Die Regulierungsdebatte der Krypto-Industrie ist weiterhin ein bedeutsames Thema in den Vereinigten Staaten. Eine wichtige Person ist hier der Vorsitzende der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde (SEC), Gary Gensler, welcher in der Vergangenheit bereits andeutete, dass nur der Bitcoin die Eigenschaften einer Ware respektive eines Rohstoffs erfülle. In einem Interview mit dem New York Magazine bestätige Gensler seine Position und fand dabei deutliche Worte bezüglich der regulatorischen Einordnung von Krypto-Assets.

Nur Bitcoin ist eine Ware

Das Interview des New York Magazines versuchte die Frage zu beantworten, wie Krypto-Investoren in den USA in Zukunft geschützt werden können. Besonders der Zusammenbruch der Handelsplattform FTX sorgte für einen Vertrauensbruch in der Regulierungsarbeit. Denn tatsächlich arbeitete der ehemalige FTX-CEO, Sam Bankman-Fried (SBF), eng mit den amerikanischen Regulierungsbehörden zusammen. Auch leistete SBF Lobbyarbeit für die Krypto-Industrie und galt als einer der Unterstützer des Digital Commodities Consumer Protection Acts. Dieses Gesetz sorgte im vergangenen Sommer für Spannungen zwischen den Regulierungsbehörden, da das Gesetz vorsah, dass ein Großteil der Kryptowährungen in den Zuständigkeitsbereich der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) fallen würde und nicht unter die SEC.

Schon vor dem Zusammenbruch von FTX war Gensler ein Gegner des geplanten Gesetzes. Aus seiner Sicht erfüllte nur der Bitcoin die Eigenschaften einer Ware, weshalb die CFCT die Bitcoin Regulierung übernehmen sollte. Diese Position bestätigte Gensler in dem Interview. Seiner Meinung nach besitzt jede Kryptowährung außer Bitcoin eine zentrale Instanz, welche die Entwicklung des Projekts maßgeblich beeinflussen könne und damit vergleichbar mit einem Wertpapier eines Unternehmens sei:

„Von jeder Kryptowährung außer Bitcoin können Sie eine Website und eine Gruppe von Unternehmern finden, die eventuell ihre juristischen Entitäten in einem Steuerparadies im Ausland gründeten oder eine Stiftung besitzen.[...] Sie können ihren Token zunächst im Ausland veröffentlichen oder so tun, als würde es sechs Monate dauern, bis sie in die USA zurückkehren. Aber im Kern sind diese Kryptowährungen Wertpapiere, weil es eine zentrale Instanz gibt und die Investoren auf der Grundlage dieser Gruppe Gewinne erwarten.“

Gary Gensler, SEC-Vorsitzender

Frustration der Krypto-Dienstleister

Gensler scheint die Unterschiede zwischen Bitcoin und den restlichen Kryptowährungen bezüglich der Dezentralität verstanden zu haben. Dennoch stieß die Arbeit der SEC in der Vergangenheit auf heftige Kritik. Besonders Krypto-Dienstleister wie die Handelsplattformen fühlen sich von der Arbeit der SEC im Stich gelassen. Sollte die SEC alle Altcoins als Wertpapier einstufen, bräuchten die Handelsplattform für die Listung der Altcoins eine Erlaubnis durch die Behörden.

Das Problem ist hierbei allerdings, dass es noch kein einheitliches Antragsverfahren für die Krypto-Börsen gibt, weshalb der SEC eine gewisse Willkür bei ihren Entscheidungen unterstellt werden kann. Erst im Februar traf es die Handelsplattform Kraken, welche laut Ansicht der SEC gegen das amerikanische Wertpapiergesetz verstieß und zu einer Ausgleichszahlung in Höhe von 30 Millionen US-Dollar verdonnert wurde. Der ehemalige Kraken-CEO Jesse Powell zeigt sich nach der Einigung zynisch und spielte auf die Rolle der SEC beim Kollaps von FTX an:

„Ich habe eine Theorie:

Die Aufsichtsbehörden lassen die bösen Jungs groß werden und in die Luft gehen, weil es ihrer eigenen Agenda dient.

