Neben Evergrande und den weltweiten Supply Chain Problemen ist die sich anbahnende Energiekrise die dritte makroökonomische Gefahr derzeit. Zusammen ergeben sie eine gefährliche Mischung. Die Supply Chain Probleme könnten sich drastisch vergrößern, wenn sich die Lage auf dem Energiemarkt nicht beruhigt. Es droht ein kalter Winter...

Ausgangssituation

Die Energiekrise hat sich schon seit längerem angebahnt. Einige Finanzanalysten wie die Bitcoin Befürworterin Lyn Alden wiesen schon länger auf eine mögliche Knappheit der Energieressourcen in China hin und rechneten mit einem starken Anstieg der Energiepreise.

China erlebte einen sehr trockenen Sommer. Die Staudämme konnten nicht so viel Strom erzeugen wie geplant war. Die Volksrepublik setzt aber zu einem großen Anteil genau auf diese Art von Strom. Im Jahr 2014 erzeugte das Land 850 Milliarden Kilowatt-Stunden aus seinen Staudämmen. Wasserkraftwerke erzeugen in China mit Abstand am meisten Strom weltweit.

Gewonnene Strom aus Staudämmen. Quelle: Twitter Marcus Ewald

Mehr als die Hälfte der chinesischen Provinzregionen waren gezwungen, ihren Energieverbrauch zu reduzieren. Einwohner beklagten sich über fehlenden Strom. Die Ampeln funktionierten nicht, das Mobilfunknetz fiel aus und teilweise kam aus den Leitungen kein Wasser mehr. Die chinesische Regierung versucht mit einer planwirtschaftlichen Herangehensweise den Strom zu rationieren. Industrien, die nicht als essenziell betrachtet werden, werden abgeschaltet. Das Bitcoin Mining Verbot in China war demnach kein Zufall. Im April kamen die ersten Gerüchte über eine chinesische Energieknappheit auf. Einen Monat später zwang die Regierung die Miner ihre Geräte abzuschalten.

Regionen in China mit eingeschränkter Stromnutzung. Quelle: Twitter Marcu Ewald

Analog zu den teilweise stillstehenden bzw. unterbrochenen Versorgungsketten haben die Problematiken auf dem Energiemarkt Konsequenzen für die gesamte Welt. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Um diese Ursachen verstehen zu können, muss die Situation in China genauer untersucht werden und lassen sich in Angebots- und Nachfrageseite aufteilen. Beginnen wir mit der Nachfrageseite.

Nachfrage

Im Gegensatz zu vielen westlichen Ländern setzt China auch weiterhin auf die Kohleindustrie. Die gesamte chinesische Wirtschaft weist eine hohe Abhängigkeit von dieser auf. Die Nutzung von Kohle stieg seit der wirtschaftlichen Öffnung Chinas stark an.

Chinas Kohleverbrauch in Tonnen. Quelle: National Bureau of Statistics

Während der Coronapandemie nahm die Nutzung von Kohle in der Industrie kurzzeitig stark ab. Die chinesische Industrie erholte sich schnell wieder und die Nachfrage nach Kohle nahm wieder kräftig zu. Dazu kommt eine stärkere Nachfrage nach Kohle durch den trockenen Sommer. Noch nie zuvor verzeichnete China eine stärkere Nachfrage nach Wärmeenergie als in diesem Jahr. Doch die Regierung hatte andere Pläne. Das zeigt die Angebotsseite.

Nachfragewachstum der Wärmenergie in China. Quelle: National Bureau of Statistics

Angebot

Die Angebotsseite ist komplexer als die Nachfrageseite. Denn hier ist stark die chinesische Regierung involviert. Entweder sie hat eine Herbeiführung der Energieknappheit gewollt oder die planwirtschaftliche Ansätze Pekings gingen nicht auf.

Handelsembargo gegen Australien

Die Regierung Chinas verhängte Ende des Jahres 2020 einen Importstopp für australische Kohle. Grund waren Streitigkeiten bei der Frage des Ursprungs des Coronavirus. China importierte 15%-20% seiner Kohle aus Australien. Dabei handelte es sich vermehrt um Reservekapazitäten, die jetzt in Zeiten der Supply Chain Probleme dringend benötigt werden.

Die Folgen davon sind, dass der Preis von Kohle auf dem chinesischen Markt höher ist als auf dem Weltmarkt. Eine Tonne Kohle kostet dort etwa 400 US-Dollar verglichen mit 250 US-Dollar auf dem Weltmarkt. Dieser Preisunterschied kostet dem Land zwei Milliarden US-Dollar wöchentlich.

Anteil des australischen Imports am gesamten Import. Quelle: Blloomberg

Weitere Knappheit

Aber nicht nur der Handelskonflikt mit Australien führt zu einer Kohleknappheit in China. Die Coronapandemie führte immer wieder zu Schließungen der Kohleminen. In Kolumbien hat der Energiekonzern Glencore seine Minenverträge gekündigt, nachdem die Regierung eine Schließung der Minen bewirkt hat.

