im Bitcoin-Netzwerk möglichst kostengünstig davonzukommen, lautet schlichtweg: Vorbereitung. Wer das Transaktionsmodell von Bitcoin verstanden hat und damit umzugehen weiß, kann vor allem bei Transaktionen mit hoher Gebührenrate viel Geld sparen. Auch ein vorausschauender Umgang mit der eigenen Liquidität im Lightning-Netzwerk spart die ein oder andere on-chain Transaktion, und kostengünstigen Zahlungen steht somit auch bei hohen Netzwerkgebühren nichts mehr im Weg.

Blutrote Blöcke im mempool.space Explorer

Das Sparplan-Problem

Bitcoin Sparpläne, wie man sie bei Relai oder Pocket Bitcoin einrichtet, sind eigentlich eine super Sache. Durch regelmäßiges und vor allem automatisiertes Kaufen von Bitcoin kann man dessen Volatilität und die damit verbundenen Emotionen ein Stück weit ausblenden und sich um andere Dinge kümmern. Eigentlich sehr begrüßenswert dabei ist, dass viele Nutzer von Sparplänen die regelmäßig gekauften Beträge direkt auf ihre eigene Soft- oder Hardware-Wallet auszahlen können – ganz nach dem Motto "Not your keys, not your coins". Bei den zwei bereits erwähnten Anbietern geht sogar ohnehin jeder Kauf direkt auf eine eigene Wallet.

Sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene vergessen dabei oft oder wissen erst gar nicht, dass das Transaktionsmodell von Bitcoin starke Ähnlichkeiten zu unserem klassischen Bargeld hat. Als würde man viel Kleingeld in einem Geldbeutel ansammeln, der dadurch immer schwerer und unpraktischer wird, sammeln sich auch die entsprechend kleinen Outputs der Transaktionen, die noch nicht ausgegeben wurden (UTXO) in der eigenen Wallet. Es ist essenziell, zu verstehen, wie das Prinzip dahinter funktioniert und welche Auswirkungen es auf die Größe und damit die Gebühr einer Bitcoin-Transaktion hat.

Lese-Tipp: Was ist ein Unspent Transaction Output (UTXO)?

Das eigentliche Problem können wir an einem (recht extremen) Beispiel etwas untermauern: Führt man einen wöchentlichen Bitcoin-Sparplan über 50€ und zahlt diesen Betrag auch wöchentlich auf die eigene Wallet aus, so sammeln sich jährlich 52 kleine UTXO an, die man in diesem Fall auch grob mit 50€-Scheinen vergleichen könnte. Will man nach 5 Jahren alle seine Bitcoin verkaufen, also den Geldbeutel komplett leeren, muss man dafür alle 260 "Scheine" in die Hand nehmen und gemeinsam ausgeben. Im Kontext einer Bitcoin-Transaktion bedeutet "in die Hand nehmen", dass der Geldschein im Input der Transaktion angegeben werden muss – und das benötigt natürlich Speicherplatz.

Eine solche Transaktion, die 260 Inputs an einen neuen Empfänger ausgibt, wäre stolze 17.722 vByte groß. Man kann es sich also schon denken: Bei extrem hohen Gebührenraten von beispielsweise 400 sat/vB würde man dementsprechend etwas mehr als 0,07 BTC für die Transaktion bezahlen, umgerechnet aktuell etwa 2.800€. Aber keine Sorge, denn dieses leicht übertriebene Beispiel bietet viel Optimierungspotenzial.

Konsolidieren

Konkret gibt es für das eben erläuterte Problem zwei einfache Verbesserungsmöglichkeiten, die natürlich auch kombiniert werden können!

Beim strategischen Zusammenfassen von vielen Geldscheinen bzw. UTXO spricht man im Bitcoin-Kontext häufig auch von einer "Konsolidierung", was nichts anderes bedeutet, als eine Transaktion an sich selbst zu tätigen – als würde man an der Kasse Kleingeld in größere Scheine wechseln. Um auch wirklich Gebühren zu sparen, sollte solch eine Transaktion natürlich bei einer möglichst niedrigen Gebührenrate – idealerweise 1 sat/vB – durchgeführt werden.

In unserem Beispiel könnten wir die 17.722 vByte große Transaktion zu einem früheren Zeitpunkt bei 1 sat/vB für schlappe 17.722 Satoshi durchführen, also nicht einmal 10€, was bei der verhältnismäßig hohen Anzahl von 260 Inputs fast schon geschenkt ist. Steigen die Gebühren dann auf die erwähnten 400 sat/vB, haben wir nur noch einen einzigen großen UTXO, der ausgegeben werden muss. Die Transaktion wäre dann nur noch 110 vByte groß und könnte mit 44.000 Satoshi (knapp 20€) im Verhältnis kaum günstiger sein.