1. Um Kapital/Ressourcen im Krypto-Ökosystem zu zerstören.
2. Damit sich die Leute verbrennen und um die Adoption zu verhindern.
3. Um Unterstützung bei dem Angriff auf die guten Akteure zu geben.

Die Bösewichte sind tatsächlich auf ihrer Seite. Die guten Jungs sind die Feinde.“

Jesse Powell

„Die CEOs von Kraken und Custodia Bank sagen, dass die Aufsichtsbehörden ihre Warnungen vor Betrug ignoriert haben.

Jesse Powell und Caitlin Long sagten, dass der Versuch, das Richtige zu tun, indem sie die Aufsichtsbehörden vor möglichen Betrügereien warnten, ihnen zum Verhängnis wurde.“

CryptoSlate

Verhindert Regulierung wirklich Betrug?

Auf den ersten Blick erscheint die Idee sinnvoll, dass zusätzliche Regulierung die Betrügereien auf dem Kryptomarkt verringern könnten, denn schließlich wären die Krypto-Unternehmen dazu verpflichtet, wichtige Dokumente bei der SEC einzureichen. Doch das könnte sich als ein gefährlicher Trugschluss erweisen. Erst im vergangenen Februar stimmte die Lending-Plattform BlockFi auf Drängen der Behörde zu, sich bei der SEC zu registrieren und bezahlte eine Strafe in Höhe von 100 Millionen US-Dollar. BlockFi war anschließend aber dennoch in den DeFi-Kollaps von Luna involviert und musste schließlich im November Insolvenz anmelden. Für die Betroffenen von BlockFi dürfte die angekündigte Registrierung bei der SEC nur ein schwacher Trost gewesen sein.

Der Zusammenbruch von BlockFi könnte damit die rechtlichen und praktischen Grenzen der Strategie der SEC aufgezeigt haben. Denn Unternehmen, die sich bei der SEC registrieren, müssen zwar die Offenlegungsanforderungen der Behörde erfüllen, aber das bedeutet nicht automatisch, dass diese Unternehmen oder ihre Geschäftsmodelle plötzlich nachhaltiger werden. Ob strengere Regulierung damit wirklich dieses Problem lösen wird, bleibt fragwürdig. Auch könnte ein gegenteiliger Effekt beobachtet werden, bei dem Brancheninsider Graubereiche der Regulierung für ihre eigenen Betrügereien ausnutzen können. Die ehrlichen Akteure sind dann wieder die Benachteiligten.

Fazit

Gary Gensler bestätigte in dem Interview seine Haltung zur Regulierung der Krypto-Industrie. Neu war allerdings die Klarheit seiner Forderung, dass alles außer Bitcoin als ein Wertpapier einzustufen sei. Es scheint, als hätte das Debakel um FTX den Vorsitzenden der SEC in seiner Position bekräftigt. Kaum jemand in der Bitcoin-Community würde Gensler bei seiner Aussage widersprechen, dass sich der Bitcoin aufgrund seiner Dezentralität von allen anderen Kryptowährungen unterscheidet. Dennoch muss die Frage gestellt werden, wie viel Betrug durch die Regulierung der SEC wirklich verhindert werden kann. Bisher sind es primär die Handelsplattformen, die unter den Maßnahmen der SEC leiden. Aus ihrer Sicht erscheinen die Verordnungen der SEC willkürlich, denn schließlich gibt es für sie bisher keine klare Linie, ab wann eine Erlaubnis der Behörde benötigt wird und wann nicht. Die Einordnung aller Altcoins als Wertpapier könnte den Handelsplattformen zumindest eine gewisse Klarheit verschaffen.