Jedem, der bereits einige Zeit im Krypto-Markt aktiv ist, dürfte klar sein, dass es selten einen Moment der Ruhe gibt. Während es in der Natur der Sache liegt, dass sich während der Bullenmarkt-Phasen die Ereignisse überschlagen, kommt es zu deren Ende hin und insbesondere während der Bärenmärkte oft zu einer Art "Bereinigung" in der nicht nachhaltige Projekte und klare Betrügereien aus dem Markt gespült werden.

Nachdem vor allem der Zusammenfall der bekannten Kryptobörse FTX sowie des algorithmischen Stablecoins Terra/Luna das Ende des vergangenen Hype-Zyklus eingeleitet hatten, sieht sich aktuell eine weitere große Kryptobörse und damit verbundene Stablecoins mit Betrugsvorwürfen konfrontiert. Diesmal stehen die beliebte Kryptobörse Huobi, der Stablecoin stUSDT und der bekannte und umstrittene "Krypto-Guru" Justin Sun im Mittelpunkt. Der renommierte Analyst Dylan LeClair hat gestern eine Reihe von Tweets veröffentlicht, die auf mögliche betrügerische Aktivitäten innerhalb der Börse hinweisen.

Ein Thread über das Netz der Täuschung mit Justin Sun rund um Huobi, stUSDT und TUSD, sowie die TUSD-Beziehung mit Binance und den Abfluss von echter USD-Liquidität aus dem Krypto-Ökosystem.

Dylan LeClair

Betrug bei Huobi?

Huobi, eine der weltweit größten Kryptobörsen, steht im Verdacht, USDT-Deposits durch eine andere Kryptowährung namens stUSDT ersetzt zu haben. Dieser Schritt blieb für viele Huobi-Nutzer jedoch unbemerkt. Interessanterweise wird stUSDT von Justin Sun kontrolliert, dem umstrittenen Schöpfer der Kryptowährung Tron. StUSDT behauptet, in "Real World Assets" wie Staatsanleihen zu investieren, was dem Asset theoretisch Stabilität und Sicherheit verleihen sollte. LeClairs Untersuchungen und auch die des Blockchain-Forensikers Patrick Tan deuten aber darauf hin, dass solche Investitionen sehr wahrscheinlich nicht stattfinden und nie stattgefunden haben.

stUSDT, das von Justin Sun kontrolliert wird, behauptet, eine Rendite zu erzielen, indem es in "Real-World-Assets" wie Treasury-Bills investiert, während der tatsächliche Geldfluss von Huobis USDT zu stUSDT und dann zu JustLendDAO zeigt, dass keine solche Investition in Real-World-Assets stattfindet.

Dylan LeClair

Die Rolle von Justin Sun

Gegen Ende des Jahres 2022 hat Justin Sun eine mehrheitliche Beteiligung an Huobi erworben. Was zunächst wie eine einfache Investition aussah, könnte sich nun jedoch als komplexes Netzwerk von Geldbewegungen und möglicherweise betrügerischen Aktivitäten herausstellen. Die Hauptbesorgnis betrifft, wie bereits erwähnt, den Austausch von USDT gegen stUSDT und die fehlende Transparenz darüber, wie diese Mittel verwendet werden.

Denn kurz nach Suns Übernahme begannen die USDT-Deposits auf Huobi auf mysteriöse Weise zu verschwinden. An ihrer Stelle tauchte plötzlich stUSDT auf, das, wie erwähnt, von Sun kontrolliert wird. Die genaue Natur und der Umfang von Suns Beteiligung an diesen Vorgängen sind jedoch noch nicht ganz klar.

Man nutzt die Marke USDT und ihren internationalen Ruf, tauscht sie gegen gefälschte stUSDT aus, während sie im UI/UX auf Huobi als normale USDT erscheinen.

Und was dann? Was ist das Endziel? Warum einen Schuldschein eines anderen Stablecoins erstellen und ihre Benutzer hinter der Benutzeroberfläche betrügen?

Dylan LeClair

Parallelen zu FTX?

Insbesondere Tan erwähnt in seiner Analyse die Parallelen zum Konstrukt rund um die insolvente Kryptobörse FTX, die sich im Nachhinein als eines der größten Betrugsprojekte der Menschheitsgeschichte herausgestellt hatte. Der Gründer und ehemalige CEO von FTX, Sam Bankman-Fried, war einst als schillernde Krypto-Persönlichkeit verehrt und galt als Visionär der Branche. Mit seinem jugendlichen Charme und seinem Versprechen, die Kryptowelt zu revolutionieren, zog er Investoren und Anhänger aus aller Welt an.