Es herrscht aber nicht nur in China eine Kohleknappheit, sondern auf der ganzen Welt. Das zeigt sich an den Preisen auf dem Weltmarkt für Kohle. Der Preis für eine Tonne Kohle stieg im Jahr 2021 um mehr als 300% von 60 US-Dollar auf 250 US-Dollar.

Preis für eine Tonne Kohle. Quelle: Trading Economics

Preisfestlegung

China hat keine kapitalistische Marktwirtschaft nach westlichem Vorbild. In Krisensituationen legt die Regierung die Preise für Güter oder Rohstoffe fest. Die Unternehmen haben keine Möglichkeiten ihre Preise zu erhöhen, wenn ihre Kosten steigen.

Die Unternehmen haben zwei Optionen. Entweder sie produzieren mit Verlust oder sie stoppen ihre Produktion vorübergehend. Marktwirtschaftlich gesehen müssen sie sich langfristig für Option zwei entscheiden. Und genau hier liegt auch die Gefahr für die Supply Chains. Gesamte Industriezweige können in Gefahr geraten, wenn die Unternehmen ihre Produktion einstellen. Peking provoziert diesen Zustand mit ihren Preisfestlegungen.

Chinas Emissionsziel

Peking hat angekündigt, bis zum Jahr 2030 ihre CO2-Emissionen massiv zu senken. Ein so schneller Umstieg ist für die chinesische Industrie nahezu unmöglich. Das hält die Regierung aber nicht von ihren Plänen ab. Sie dreht energieintensiven Industrien, die die Vorgaben Pekings nicht erfüllen, den Strom ab.

Wie bei der Preisfestlegung haben die Unternehmer keine andere Wahl als ihre Produktion einzustellen. Entweder sie stoppen die Produktion selbst oder die chinesische Regierung übernimmt das für sie. Ein möglicher Shutdown der Industrie könnte zwar die Kohleknappheit kurzfristig besiegen, für die Industrie und die Versorgungsketten weltweit hat das aber katastrophale Folgen.

Wird das Gas knapp?

In diesem Jahr stieg der Gaspreis bereits um etwa 900% an. Jedoch muss zwischen den Verbrauchern und der Industrie unterschieden werden. Viele Lieferverträge haben fixierte Preise für die Verbraucher. Erst wenn das Problem länger anhält, könnte dies zu höheren Abschlagszahlungen für die Vebraucher führen. Für die Gaslieferanten könnte es trotzdem ungemütlich werden.

Gaspreis für die Megawatt Stunde. Quelle: Degussa

Die Gründe sind vielschichtig, hängen aber wieder mit China zusammen. Die chinesische Industrie erholte sich am schnellsten von Corona und die Gaspreise stiegen durch die erhöhte Nachfrage schneller an als in den westlichen Ländern. Das machte es für die Gasunternehmen attraktiver nach China zu liefern. China kaufte im Jahr 2021 80% des Angebots für Flüssigerdgas auf.

Dazu kommt, dass die europäischen Gasspeicher erschöpft sind. Schuld ist der lange letztjährige Winter und der kurze Sommer dieses Jahres. Die Speicher sind nur zu 69% gefüllt. Letztes Jahr betrug der Wert 95%.

Auch beim Gas macht sich die Coronapandemie bemerkbar. Planmäßige Wartungsarbeiten wurden aufgeschoben oder wurden nicht durchgeführt. Dies führte dazu, dass das Angebot von Gas durch infrastrukturelle Probleme nicht wie in den letzten Jahren angehoben wurde. Höhere Nachfrage trifft auf dasselbe Angebot.

Der russische Staatskonzern Gazprom drosselte Anfang Oktober die Liefermengen von seiner wichtigsten Pipeline in Europa. Gazprom ist der Gasstrom-Lieferant für ganz Europa. Kritiker sehen hier einen politischen Machtkampf der russischen Regierung, um die Eröffnung der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2 durchzusetzen.

Zusammenfassung

Die Entwicklungen in Asien sind beunruhigend. Vor allem im Hinblick auf die Supply Chain-Problematik, könnten sich diese zwei Faktoren zu einer großen makroökonomischen Gefahr entwickeln. Die Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage lassen darauf schließen, dass wir noch höhere Energiepreise sehen werden. Diese Thematik führt uns darüber hinaus wunderbar vor Augen, warum staatliches Eingreifen in Preisbildungen keine gute Idee und ein freies Geld wie Bitcoin auf einem freien Markt enorm wichtig ist. Die Europäer trifft es mit der hohen Abhängigkeit von Russland doppelt. Es droht ein kalter Winter in Europa…

Bitcoin fixes this.