Die deutsche Industrie schwächelt. Nach einem Rekordmonat im Juli verzeichneten die Industrieaufträge mit 7.7% einen überraschend starken Rückgang. Vor allem die deutsche Autoindustrie leidet schwer darunter. Sie verzeichnet eine Abnahme von 43,5% in der Produktion gegenüber dem Vormonat. Grund für den Rückgang sind die Lieferengpässe durch die gestörten Handelsketten. Die Supply Chains geraten weltweit immer mehr unter Druck

Quelle: Querschuesse

Ausgangssituation

Die Lieferketten bzw. Supply Chains sind hochkomplex. In den letzten Jahrzehnten vernetzte sich die Produktion von Güter durch das Informationszeitalter immer mehr. Produktionsausfälle auf der einen Seite der Welt, können Konsumenten auf der anderen Seite treffen. Eine globale Krise wie die Coronapandemie kann der Katalysator dafür sein.

Egal um welche Güter es sich handelt, immer häufiger werden Produkte mit Verzögerung geliefert oder teilweise gar nicht. Im Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft kann dies noch zu großen Problemen führen. Sehen wir uns die zwei Seiten an, die sämtliche wirtschaftliche Aktivitäten bestimmen: Angebot und Nachfrage.

Nachfrage

Während der Coronapandemie waren viele Läden geschlossen. Die Menschen verbrachten den Großteil ihrer Zeit daheim. Folglich gaben die Menschen weniger Geld aus. Es gab finanzpolitische Unterstützung seitens der Regierung wie den Stimulus Check in den USA, allerdings gaben die Menschen das Geld aufgrund von Lockdowns und anderen Beschränkungen nicht aus. Das Geld kam nicht in der Wirtschaft an.

Viele fragten sich, wie es sein kann, dass trotz der extremen Geldmengenausweitung die Preise für Verbrauchsgüter nicht gestiegen sind. Grund war wie oben schon erwähnt, dass die Menschen durch Lockdowns keine Möglichkeit hatten, ihr Geld auszugeben. Belegen lässt sich das an der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Darunter versteht man die Häufigkeit, mit der die vorhandene Geldmenge durchschnittlich innerhalb eines Jahres umgesetzt wird. Anfang 2020 brach sie auf ein historisch tiefes Niveau ein.

Umlaufgeschwindikeit des Geldes in den USA. Quelle: Fred Economic Data

Das hat sich nun geändert. Zwar steigt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes noch nicht, allerdings die Nachfrage nach Güter. Die Umsätze im Einzelhandel zogen kräftig an. Die Menschen gaben wieder mehr Geld aus. Der zweite Stimulus Check unter Präsident Biden befeuerte diese Tendenz. Mehr Geld trifft nun auf eine verringerte Menge von Güter aufgrund der Lieferkettenprobleme. Sehen wir uns diese jetzt genauer an.

Umsätze des Einzelhandels. Quelle: Fred Economic Data

Angebot

Auf der Angebotsseite gibt es fünf Faktoren, die zu einem Kollaps der Handelsketten führen könnten.

Covid Werksschließungen

Fabriken hatten es in den letzten 18 Monaten schwer. Vor allem in Asien. Teilweise wurde in China gesamte Fabriken geschlossen aufgrund eines einzigen Corona Infizierten.

China wird als die "Fabrik der Welt" bezeichnet. Billige Arbeitskräfte und die daraus folgenden niedrigen Produktionskosten machen es für ausländische Unternehmen sehr attraktiv ihre Güter in China herzustellen. Wenn China anfängt Fabriken zu schließen, werden internationale Handelsketten gestört.

Aber nicht nur China betrifft das. Erst vor kurzem musste Nike ihre Prognosen für die Quartalszahlen für das restliche Jahr korrigieren, weil die Fabriken in Vietnam geschlossen wurden. Seit zwei Monaten hat Nike keinen Schuh mehr in Vietnam hergestellt.

