Bitcoin-Kritiker bemängeln immer wieder, dass Bitcoin wie eine riskante Technologie-Aktie handelt, obwohl Bitcoin doch eigentlich als "digitales Gold" angepriesen wird.

Bitcoin und Aktien - insbesondere von Technologie-Unternehmen - korrelieren positiv mit der globalen Liquidität beziehungsweise Geldmenge. Die naheliegendste Erklärung dafür ist, dass, wenn die Zentralbanken die Märkte mit Geld fluten und niedrige Zinsen die Kreditaufnahme erleichtern, die allgemeine Risikobereitschaft der Anleger steigt. Nicht zuletzt auch deshalb, weil bei niedrigeren Zinsen festverzinsliche Wertpapiere wie Staatsanleihen - die vermeintlich sicherste Anlage - weniger attraktiv sind und Anleihe-Investoren sich entsprechend anderweitig umsehen.

Bitcoin entkoppelt sich im Zuge des Nahostkonflikts

In der aktuellen Zeit der geopolitischen Unsicherheiten ist es Bitcoin jedoch nun gelungen, sich mittelfristig von den Aktienmärkten zu entkoppeln. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 konnte neben dem "Krisenmetall" Gold auch hauptsächlich Bitcoin deutliche Kurszuwächse verzeichnen. Zeitgleich ließen der relevanteste Aktienindex, der S&P 500, sowie auch der Technologie-Index Nasdaq 100 Federn.

Performance seit dem Angriff der Hamas auf Israel: Bitcoin (blau) - Gold (rot) - S&P 500 (gelb) - Nasdaq 100 (grün) - Quelle: TradingView

Den starken Kurszuwachs von Bitcoin in den letzten Tagen haben einige Marktbeobachter jedoch ausschließlich auf die Hoffnung auf die Genehmigung von Spot Bitcoin-ETFs in den USA zurückgeführt. Bisher gibt es in den USA nur sogenannte Bitcoin-Futures-ETFs, die nicht mit Bitcoin gedeckt sind und wovon der bekannteste ($BITO) seit Jahresauftakt "nur" weniger als 70% zugelegt hat, während Bitcoin selbst über 100% gestiegen ist. Sollte ein Spot Bitcoin-ETF zeitnah zugelassen werden, so würde eine attraktive Möglichkeit für Großinvestoren geschaffen und erwartungsgemäß auch wahrgenommen werden, über die etablierten Strukturen der Wall Street sicher ein Asset zu kaufen, das direkt mit "echten" Bitcoin gedeckt ist.

"Flucht in Qualität"?

Aufsehen erregte schließlich Larry Fink, der CEO von BlackRock, dem größten Vermögensverwalter der Welt, als er gegenüber FOX Business konstatierte, dass das Kursfeuerwerk auf eine "Flucht in Qualität" im Zuge der geopolitischen Unsicherheiten zurückzuführen sei.

Die Kurssprünge von Bitcoin standen nichtsdestotrotz stark im Zusammenhang mit Neuigkeiten rund um die Zulassungen der Spot-ETFs. Beispielsweise stieg der Bitcoin-Kurs innerhalb von wenigen Minuten um fast 10%, als die Falschmeldung von Cointelegraph verbreitet wurde, dass BlackRocks Spot Bitcoin-ETF zugelassen wurde. Und selbst als BlackRock den ETF-Antrag vor einigen Wochen einreichte, legte Bitcoin-Preis unmittelbar um über 6.000 US-Dollar zu.

Quelle: ZeroHedge

Dennoch können die geopolitischen Unsicherheiten den Kurs zusätzlich befeuert haben. Dies nachzuweisen ist jedoch schwierig und zudem kontraintuitiv, da der Bitcoin-Preis erst einige Tage nach der Attacke auf Israel zulegte.

Der Bitcoin-Kurs und der Russland-Ukraine-Krieg

Für die These von BlackRock-CEO Larry Fink spricht jedenfalls, dass der Bitcoin-Kurs auch in den Tagen nach der Invasion der Ukraine durch Russland am 24. Februar 2022 deutliche Kurszuwächse verzeichnen konnte.

Performance unmittelbar nach der Invasion der Ukraine: Bitcoin (blau) - S&P 500 (gelb) - Nasdaq (grün) - Quelle: TradingView

In den Tagen nach Ausbruch des Russland-Ukraine-Kriegs stieg das Handelsvolumen auf ukrainischen Krypto-Börsen deutlich. Zudem erwiesen sich Bitcoin und Kryptowährungen selbst laut World Economic Forum als "nützliche Tools", um schnell Geld Hilfsbedürftigen in den Krisengebieten zukommen zu lassen.

Fazit

Auch wenn wohl primär die Hoffnung auf die Spot Bitcoin-ETFs in den letzten Tagen kurstreibend war, ist eine Entkopplung von Bitcoin von den Aktienmärkten begrüßenswert - insbesondere dann, wenn Bitcoin sich in turbulenten Zeiten nach oben absetzt. Sollte Bitcoin künftig immer weniger mit den Aktienmärkten korrelieren, so macht dies Bitcoin für Großinvestoren umso attraktiver. Ray Dalio, der Gründer des größten Hedgefonds der Welt, predigt etwa den Ansatz, ein Portfolio aus Anlageklassen zusammenzusetzen, die kaum oder gar nicht miteinander korrelieren.

Der "sichere Hafen"

Bitcoin ist - wie auch physisches Gold - ein Vermögenswert ohne Gegenparteirisiko. Zudem kann Bitcoin in kriegerischen Auseinandersetzungen weder wie Immobilien zerstört werden, noch hängt das Bitcoin-Netzwerk - im Gegensatz zu Aktien-Unternehmen - von wenigen Personen ab, deren Ableben existenzgefährdend sein kann.

Bitcoin ist ein Vermögenswert, der überallhin mitgenommen werden kann, indem man sich lediglich zwölf Wörter merkt und Bitcoin kann in seiner Grundform in wenigen Minuten an Hilfsbedürftige, die keinen Bankzugang haben, zensurresistent transferiert werden.

Ob Bitcoin wirklich schon an dem Punkt angekommen ist, in Krisenzeiten von der breiten Bevölkerung als "sicherer Hafen" oder die "Qualität" anerkannt zu werden, ist schwer zu sagen. Künftige Krisen werden vermutlich Aufschluss bieten. Es bleibt zu dennoch zu hoffen, dass uns weiteres Leid und Kriege erspart bleiben.

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