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In der Zwickmühle? SEC-Chef Gary Gensler vor dem Finanzausschuss!

Am von

Gestern musste sich der Chef der Securities and Exchange Commission (SEC), Gary Gensler, den Fragen der Abgeordneten des Finanzausschusses stellen. Dabei wurde er teilweise ziemlich scharf kritisiert und in eine Zwickmühle gebracht.

Die Vorwürfe, mit denen Gary Gensler bei der Anhörung konfrontiert wurde, beinhalten vor allem den fehlenden Schutz für Anleger und Investoren, die fehlende klare Reglementierung für Börsenbetreiber, den falschen Umgang mit Krypto-Börsen wie FTX sowie die unklare Einstufung von Bitcoin und Kryptowährungen als Security (Wertpapier) oder Commodity (Ware). Dabei wurde Gensler teilweise (und möglicherweise bewusst) ins falsche Licht gerückt.

Gary Genslers Anhörung vor dem Finanzausschuss auf YouTube

Fehlendes Regelwerk für zeitgemäße Regulierung

Einer der Hauptpunkte, den viele Abgeordnete in ihrer Befragungszeit von fünf Minuten ansprachen, war der falsche Umgang mit Krypto-Börsen und die fehlende klare Reglementierungen für Börsenbetreiber.

Laut Aussagen des Abgeordneten für Minnesota, Mr. Emmer, soll die Konsequenz des fehlenden, eindeutigen Regelwerks die Abwanderung der Dienstleister und somit der neuen Kryptowährungsbranche ins Ausland sein. Auch das Verhalten der SEC in Bezug auf die Krypto-Börse FTX wurde von Emmer kritisiert, insbesondere die mangelhafte Überprüfung der Börse durch die SEC.

Aufgrund des rasanten Wachstums von FTX war es jedoch für eine Behörde sehr schwer, umfangreiche Prüfungen durchzuführen. Zusätzlich wurde die Regierung durch die zahlreichen Spenden von FTX auch ein wenig geblendet, sodass das dubiose Vorgehen der Börse nicht selten ungeachtet blieb.

Das Scheitern der Behörden bei FTX war letztlich auch der Grund für den erhöhten Handlungsbedarf und die schnellen Entscheidungen bezüglich anderer Börsen, die mit Anklagen der SEC konfrontiert sind, wie Coinbase, Kraken und nun Bittrex.

Da Gensler schon Anfang Februar 2022 seine Position bezüglich der Einstufung von Altcoins als Securities bestätigte, kann man letztlich die Frage in den Raum werfen, warum die Börsen ohne die Zustimmung der SEC überhaupt diese Assets ohne weiteren Schutz für die Anleger und Investoren anboten.

„Ja“ oder „Nein“?!

Während der gestrigen Anhörung wurde Gensler oft die Frage gestellt, ob und welche Kryptowährung als Security, d.h. Wertpapier, oder als Commodity, d.h. als Ware, eingestuft wird und dementsprechend reguliert werden kann.

Schon zu Beginn der Anhörung sollte sich Gensler zu der Frage von Mr. Patrick McHenry, Abgeordneter für North Carolina, äußern, wie er Ethereum einstufen würde. Dabei bestand McHenry auf eine kurze, eindeutige Antwort. Er formulierte dem Anschein nach simple Entscheidungsfragen und wollte nur ein „Ja“ oder „Nein“ hören.

Da diese Frage jedoch nicht ohne weitere Erläuterung eindeutig und kurz beantwortet werden kann, probierte Gensler sich bei seiner Antwort auf die Eigenschaften von Securities zu berufen. Jedoch wurde er von McHenry sofort unterbrochen, was von vielen Twitter-Nutzern sowie Ethereum-Befürwortern als eine Schwäche Genslers angesehen wurde.

„ ‚Ist Ethereum eine Ware oder ein Wertpapier?‘

Gary Gensler probiert eine Ja-Nein-Frage zu beantworten.“

Matthew Hyland auf Twitter

Auch Mr. Davidson aus Ohio, der das Gesetz zur Absetzung Genslers initiierte, ging Gensler scharf an. „Die Regeln müssten klar sein!“ Gensler habe es nicht geschafft, Investoren zu schützen, und könne wichtige Fragen einfach nicht beantworten. So auch Davidsons Frage, ob Ethereum oder XRP Securities seien oder nicht.

Gensler hatte sich zwar zu einigen Kryptowährungen schon klar positioniert und es gibt durch den Howey-Test klare Kriterien, mit denen man einen Vermögenswert als Security respektive Wertpapier einstufen kann, doch durch diese Entscheidungsfragen, die ohne weitere Erläuterung nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden sollten, geriet Gensler teilweise in eine Zwickmühle. Denn die Beantwortung ist viel komplexer und nicht so einfach, wie die Abgeordneten es darstellen wollten. In jedem Fall hätte eine klare Positionierung Nachteile für Gensler mit sich gebracht. Schließlich geht es in dem Gesetzentwurf um seine Absetzung als Vorsitzender der SEC. Viele Abgeordnete schienen nur darauf zu warten, dass Gensler einen „Fehler“ macht, der die Erfolgschancen des Gesetzentwurfs steigern könnte. Wohlmöglich hat er sich deshalb auch nicht eindeutig positioniert.

Würde Gensler „Nein“ sagen, würden die jüngsten Anklagen der Börsen keine Berechtigung mehr haben und die SEC hätte keine Grundlage mehr, um zu handeln. Dies hätte mit Sicherheit auch negative Folgen für Gensler. Außerdem würde dies weiteren Betrug in der „Kryptobranche“ ermöglichen.