Covid Hafenschließung

Ähnlich wie in den Fabriken kommt es durch die Corona-Verordnungen zu Chaos an den Häfen. Hinzukommt, dass jedes Land andere Corona Verordnungen hat. Für die Arbeiter auf den Schiffen ist es damit fast unmöglich auf das Festland zurückzukehren.

Immer häufiger kündigen die Arbeiter ihre Verträge. Ihre Geduld ist nach 18 Monaten am Ende. Verschiedene Gruppen wie die internationale Schifffahrtskammer (ICS), die mehr als 65 Millionen Arbeiter vertreten, sendeten einen Brief an die Verantwortlichen:

Die globalen Lieferketten beginnen zu bröckeln, da die Belastung der Transportarbeiter seit zwei Jahren ihren Tribut fordert.

ICS

An den Häfen kommt es zu einem Verkehrschaos. Container, die schon vor mehr als zwei Wochen entladen werden sollten, warten noch immer auf die Erlaubnis der Behörden.

Containerschiffe vor dem Hafen Los Angeles. Quelle: CNN

Flugverkehr

Viele unterschätzen, welch eine große Rolle der Flugverkehr für die globalen Handelsketten spielt. 50% der Luftfrachten werden auf Passagierflügen transportiert. Für die Flugunternehmen ist das ein sehr lukratives Geschäft, um überflüssige Passagierkapazitäten aufzufüllen.

Mit der Coronapandemie verzeichnete die Zahl der Passagierflüge – vor allem internationale – einen starken Einbruch. Die europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt Eurocontrol rechnet im besten Fall erst im Jahr 2023 mit einer vollständigen Erholung des europäischen Flugverkehrs.

4 Jahres Vohersage für den europäischen Luftraum. Quelle: Eurocontrol

Ever Given Nachwirkungen

Die Ever Given legte im März dieses Jahres wochenlang den Suezkanal lahm und verursachte einen Rückstau, dessen Auswirkungen auf die globalen Handelsketten spürbar sind

Als der Kanal wieder passierbar war, gab es infrastrukturelle Probleme mit den Container Schiffen. Den meisten fehlte die Kapazität die anstauende Fracht auf einmal weiterzutransportieren. Dies führte dazu, dass Häfen übergelaufen sind. Das Ever Given Ereignis verstärkte die Coronaauswirkungen an den Häfen.

Energiekrise in China

Aktuell gibt es in China eine Knappheit nach Energiequellen. China hat begonnen manchen Industrien den Strom zu kürzen, Ampel in Großstädten fallen aus und der Preis für Kohle explodiert. Die genauen Gründe für die Energiekrise verdienen es in einem eigenen Artikel genauer beschrieben zu werden.

Nach der Corona-Krise hat sich die chinesische Industrie schnell erholt. Evergrande und die Energiekrise könnten eine Trendwende einläuten. Der Einkaufsmanagerindex PMI fiel auf unter 50% und deutet damit auf eine Schrumpfung der Industrie hin.

Guten Morgen: Chinas PMI-Zahlen sind unter 50% bei 49,6% und die Details sind schrecklich:

Produktion, Auftragseingänge, Beschäftigung, neue Exportaufträge ganz unten!

Beachten sie, dass dies hauptsächlich kleine Unternehmen trifft.

Zusammenfassung

Die gesamtwirtschaftliche Lage kann zusammengefasst werden:

  1. strukturelle Erhöhung der Güternachfrage
  2. instabile Lieferketten durch Corona
  3. schwächelnde Industrie befeuert durch die Energiekrise

Die Nachfrage steigt und das Angebot fällt. Die Preise für Verbrauchsgüter werden auch in den nächsten Monaten steigen. Die Preise werden aber nicht homogen steigen. Es wird Branchen geben, die stärker von der Störung der Handelsketten betroffen sind als andere. Die Inflationszahlen im September betrugen 4.1% im Vergleich zum Vormonat. Aktuell kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zahlen in naher Zukunft wieder fallen werden.