SEC ermittelt: Ist Ether doch ein Wertpapier?
Nachdem CoinDesk gestern in einem Bericht mögliche Ermittlungen gegen die Ethereum Foundation durch eine staatliche Behörde auf den Tisch gebracht hatte, veröffentlichte das Fortune Magazine einen Beitrag, der sich mit einer juristischen Kampagne der US-Börsenaufsicht SEC gegen Ethereum beschäftigt. Dabei soll es um die mögliche Einstufung der zweitgrößten Kryptowährung als Wertpapier gehen.
Der unklare Status von Ether
Die Biden-Regierung und die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC engagieren sich schon eine längere Zeit dafür, die Krypto-Industrie einzuschränken bzw. strenger zu regulieren. Wie Blocktrainer.de berichtete, gab es dabei jedoch immer wieder Unklarheiten über den Status von Kryptowährungen und die entsprechende behördliche Zuständigkeit. Das hat vor allem im letzten Jahr zu zahlreichen rechtlichen Auseinandersetzungen geführt. Die Securities and Exchange Commission (SEC) ist für Wertpapiere (en. securities) zuständig, während sich die Commodities and Futures Trading Commission (CFTC) um Waren bzw. Rohstoffe (en. commodities) kümmert.
Man konnte sich darauf einigen, dass Bitcoin als „Commodity“ klassifiziert wird. Die restlichen Kryptowährungen werden zum großen Teil als „Securities“ eingestuft. Doch der Status von Ether, dem Token der Ethereum-Blockchain, ist bis heute unklar.
In einer Rede im Jahr 2018 hat der damalige Leiter der SEC-Abteilung für Unternehmensfinanzierung, William Hinman, nach einem Treffen mit dem Gründer von Ethereum, Vitalik Buterin, Ether nicht als Wertpapier klassifiziert. Dadurch wurde auch die Untersuchung zur ICO (Initial Coin Offering) von Ethereum eingestellt. Für die SEC war eine Regulierung von Ether seither nicht notwendig.
Als im Jahr 2021 die Leitung der SEC von Gary Gensler übernommen wurde, änderte sich das jedoch. Gensler verdeutlichte kontinuierlich seine Position zu Altcoins und Bitcoin. Dabei bemerkte Gensler mehrfach, dass die Vermögenswerte, die auf einem Proof-of-Stake-Modell beruhen, als Wertpapiere klassifiziert werden könnten, ohne dabei bestimmte Altcoins zu nennen. Im September 2022 stellte die Ethereum-Blockchain auf das neue Governance-Modell Proof-of-Stake um, doch Gensler lehnte es ab, sich speziell zu Ethereum zu äußern, wie zum Beispiel bei Anhörungen vor dem Finanzausschuss, wodurch er stark unter Druck geraten ist.
Der Status von Ether wurde seitdem immer wieder infrage gestellt und blieb bis heute unklar. Während in einer Klage gegen die Kryptobörse Kucoin Ether von der Staatsanwältin aufgrund des ICOs als „Security“ eingestuft wurde, verdeutlichte der CFTC-Vorsitzende Rostin Behnam mehrfach, dass seine Behörde Ether als „Commodity“ betrachtet. Dies wird auch durch die neun, von der SEC im Oktober 2023 genehmigten Ether-Futures, die von der CFTC überwacht werden, untermauert. Gegensätzlich dazu hat die umstrittene Kryptofirma Prometheum im letzten Monat angekündigt, Dienstleistungen als Verwahrer für Ethereum als Wertpapier anzubieten, die durch die SEC beaufsichtigt werden.