Würde Gensler ETH als Security bestätigen, hätte er sich folglich mit der Frage auseinandersetzen müssen, warum er nicht schon viel eher gehandelt hat und gegen die Börsen, die ETH anbieten, vorgegangen ist. Außerdem wäre im Fall von ETH ein eindeutiges „Ja“ auch erst nach dem Umstieg auf Proof of Stake möglich, der durch die Beseitigung der Miner und somit eines Großteils des Netzwerks eine exponierte Machtposition der Ethereum-Foundation und ihre zentrale Einflussnahme verdeutlicht. Vorher wäre dies nur eine Behauptung und rechtlich bedenklich gewesen.

Durch diese Vorgehensweise mancher Abgeordneter lässt sich eine Vermutung anstellen: Steckt hinter der Kritik an Gary Gensler und der SEC vielleicht die Ethereum-Foundation?

Eine Agenda der Ethereum-Foundation?

Wenn man sich die Frage einiger Abgeordneter vor Augen führt, könnte man vermuten, dass einige von ihnen Gary Gensler einfach nur in ein schlechtes Licht rücken und seine Glaubwürdigkeit infrage stellen wollen. So unterstellte der Abgeordnete für Wisconsin, Mr. Steil, Gary Gensler eine gewisse Inkompetenz, da er zwar Vorträge über Bitcoin und Kryptowährungen hielt, jedoch selbst keine besitzt oder benutzt hat. Ein Teil der Twitter-Nutzer sieht das ähnlich. Vielleicht war aus diesem Grund auch #firegarygensler in den Trends zu finden. Doch sie scheinen nicht zu wissen, dass Mitarbeiter der Regulierungsbehörden keine Kryptowährungen besitzen dürfen, was die Befragung durch Mr. Steil manipulativ erscheinen lässt. Wird hier etwa eine Agenda verfolgt?

„Abgeordneter Gensler hat gerade ausgesagt, dass er zahlreiche Lehrgänge über Krypto durchgeführt hat, aber selbst nie welche besaß oder benutzt hat. Wie kann man Lehrgänge über etwas geben, das man selbst nie besaß oder benutzt hat?“

Justin Slaughter auf Twitter

Die Versuche einiger Abgeordneter Gary Gensler durch absurde Vorwürfe oder scheinbar simple Entscheidungsfragen in ein schlechtes Licht zu stellen, lässt die Frage aufkommen, ob der Finanzausschuss durch Lobbyisten der Ethereum-Foundation, Grayscale oder Ripple beeinflusst wurde. Vor allem die Ethereum-Foundation hätte Vorteile, wenn ETH nicht als Security, sondern als Commodity eingestuft würde.

Wenn die Foundation die Supply-Regeln ändert, was sie de facto tut, kann man das mit dem Einfluss einer Zentralbank vergleichen. Wenn ETH aber als Commodity angesehen wird, unterliegt das jedoch nicht mehr der Regulierung, weil es dann angebliche Entscheidungen des Netzwerks wären – obwohl die Foundation einen wichtigen Teil der Netzwerkteilnehmer (die Miner) aus dem Netzwerk ausgeschlossen hat. Allein aufgrund dieser zentralen Entscheidungsgewalt ist ETH keine Commodity!

ETH, XRP und viele andere, die Milliarden durch leichtgläubige Marktteilnehmern eingenommen haben, setzen mannigfaltige Summen ein, um Lobbyarbeit zu betreiben. Ethereum ist größer als der restliche Markt. Ein Großteil aller anderen Projekte haben ihre Token auf Ethereum gestartet. Wenn jemand eine Agenda anführt, dann die Foundation. Oder um Vitalik Buterin zu zitieren:

„Der Widerspruch zwischen meiner Liebe zu Dingen wie Dezentralisierung und Demokratie und meiner Erkenntnis, dass ich in der Praxis mit intellektuellen Eliten in vielen (wenn auch bei Weitem nicht allen) spezifischen politischen Fragen mehr einer Meinung bin als mit dem Volk.“

Vitalik Buterin im Zwiespalt

Ein fairer Währungswettbewerb ohne zentrale Eingriffe, Regulierungen und Gesetze wäre die bessere Alternative. Aber wenn Lobbyisten regulierende Instanzen und somit Gesetze beeinflussen, wird es gefährlich. Hier braucht es Aufklärung, dass sich manche Kryptowährungen als dezentral tarnen, es aber nicht sind.

Bei Bitcoin gibt es keine Firma oder Foundation, die in der Lage wäre, eine „Agenda“ zu bilden.

Fazit

Die Anhörung des Finanzausschusses ist noch nicht abgeschlossen und wurde vertagt, sodass auch die Entscheidung über die Zukunft von Gary Gensler noch unklar ist. Bei allem Verständnis für die Kritik an der SEC und Gary Gensler hatte die Anhörung teilweise den Anschein, eine Aktion von Lobbyisten der Kryptobranche zu sein, um dem Security-Status der meisten Kryptowährungen ein Ende zu setzen. Gensler wurde bewusst ins falsche Licht gerückt und insbesondere mit den Entscheidungsfragen in eine Zwickmühle gedrängt.

Grundlegend ist zu hinterfragen, wie sinnvoll Anlegerschutz im Allgemeinen ist. Denn auch unter stark regulierten Märkten entstehen stets große Schäden für Anleger. Ein Beispiel wäre hier Wirecard aus Deutschland oder allgemein die Bankenkrise zu benennen. Denn selbst wenn Anleger einer Bank entschädigt werden, passiert das meistens durch „Bailouts“ auf dem Rücken der Gesellschaft.

Viel wichtiger ist die Frage, ob die Politik sich in diesem Falle von Lobbyisten blenden lässt und die Mär der Dezentralisierung bei zentralen Netzwerken rechtlich schützt.

Das könnte für Betrüger ein perfekter Nährboden sein, um sich jeglicher Konsequenz zu entziehen.