Heute hat sich das EU-Parlament auf einen einheitlichen Rechtsrahmen rund um Bitcoin und andere Kryptowährungen geeinigt. Die neuen Richtlinien beziehen sich auf die Märkte für Krypto-Assets, die Rückverfolgung von Transaktionen zur Kriminalitätsbekämpfung sowie den Verbraucher- und Umweltschutz.

Transfer of Funds

Zunächst erfolgte heute die Abstimmung über die erste EU-Regelung zur Rückverfolgung des Zahlungsverkehrs von Krypto-Vermögenswerten, die mit großer Mehrheit (529 Ja- und 29 Nein-Stimmen, 14 Enthaltungen) angenommen wurde. Demnach gilt die bereits im traditionellen Finanzwesen existierende „Reiseregel“ respektive „Travel Rule“ mit der Einführung der neuen Richtlinien nun auch für Transaktionen mit Kryptowährungen. Die Zahlungsdienstleister sind mit dem Inkrafttreten des Gesetzes dazu verpflichtet, den Zahlungsverkehr zwischen Sender und Empfänger zu überwachen und offenzulegen. Dies beinhaltet auch Transaktionen über 1000 Euro Gegenwert von oder zu „nicht betreuten Geldbörsen“ (unhosted Wallets). Bei dem Transfer zwischen zwei Privatpersonen gelten diese Regeln nicht.

Markets in Crypto Assets – MiCA

Ferner wurden heute mit 517 Ja-Stimmen (38 Nein-Stimmen, 18 Enthaltungen) die neuen gemeinsamen „Regeln für die Aufsicht, den Verbraucherschutz und den Umweltschutz für Kryptowerte“ bzw. die Verordnung über Märkte für Krypto-Assets (MiCA) verabschiedet.

Das neue Regelwerk soll Finanzkriminalität, wie Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, sowie Manipulation der Märkte entgegenwirken und den Verbraucher- und Umweltschutz verbessern. Zu diesem Zweck ist auch die Einrichtung eines öffentlichen Registers durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) geplant. Dadurch können Dienstleister der Kryptobranche ohne Lizenz in der EU ausgeschlossen werden.

Die Bestimmungen richten sich vor allem an die Unternehmen, die die Emission von und den Handel mit Kryptowährungen anbieten. Diese sind nun nicht nur zur Überwachung von Transaktionen verpflichtet, sondern auch zu weiteren Offenlegung verschiedenster Daten, um Transparenz für die Anleger zu schaffen. Dazu gehören unter anderem Informationen über den Energieverbrauch und den Auswirkungen auf die Umwelt sowie über die Risiken und Kosten, die mit Krypto-Assets verbunden sind.

Wettbewerbsvorteil für die EU?

Dr. Stefan Berger (EPP), der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, ist überzeugt, dass die EU damit eine Spitzenreiter-Position einnimmt.

„Mit der MiCA-Verordnung bringen wir Ordnung in den wilden Westen der Blockchain-Welt. Europa wird der erste Kontinent mit einer umfassenden Regulierung für Krypto-Assets sein. Für neue Zulassungen ist in der EU künftig sicherzustellen, dass ihr Geschäftsmodell unsere Währungsstabilität nicht gefährdet. […] Diese Verordnung bringt einen klaren Wettbewerbsvorteil für die EU. Die europäische Krypto-Asset Branche verfügt über eine regulatorische Klarheit, wie es sie in Ländern wie den USA nicht gibt.“

Zitat von Dr. Stefan Berger

Die unklaren Strukturen in den USA werden aktuell durch die Kritik an der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC und ihrem Chef Gary Gensler widergespiegelt. Laut Berger wird es durch die neuen Aufsichtsstrukturen der EU keine „Lehman-Brothers-Momente wie bei der Kryptobörse FTX“ geben.

Es werden klare Richtlinien für Unternehmen geschaffen, sodass diese besser agieren können als es zurzeit in der EU oder in anderen Ländern wie den USA der Fall ist.

„Jeglicher Verwaltungsaufwand für Kryptounternehmen und -innovatoren wird durch die Tatsache, dass wir den derzeit fragmentierten europäischen Markt mit 27 Regulierungssystemen vereinheitlichen, mehr als ausgeglichen.“

Zitat von Assita Kanko (EKR), belgische Abgeordnete und Mitberichterstatterin des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

Die neuen Regeln werden voraussichtlich erst ab 2024 in ganz Europa in Kraft treten.

Fazit

Das heute verabschiedete neue Regelwerk der EU für Bitcoin und andere Kryptowährungen schafft klare Richtlinien für Unternehmen der Branche. Diese sind beim Inkrafttreten des Gesetzes verpflichtet, den Zahlungsverkehr streng zu überwachen und Transparenz für die Anleger zu schaffen. Ob der Zahlungsverkehr zwischen Privatpersonen sowie Zahlungen unter 1000 Euro auch in Zukunft weniger streng überwacht bleiben, ist angesichts der kontinuierlichen Reduzierung der Obergrenze für Bargeldzahlungen fraglich.

Außerdem ist für die EU leider eine Transparenz bezüglich des Energieverbrauchs wichtiger als eine Transparenz bei der Unterscheidung von wirklich dezentralen Netzwerken, wie die Bitcoin-Blockchain, und angeblich dezentralen Blockchains, wie die der meisten Altcoins. Eine konkrete Unterscheidung von Bitcoin und Altcoins, wie es der SEC-Chef Gary Gensler in den USA probierte, wurde in der EU noch nicht vorgenommen.

Die Offenlegung des Energieverbrauchs der Krypto-Dienstleister und -Emittenten soll zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks beitragen. Man kann nur hoffen, dass ein hoher Energieverbrauch nicht automatisch mit hohen CO2-Emissionen gleichgesetzt wird, weil dies dem Bitcoin-Netzwerk negativ angerechnet werden könnteselbst wenn es vorrangig erneuerbare Energien benutzt. Es wird sich zeigen, ob die EU-Richtlinien mehr oder weniger fair gestaltet wurden oder nur der Agenda einiger Krypto-Projekte folgen und Bitcoin schaden wollen.

Letztlich kann man die Frage in den Raum stellen, ob die Anleger und letztlich die Gesellschaft durch die starke Regulierung des Kryptowährungsmarktes besser geschützt werden als bei einem fairen Währungswettbewerb ohne parlamentarische Eingriffe. Am Beispiel von Wirecard oder der Bankenkrise wurde bereits klar, dass Anleger auch in regulierten Märkten nicht wirklich gut geschützt sind.