Die Ether-Spot-ETFs
Durch die Einreichung von Anträgen für Ether-Spot-ETFs bei der SEC durch große Vermögensverwalter wie BlackRock und Fidelity wurde der unklare Status des zweitgrößten Krypto-Vermögenswertes wieder ins Rampenlicht gerückt. Die SEC hat sich gegenüber den Emittenten der ETFs bisher sehr bedeckt gehalten und den Dialog über Details gemieden, was einen extremen Unterschied zu den im Januar zugelassenen Bitcoin-Spot-ETFs darstellt. Ein Grund dafür könnte der enorme Erfolg der Bitcoin-Spot-ETFs sein. Einige demokratische Senatoren haben die Börsenaufsicht bereits aufgefordert, keine weiteren Krypto-ETFs zuzulassen – Blocktrainer.de berichtete. Aus diesen Gründen schätzen Experten ein, dass die ETH-ETFs spätestens am 23. Mai abgelehnt werden.
My cautiously optimistic attitude for ETH ETFs has changed from recent months. We now believe these will ultimately be denied May 23rd for this round. The SEC hasn't engaged with issuers on Ethereum specifics. Exact opposite of #Bitcoin ETFs this fall. https://t.co/TyAzAOrAC5
— James Seyffart (@JSeyff) March 19, 2024
Meine vorsichtig optimistische Einstellung zu ETH-ETFs hat sich gegenüber den letzten Monaten geändert. Wir glauben jetzt, dass sie am 23. Mai für diese Runde abgelehnt werden. Die SEC hat sich nicht mit den Emittenten über Ethereum-Spezifika unterhalten. Genau das Gegenteil von #Bitcoin-ETFs in diesem Herbst.
James Seyffart auf 𝕏
Der erneute Diskurs um den Status von Ether unterstützt diese Vermutung. Möglicherweise warten die zuständigen Mitarbeiter der SEC auf die Ergebnisse der aktuellen Untersuchungen und auf eine klare Vorgabe von Gary Gensler.
Die Untersuchung der SEC
Bisher haben sich weder die Ethereum Foundation noch die SEC zu den angeblichen Untersuchungen geäußert. Auf der Website der Ethereum Foundation existierte bis vor Kurzem noch eine spezielle Mitteilung in der Fußzeile, mit der darauf hingewiesen wurde, dass die Stiftung bisher noch von keiner Regierungsbehörde kontaktiert wurde. Dass diese Floskel nun entfernt wurde, deutet darauf hin, dass eine Behörde jetzt Informationen von der Foundation angefordert hat.
Gemäß dem Fortune-Beitrag haben zudem mehrere Krypto-Unternehmen eine Vorladung von der SEC erhalten. Sie wurden aufgefordert, Dokumente und Finanzunterlagen über ihre Geschäfte mit der Ethereum Foundation einzureichen. Laut Angaben der betroffenen Unternehmen, die aus Angst vor „Vergeltungsmaßnahmen“ durch Gary Gensler anonym bleiben wollen, wurden die SEC-Ermittlungen seit Ethereums Wechsel auf Proof-of-Stake intensiviert. Außerdem wird aus den Reihen dieser Unternehmen vermutet, dass Gensler auch mit Hilfe der Kryptofirma Prometheum versucht hat, den Status von Ether als Wertpapier eindeutig zu definieren. Es bleibt abzuwarten, ob die vor sechs Jahren beiseite gelegte Untersuchung der Ethereum-ICO auch wieder Gegenstand der Ermittlungen wird.
Wenn sich die Vermutungen aus dem Fortune-Beitrag bestätigen, dürfte es klar sein, dass die US-Börsenaufsicht die neuen Vorwände nutzt, um den Status von Ether als Wertpapier endgültig festlegen zu wollen. Dies wirkt sich letztlich nicht nur auf Ethereum, sondern auch auf die Zulassung der ETH-ETFs sowie auf die Krypto-Industrie insgesamt aus. Dabei kann man es durchaus begrüßen, dass Krypto-Projekte, die mit einem Unternehmen oder einer Foundation in Verbindung stehen sowie auf einer ICO und Premining beruhen und sich als dezentral tarnen, nicht mit Bitcoin auf die gleiche Stufe gestellt werden können.