Nach den Klagen gegen Binance und Coinbase, die die US-Börsenaufsicht (SEC) Anfang dieser Woche eingereicht hatte, schränken einige Unternehmen ihre Dienstleistungen ein oder bereiten potenzielle Maßnahmen vor. Außerdem sorgten einige Berichterstatter für Verwirrung und Unsicherheit. Während einige Twitter-User spekulieren, welche Plattform als nächste von der SEC verklagt wird, verbreiten andere (vermutlich bewusst) Falschmeldungen.

Broker Robinhood überprüft das Kryptoangebot der Handelsplattform

In einer Anhörung des Landwirtschaftsausschusses des Repräsentantenhauses (House Agriculture Committee) mit dem Titel „Die Zukunft der digitalen Anlagen: Schaffung von Klarheit für die Spotmärkte für digitale Vermögenswerte“ hat der Leiter der Rechtsabteilung von der Broker-Plattform Robinhood, Dan Gallagher, am 6. Juni ausgesagt, dass der Broker die Analyse der SEC aktiv prüft, um zu entscheiden, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Dazu gehört letztlich auch die Erwägung, das Angebot von einigen Token wie SOL, ADA, und MATIC – die die SEC als Wertpapiere eingestuft hat – einzustellen. Wie einige anwesende Anwälte anderer Plattformen, kritisiert auch Gallagher in der Anhörung die SEC. Die Behörde habe es versäumt, einen eindeutigen regulatorischen Rahmen zu schaffen. Das Unternehmen sei stets für eine Kooperation mit der SEC bereit gewesen, genauso wie z.B. auch Coinbase.

In der Berichterstattung zu diesem Thema wurden die Aussagen Gallaghers vereinzelt aus dem Kontext gerissen und möglicherweise bewusst Unsicherheit verbreitet. Der einflussreiche Twitter-User WhaleChart veröffentlichte die Information, dass „Robinhood Cardano auslisten wird“. Da von Robinhood zu diesem Zeitpunkt noch keine offizielle Stellungnahme veröffentlicht wurde, kann man vermuten, dass dies für einige Trader mit Short-Positionen sehr hilfreich war und ihre Gewinne durch den anhaltenden Wertverlust des Tokens gesteigert wurden. Inzwischen hat Robinhood jedoch bestätigt, dass ab dem 27. Juni ADA, MATIC und SOL nicht mehr unterstützt werden.

Update vom 09. Juni: Mittlerweile hat sich auch Gary Gensler geäußert und das Vorgehen seiner Behörde verteidigt. 

Wir haben eine Mitteilung herausgegeben, in der die Anwendbarkeit der bestehenden Vorschriften auf Plattformen, die mit Krypto-Assets handeln, einschließlich sogenannter DeFi-Systeme, bekräftigt wird, das ist bereits Gesetz. Das sind bereits die Regeln. [...] Das Gesetz nicht zu mögen, die Regeln nicht zu mögen, ist etwas anderes, als sie zu ignorieren oder sie nicht zu verstehen.

Zitat von Gary Gensler

Eine regulatorische Klarheit sei bereits vorhanden. Es liege nicht an fehlenden Richtlinien, sondern daran, dass die Plattformen sich einfach nicht daran halten würden, was man ihnen sagt.

Binance.US schafft einige Handelspaare ab

Für Verwirrung sorgte auch die Mitteilung von Binance.US nach der einstweiligen Verfügung der SEC. Gestern Abend wurde auf der Plattform angekündigt, dass ab heute der OTC-Handel pausiert wird und circa 100 Handelspaare abgeschafft werden. Diese Mitteilung wurde später jedoch überarbeitet, sodass die USDT-Handelspaare nun doch nicht betroffen sind. Somit werden nicht 100, sondern nur zehn Handelspaare von der Plattform entfernt. 

Screenshot 7. Juni

Screenshot 8. Juni

Obwohl eine komplette Streichung von Tokens auf Binance.US zu keiner Zeit erwähnt wurde, verbreitete der Twitter-User WhaleChart genau diese Fehlinformation und somit FUD (Fear, Uncertainty and Doubt; z. Dt. Furcht, Ungewissheit und Zweifel). Vermutlich sollte damit Panik im Markt verbreitet und wiederum die eigenen Profite gesteigert werden.

