Die Nachfrage nach Bitcoin Transaktionen ist aktuell ungewöhnlich hoch. Einer der Hauptgründe für das Warten von teilweise einer halben Million Transaktionen ist der sogenannte BRC-20 Tokenstandard, welcher auf dem Ordinals-Protokoll aufsetzt, und das Erstellen und Versenden von beliebigen alternativen Token ermöglichen soll – und zwar direkt auf der Bitcoin Blockchain.

Wir schauen uns genauer an, was es damit auf sich hat und wie BRC-20 Token überhaupt technisch funktionieren!

"Mit Inspiration von [Sats Names] und @redphonecrypto, habe ich überlegt, ob das Konzept auf fungible Tokens ausgeweitet werden könnte. Hier ist, was ich daraus entwickelt habe: [...]"

@domodata auf Twitter

BRC-20

Der Ersteller der BRC-20 Spezifikation, @domodata, wollte eigentlich nur ein bisschen herumexperimentieren. Dabei ist es ihm gelungen, einen derartigen Hype auszulösen, dass etwa 80 % aller Ordinal-Inscriptions mittlerweile gar keine speicherintensiven Bilder, Videos oder GIFs beinhalten, sondern einfach nur puren Text. Vor allem in den letzten Wochen ist die Anzahl solcher BRC-20 Inscriptions explodiert und der Rekord für die meisten Bitcoin-Transaktionen innerhalb von 24 Stunden übertrifft sich ständig aufs Neue. Der Name "BRC-20" soll dabei an den ähnlichen, aber deutlich umfangreicheren und komplexeren, ERC-20 Standard im Ethereum Netzwerk anlehnen.

Häufigkeit von Inscriptions nach Typ | Quelle: dune.com

Doch wie soll das überhaupt funktionieren? Schließlich kann jeder beliebige Daten mit Inscriptions auf der Bitcoin Blockchain veröffentlichen, egal ob sinnvoll oder nicht.

Deploy, Mint, Transfer

Tatsächlich sind BRC-20 Token auf technischer Ebene viel einfacher, als man zunächst annehmen würde. Genau genommen gibt es genau drei Funktionen, die man mit einer Text-Inscription "ausführen" kann.

  • Das Erstellen eines neuen BRC-20 Token mit der Deploy Funktion
  • Die Ausschüttung der neuen Token mit der Mint Funktion
  • Das Versenden von Token mit der Transfer Funktion

Wirklich "ausgeführt" wird dabei natürlich nichts. Es handelt es sich wirklich nur um rohen, langweiligen, Text der direkt auf der Bitcoin Blockchain steht. Wollen wir einen BRC-20 Token mit dem Namen "BERT" erstellen, müssen wir dafür lediglich eine Inscription mit folgendem Text veröffentlichen:

{
    "p": "brc-20",
    "op": "deploy",
    "tick": "BERT",
    "max": "21000000",
}

Neben der Funktion, die wir verwenden möchten (also hier "Deploy") und dem Namen "BERT", geben wir außerdem die maximale Anzahl an Token an, die erlaubt sein soll.

Noch gehören unsere frisch erstellten BERT-Token niemandem, dafür muss nämlich erst die Mint Funktion bemüht werden. Wieder veröffentlichen wir eine simple Text-Inscription:

{
    "p": "brc-20",
    "op": "mint",
    "tick": "BERT",
    "amt": "1000"
}

Auch hier wird einfach nur die Funktion (also "Mint") angegeben, zusammen mit dem Namen des Token, sowie der Anzahl, die ausgeschüttet werden soll. An dieser Stelle kommt das Grundprinzip des Ordinal-Protokolls zum Einsatz, also die Nummerierung aller existierenden Satoshis. Mit einer Inscription verknüpfen oder wortwörtlich "inskribieren" wir die Daten nämlich auf einen bestimmten Satoshi. Gehört dieser Satoshi uns, dann "besitzen" wir nun die gerade ausgeschütteten BERT-Token. Die Mint-Funktion kann jetzt so oft verwendet werden, bis das bei der Erstellung definierte Maximum erreicht wurde.

Bleibt nur noch die Möglichkeit, BRC-20 Token zu versenden. An dieser Stelle sollte nicht mehr überraschend sein, dass es sich auch hier einfach nur um simplen Text handelt, der sich eigentlich von selbst erklärt:

{
    "p": "brc-20",
    "op": "transfer",
    "tick": "BERT",
    "amt": "1000"
}

Eine Frage der Interpretation

Veröffentlichen wir eine normale Bitcoin-Transaktion im Netzwerk, also um Bitcoin auszugeben, wird diese von allen Teilnehmern auf Gültigkeit überprüft. Auf der Blockchain landen also nur gültige Daten.

