Bereits im März gab die US-Behörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) bekannt, dass sie aufgrund mehrerer Verstöße gegen die weltgrößte Kryptobörse Binance und ihren Gründer Changpeng Zhao ("CZ") klagt. Heute gab nun auch ihre mächtige Schwesterbehörde Securities and Exchange Comission (SEC) eine Pressemitteilung heraus, in der sie ebenfalls eine weitreichende Klage gegen Binance und CZ öffentlich machte.

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Gründe für die Klage

Dieser Fall beruht auf der eklatanten Missachtung der Bundeswertpapiergesetze und des Anleger- und Marktschutzes durch die Beklagten. Dabei haben sich die Beklagten um Milliarden von US-Dollar bereichert und gleichzeitig die Vermögenswerte der Anleger einem erheblichen Risiko ausgesetzt. Die Beklagten haben US-Anleger rechtswidrig zum Kauf, Verkauf und Handel von Kryptowertpapieren über nicht registrierte Handelsplattformen aufgefordert [...] haben zahlreiche unregistrierte Angebote und Verkäufe von Kryptowährungswertpapieren und anderen Investitionsplänen getätigt [...] und haben Aktienanleger, Kleinanleger und institutionelle Anleger über die angebliche Überwachung und Kontrolle des manipulativen Handels auf der Binance.US-Plattform getäuscht, die in Wirklichkeit praktisch nicht existierte.

Auszug aus der Anklageschrift

 

Die Vorwürfe sind vielfältig und ähneln in weiten Teilen denen, die auch die CFTC bereits gegen Binance erhebt.

Unregistrierte Börsen, Broker-Dealer und Clearingstellen

Ein zentraler Vorwurf der SEC ist, dass Binance unregistrierte Börsen, Broker-Dealer und Clearingstellen betrieben hat. Dies ist ein Verstoß gegen die US-amerikanischen Wertpapiergesetze, die verlangen, dass solche Einrichtungen registriert und reguliert werden, um den Schutz der Anleger und die Integrität der Märkte zu gewährleisten.

Irreführung von US-Kunden

Die SEC behauptet außerdem, dass Binance und CZ öffentlich erklärt haben, dass US-Kunden vom Handel auf Binance.com ausgeschlossen sind. In Wirklichkeit sollen sie jedoch ihre eigenen Kontrollen umgangen haben, um heimlich den Handel von US-Kunden mit hohem Wert auf der Binance.com-Plattform zu ermöglichen. Aus den Behörden vorliegenden Chatverläufen geht außerdem hervor, dass sich CZ und seine Führungsriege durchaus über ihre Missetaten im Klaren sind.

Wie der CCO von Binance im Dezember 2018 gegenüber einem anderen Binance-Compliance-Beauftragten unverblümt zugab: " Wir betreiben eine nicht lizenzierte Wertpapierbörse in den USA, Bro."

Auszug aus der Anklageschrift

Versteckte Kontrolle über Binance.US

Ein weiterer Vorwurf der SEC ist, dass Binance und CZ öffentlich erklärt haben, dass Binance.US als separate, unabhängige Handelsplattform für US-Investoren geschaffen wurde. Hinter den Kulissen sollen sie jedoch heimlich die Kontrolle über die Operationen der Binance.US-Plattform behalten haben. Dies würde bedeuten, dass sie die wahre Natur ihrer Geschäftsbeziehungen und -praktiken vor den US-Regulierungsbehörden und den Anlegern verborgen haben.

Washtrading

Die SEC wirft Binance und CZ darüber hinaus vor, Handelsvolumina durch sogenanntes "Washtrading" künstlich aufgebläht zu haben.

Insbesondere hat die Sigma Chain AG ("Sigma Chain"), ein Handelsunternehmen, das Zhao gehört und von ihm kontrolliert wird, mindestens von September 2019 bis Juni 2022 Wash-Trading betrieben, das das Handelsvolumen von Kryptowährungen auf der Binance.US-Plattform künstlich aufgebläht hat.

Auszug aus der Anklageschrift

Angebot und Verkauf von unregistrierten Wertpapieren

Schließlich hat die SEC Binance wegen des Angebots und Verkaufs von unregistrierten Wertpapieren (en. Securities) angeklagt, einschließlich deren eigenen Tokens BNB, den Stablecoin Binance USD (BUSD), bestimmter Krypto-Kreditprodukte und eines Staking-as-a-Service-Programms. In der Anklageschrift weist die SEC jedoch ausdrücklich darauf hin, dass neben den genannten auch zahlreiche weitere Kryptowährungen als Securities angesehen werden. Darunter unter anderem die bekannten Projekte Solana und Cardano.

Seit dem Start der Binance-Plattformen haben die Beklagten Krypto-Vermögenswerte zum Handel auf diesen Plattformen zur Verfügung gestellt, die als Anlageverträge und somit als Wertpapiere angeboten und verkauft werden. Dazu gehören unter anderem, jedoch nicht ausschließlich, BNB, BUSD und die Einheiten jedes der nachstehend beschriebenen Krypto-Wertpapiere mit den Handelssymbolen SOL, ADA, MATIC, FIL, ATOM, SAND, MANA, ALGO, AXS und COTI.

Auszug aus der Anklageschrift

Stellungnahme durch Binance

In einer offiziellen Stellungnahme auf ihrem Blog haben die Verantwortlichen bei Binance ihre Enttäuschung über die Entscheidung der SEC zum Ausdruck gebracht, eine Klage gegen sie einzureichen. Sie betonen, dass sie von Anfang an aktiv mit den Untersuchungen der SEC kooperiert und sich bemüht haben, deren Fragen zu beantworten und Bedenken auszuräumen. Trotz ihrer Bemühungen habe die SEC den Verhandlungsprozess jedoch aufgegeben und sich stattdessen für einseitige Maßnahmen und Rechtsstreitigkeiten entschieden.

Binance betont, dass man die Vorwürfe der SEC ernst nehme, jedoch der Ansicht ist, dass sie nicht Gegenstand einer Strafverfolgung durch die SEC sein sollten. Sie beabsichtigen, ihre Plattform energisch zu verteidigen und sehen die Weigerung der SEC, produktiv mit ihnen zusammenzuarbeiten, als weiteres Beispiel für die fehlgeleitete und bewusste Ablehnung der Kommission, der Krypto-Industrie dringend benötigte Klarheit und Leitlinien zu bieten.

Die heutige Maßnahme ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Kommission - wie bei anderen Krypto-Projekten, die mit ähnlichen Klagen konfrontiert sind - beschlossen hat, mit den stumpfen Waffen der Strafverfolgung und des Rechtsstreits zu regulieren, anstatt den durchdachten, nuancierten Ansatz zu verfolgen, den diese dynamische und komplexe Technologie erfordert.

Auszug aus der Stellungnahme von Binance

Fazit

Für das Unternehmen Binance und seinen Gründer CZ kommt es immer dicker. Sie sehen sich nun mit Rechtsstreitigkeiten gegen die zwei vermutlich mächtigsten Aufsichtsbehörden der Welt konfrontiert und die Vorwürfe wiegen schwer. Die Klage und das dadurch anstehende Verfahren könnte einen Wendepunkt in der US-amerikanischen Regulierungsdebatte markieren. Es steht außer Frage, dass dieser Fall noch für viel Aufsehen sorgen könnte und vermutlich wird. Der Kryptomarkt reagierte auf die Meldung jedenfalls zunächst sehr negativ und der Bitcoin-Preis rutschte um etwa 5% auf rund 25.500 US-Dollar ab.