Doch hinter der glänzenden Fassade verbarg sich ein Netzwerk aus Täuschungen und irreführenden Geschäftspraktiken. Bankman-Fried nutzte seine Position und sein Ansehen, um Investitionen in Höhe von Milliarden von US-Dollar anzuziehen, nur um diese Mittel in dubiose Projekte und persönliche Bereicherungsstrategien umzuleiten. Als die Wahrheit ans Licht kam, war der Schaden immens. Tausende von Anlegern verloren ihr hart verdientes Geld, und das Vertrauen in die Kryptobranche erlitt einen schweren Schlag. Die Ähnlichkeiten zwischen den Vorgängen bei FTX und den aktuellen Vorwürfen gegen Huobi sind beunruhigend.

Wir haben das schon einmal gesehen - ein eng verbundenes Ökosystem, das von einer der größten Krypto-Persönlichkeiten verwaltet und betrieben wird, und ein "Staking"-System, das die Stablecoins nicht dorthin schickt, wo sie beworben werden?

Patrick Tan, Vorsitzender der Analysefirma ChainArgos

Binance und TUSD

Die Untersuchung von LeClair geht jedoch über Huobi hinaus. Er weist auch auf die Beziehung zwischen TUSD, einem anderen von Sun kontrollierten Stablecoin, und der weltgrößten Kryptobörse Binance hin. In den letzten sechs Monaten wurden dort bedeutende Mengen von TUSD "verbrannt", wobei zwei Wallets, die beide mit Sun in Verbindung stehen, für einen Großteil dieser Aktivität verantwortlich waren. LeClair wirft Binance und dessen Gründer Changpeng "CZ" Zhao vor, einen Stablecoin zu fördern und zu nutzen, dessen Handels- und Emissionspraktiken möglicherweise nicht im besten Interesse der Krypto-Community oder der Marktintegrität stehen.

Insbesondere die Aktivitäten von Binance, nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank, als CZ und sein Team die Trading-Gebühren für TUSD entfernten, wirken sehr verdächtig.

Das wirklich interessante Diagramm ist ein Blick auf das ausstehende TUSD-Angebot und das Timing der größten Mints.

Günstiges Timing für milliardenschwere Zuwächse beim Stablecoin, die direkt an Binance geschickt werden, wo der Handel zum Nulltarif möglich ist.

Ziemlich gutes Timing, nicht wahr…

Dylan LeClair

Fazit – Alles sehr verdächtig

Dylan LeClair hat mit seinen Untersuchungen und Enthüllungen erhebliche Bedenken hinsichtlich der Integrität von Huobi, Sun, Binance und CZ geäußert. Seine Analyse deutet darauf hin, dass Justin Sun ein komplexes Netzwerk aus Täuschungen geschaffen hat, um USD-Liquidität aus dem Kryptomarkt abzuziehen. LeClairs Schlussfolgerung ist unmissverständlich: Er betrachtet Sun als Betrüger.

Sun schafft ein Netz der Täuschung, um mit einer Vielzahl von gefälschten Stablecoins USD-Liquidität aus dem Krypto-Markt abzuschöpfen, und ich wage zu behaupten:

Er ist ein Betrüger.

Dylan LeClair

Darüber hinaus wirft LeClair auch ein kritisches Licht auf "CZ" und dessen Unterstützung von TUSD. Trotz der fragwürdigen Natur von TUSD scheint CZs Unterstützung des Stablecoins aus Verzweiflung zu stammen. Binance steht schließlich bereits seit einiger Zeit gehörig unter Druck.

Lese-Tipp | Die SEC klagt gegen Binance: Weltgrößte Kryptobörse unter Bedrängnis!

Für Nutzer von Huobi hat LeClair eine klare Botschaft: Sie sollten ihre USDT-Bestände in ein anderes Asset umwandeln und dieses sofort abheben. Damit unterstreicht er die Dringlichkeit und das Ausmaß der Bedenken, die er hinsichtlich der Praktiken auf Huobi hat. Ganz grundsätzlich ist es ohnehin nie eine gute Idee, größere Summen in der Verwahrung von Börsen oder anderen Dienstleistern zu lassen. Insbesondere Bitcoin bietet uns schließlich die Möglichkeit, unser Geld endlich wieder selbst zu verwalten und dieses zum Beispiel mit einer Hardware-Wallet zu sichern.