Die Bedingungen im Beispiel sind natürlich ziemlich willkürlich festgelegt und sollen lediglich verdeutlichen, dass man potenziell sehr viel Geld durch vorausschauendes Verwalten der eigenen UTXO sparen kann. Außerdem sollte man sich vor einer Konsolidierung auch Gedanken um die eigene Privatsphäre machen. Zwar ist es ökonomisch sinnvoll, viele UTXO zu kombinieren, allerdings geht man dabei auch einen Kompromiss in Sachen Nachverfolgbarkeit der eigenen Transaktionshistorie ein – mehr dazu im ausführlichen UTXO-Beitrag.

Seltener ist mehr

Die zweite Stellschraube ist in unserem Beispiel natürlich der Sparplan selbst, findet aber grundsätzlich bei Einzahlungen auf die eigene Wallet Anwendung. Zwar erzielt man mit wöchentlichen Käufen einen potenziell "besseren" durchschnittlichen Preis pro Bitcoin, sorgt dabei aber auch von vorneherein für viele UTXO in der eigenen Wallet. Auch ein monatlicher Sparplan erfüllt seinen Zweck oder wenn man möchte, kann man (je nach Anbieter) mit den Auszahlungen auf die eigene Wallet einfach ein paar Monate warten, um jährlich z.B. nur vier neue UTXO anzusammeln. Jeder muss hier einen individuellen Kompromiss zwischen der Sicherheit der eigenen Bitcoin, den potenziellen zukünftigen Gebühren und natürlich der bereits erwähnten Privatsphäre treffen, die durch Konsolidierungen eingeschränkt werden kann.

Alternativ kann man die regelmäßigen Sparplan-Käufe auch direkt über das Lightning-Netzwerk abwickeln. Relai testet bereits eine Lightning-Integration und auch Pocket Bitcoin ermöglicht Käufe über das Lightning-Netzwerk. Auch andere Anbieter wie z.B. 21Bitcoin oder Coinfinity experimentieren bereits mit ähnlichen Features. Doch auch im Lightning-Netzwerk ist man nicht automatisch vor Gebühren sicher...

Ein großer Lightning-Eimer

Das Lightning-Netzwerk ist grundsätzlich eine ideale Möglichkeit, kleine Zahlungen effektiv kostenlos zu tätigen, und zwar in erster Linie unabhängig von aktuellen Gebühren im Bitcoin-Netzwerk. Doch man sollte sich nichts vormachen: Natürlich ist auch die Nutzung des Lightning-Netzwerks insgesamt nicht "kostenlos", sondern vor allem bei mangelnder Planung oder nicht kooperierenden Teilnehmern mit potenziell hohen Gebühren verbunden.

Wird ein Zahlungskanal geöffnet oder geschlossen, findet eine on-chain Transaktion statt, die sich genauso den aktuellen Gebühren aussetzen muss, wie jede andere Transaktion auch. Auch das Vergrößern eines Zahlungskanals, wie es mit Splicing recht effizient in der Phoenix Wallet, einer nutzerfreundlichen non-custodial Lightning-Wallet, umgesetzt wird, benötigt eine on-chain Transaktion. Entscheidend ist also, zu einem möglichst günstigen Zeitpunkt genug Liquidität im Lightning-Netzwerk zu sichern, was Phoenix selbst anschaulich anhand eines Wassereimers erklärt:

Angenommen, deine Geldbörse ist ein Eimer und dein Kontostand ist das Wasser im Eimer.

Empfangen bedeutet: Mehr Wasser hinzufügen.
Senden bedeutet: Wasser ausgießen.

Jedes Mal, wenn der Eimer vergrößert werden muss, um mehr Wasser aufzunehmen, handelt es sich um eine on-chain Transaktion.

@PhoenixWallet auf 𝕏

Wenn man ohnehin viele Zahlungen in Bitcoin durchführen muss, lohnt es sich aber natürlich trotzdem einen Lightning-Kanal auch unter hohen Gebühren zu öffnen oder zu vergrößern. Denn für jede künftige Lightning-Zahlung spart man entsprechend auch mehr Geld. Das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen bleibt auch bei sehr hohen Transaktionsgebühren sehr gut – auch wenn man einmal in den sauren Apfel beißen muss.

Ein freier Gebührenmarkt

Leider (oder zum Glück) gibt es keine versteckten Geheimtipps, mit denen Gebühren im Bitcoin-Netzwerk grundlegend umgangen werden können. Zwar gibt es immer individuelles Optimierungspotenzial, doch das ändert schlussendlich nichts an der Tatsache, bei hoher Nachfrage im Netzwerk auch hohe Gebühren bezahlen zu müssen. Der freie Gebührenmarkt erfüllt seinen Zweck und sorgt für einen technisch gesehen fairen Zugang zum Bitcoin-Netzwerk.

Als kleinen Trostpreis kann man sich außerdem stets vor Augen führen, dass sich das Bitcoin-Netzwerk früher oder später durch die sich halbierende Blocksubvention ohnehin zunehmend durch Transaktionsgebühren finanzieren muss. Dass schon heute die Gebühren pro Block teilweise höher sind als die Subvention nach dem kommenden Halving, ist ein positives Zeichen.

Ein Ausschnitt von aktuellen Blockgebühren | Quelle: mempool.space

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