Im Kontext von BRC-20 Token verhält sich dies anders: Zwar sind die Inscriptions selbst aus Sicht des Bitcoin-Netzwerks gültig, aber das ist eigentlich nur eine Formalität. Den Inhalt und Kontext der Inscription kann und will das Bitcoin-Netzwerk gar nicht einordnen oder verifizieren. Da es sich bei der Nutzung von BRC-20 Token nur um Text handelt, den jeder frei wählen kann, gibt es keine Möglichkeit zu verhindern, dass "ungültige" BRC-20 Funktionen auf der Blockchain landen. Diese Verifizierung findet komplett abseits statt, und ist damit eine reine Frage der Interpretation.

Die Regeln des BRC-20 Standards sind dabei relativ selbsterklärend und offensichtlich, einige Beispiele darunter sind:

  • Es können nicht mehrere Token mit dem gleichen Namen erstellt werden, gültig ist immer nur der allererste.
  • Es können nicht mehr Token ausgeschüttet werden, als von der maximalen Beschränkung erlaubt.
  • Token können nur dann versendet werden, wenn der Sender sie auch wirklich besitzt.
  • ...

Landet eine, aus Sicht dieser Regeln, ungültige BRC-20 Inscription auf der Bitcoin-Blockchain wird diese einfach ignoriert. Verhindern kann man sie schließlich nicht.

Vorsicht ist gefragt

An dieser Stelle kann man das Wort fast schon an den Erfinder der BRC-Token selbst übergeben. Dieser sieht das Ganze nämlich ziemlich differenziert und mahnt, keine finanziellen Entscheidungen basierend auf BRC-20 Token zu treffen.

Die werden wertlos sein. Nutzung auf eigenem Risiko.

"Dies ist nur ein unterhaltsamer experimenteller Standard, der zeigt, dass man Off-Chain Bilanzstände mit Inscriptions erstellen kann. Es sollte keineswegs als DER Standard für Fungibilität bei Bitcoin mit Ordinals angesehen werden, da ich glaube, dass es fast sicher bessere Gestaltungsmöglichkeiten und Optimierungspotenziale gibt. Folglich handelt es sich um ein äußerst dynamisches Experiment, und ich rate dringend davon ab, finanzielle Entscheidungen auf der Grundlage seines Designs zu treffen. Ich ermutige jedoch die Bitcoin-Community, mit Standardentwürfen und Optimierungen zu experimentieren, bis ein allgemeiner Konsens über bewährte Verfahren erreicht ist (oder zu entscheiden, dass dies insgesamt eine schlechte Idee ist)."

@domodata in der Einleitung der offiziellen BRC-20 Spezifikation

Auch Blocktrainer.de warnt vor der Nutzung und Kauf von BRC-20 Token. Es gibt keinen wirklichen ökonomischen Nutzen und viele der Token wurden entweder aus Witz, oder um Nutzern ihr Geld aus der Tasche zu ziehen, erstellt. Selbst wenn man nur etwas damit herumspielen möchte, ist das Erstellen oder Ausschütten von neuen Token aktuell durch die hohen Transaktionsgebühren nicht wirklich sinnvoll.

Mit seiner Vorhersage "Die werden wertlos sein" behält @domodata bislang allerdings unrecht. Die Spekulation um die neuen Token ist jedenfalls in vollem Gange. Die Marktkapitalisierung ist extrem volatil und liegt aktuell bei über 800 Millionen US-Dollar. Der allererste BRC-20 Token "Ordi" führt diese mit einem Preis von etwa 25 US-Dollar und einer Marktkapitalisierung von über 200 Millionen US-Dollar an. Wie lange sich dieser Hype noch tragen kann, oder ob dies erst der Anfang ist, wird sich zeigen.

Die aktuellen Top 10 unter den BRC-20 Token | Quelle: ordspace.org

Doch zumindest die Miner können vom aktuellen Andrang im Bitcoin-Netzwerk profitieren. Teilweise überschreiten die Transaktionsgebühren der Blöcke sogar die aktuelle Belohnung von 6.25 BTC und könnten damit alleine die Sicherheit des Netzwerks finanzieren.

Die aktuellen Gebühren um im nächsten Block zu landen | Quelle: mempool.space

Daran ist nicht nur der BRC-20 Standard an sich verantwortlich, sondern auch seine Ineffizienz: Denn für eine Inscription braucht es stets zwei Transaktionen, eine um den Inhalt festzuschreiben und eine weitere um diesen öffentlich sichtbar zu machen. Einer der aktuell stattfindenden BRC-20 Mints ist einem Token mit einer maximalen Menge von über 100 Millionen zuzuordnen, wobei nur 420 Token auf einmal ausgeschüttet werden können. Alleine um diesen Token vollständig auszuschütten braucht es also etwa eine halbe Million Transaktionen.

Ob einem die aktuelle Entwicklung gefällt oder nicht, muss man dennoch einräumen: Bitcoin wird benutzt, und zwar völlig legitim im Rahmen der Regeln, über die sich alle Teilnehmer einig sind. Natürlich ist es nervig, mehr Geld für eine Transaktion bezahlen zu müssen, nur weil andere "PEPE" und "PIZA" Token durch die Gegend schieben, aber auf der anderen Seite ist es zwecklos, sich darüber aufzuregen.


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