Update 09. Juni: Nun hat Binance.US über Twitter mitgeteilt, dass die Banken, mit denen die Plattform zusammenarbeitet, ab dem 13. Juni die Ein- und Auszahlungen mit US-Dollar (USD) pausieren werden. Die Kunden sollten schnellstmöglich ihr Guthaben abheben oder in Stablecoins umtauschen. Außerdem werden ab nächster Woche die USD-Handelspaare von der Plattform entfernt, sodass Binance.US „für eine gewisse Zeit eine reine Kryptobörse werden wird“. Die Kundengelder seien sicher und die Plattform sei mit Kryptowährungen weiterhin uneingeschränkt nutzbar. Zudem will sich Binance.US weiterhin gegen die Angriffe der SEC verteidigen.

Gary Genslers Beraterfunktion bei Binance

Ferner wurde heute in einigen Artikeln auch Gary Genslers Bewerbung als Berater von Binance thematisiert. In Dokumenten, die am Mittwoch von der SEC für die Klage eingereicht wurden, wird von den Anwälten von Binance, Gibson Dunn und Latham & Watkins, behauptet, dass sich Gensler in mehreren Gesprächen mit Binance-CEO Changpeng Zhao (CZ) im März 2019 als Berater für die Kryptobörse beworben hatte und abgelehnt wurde. Dies wirft einen Schatten auf die Klage der SEC gegen Binance und lässt vermuten, dass dahinter eine persönliche Intention von Gensler steckt, die kein gutes Licht auf ihn wirft.

Laut Recherchen des Wall Street Journals könnten das jedoch auch fehlerhafte Informationen sein, die letztlich vielleicht nur Stimmung gegen Gensler machen sollen. Bevor Gensler im Jahr 2021 von US-Präsident Biden zum SEC-Chef ernannt wurde, haben viele private Unternehmen Gensler schon im Jahr 2018, als er am Massachusetts Institute of Technology (MIT) lehrte, als Berater umworben. Im Oktober 2018 traf er sich mit Ella Zhang und Harry Zhou von Binance, die ihm ebenfalls eine Stelle als Berater angeboten haben. Gensler hat das Angebot abgelehnt, gab aber einige Tipps, wie Binance Lizenzen in den USA erhalten könnte. 2019 hatte Gensler sich mit CZ getroffen und ihn auch für einen Kurs am MIT interviewt. Dass Gensler sich bei Binance als Berater beworben hatte, so wie es die Anwälte von Binance nun behaupten, wird in dem Artikel jedoch nicht erwähnt. Vielleicht hatte CZ ebenso Tipps von Gensler erhalten, was CZ dann als (inoffizielle) Beratung angesehen hat. Klarheit können nur Gensler und CZ selbst schaffen. Jedoch haben sie sich dazu noch nicht geäußert.

Gary Genslers Marktmanipulation

Update 9. Juni: Zusätzlich wurde noch eine weitere Anschuldigung gegen Gary Gensler veröffentlicht. Laut dem Twitter-User Capo WSB soll Coinbase beweisen können, dass Gensler vor zwei Tagen eine Bitcoin-Short-Position in Höhe von 2,5 Millionen US-Dollar eröffnet haben soll. Dies würde gegen das Gesetz verstoßen.

Mal davon abgesehen, dass Gary Gensler sich über diesen Gesetzesverstoß bewusst gewesen wäre und auch die Konsequenzen hätte vorausahnen können, wird in einer Community-Notiz auf Twitter darauf hingewiesen, dass diese Anschuldigung als Falschmeldung angesehen werden sollte, solange eine zuverlässige Quelle fehlt. Derselbe Autor hatte schon einmal eine ähnliche Behauptung aufgestellt, wobei er sich auf eine Petition bezog, die keinerlei Beweise enthielt.

In derartig turbulenten Zeiten sollte man die Berichterstattung stets auch kritisch betrachten, nicht alles sofort glauben und die eigenen Handlungen nicht von den Gefühlen leiten lassen.


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