Das renommierte Wissenschaftsmagazin ACS Sustainable Chemistry & Engineering hat eine umfangreiche Studie durchgeführt, in der die Möglichkeit des Bitcoin-Minings untersucht wird, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern und dabei die wirtschaftliche Rentabilität zu gewährleisten.

ACS Sustainable Chemistry & Engineering

ACS Sustainable Chemistry & Engineering ist eine renommierte US-amerikanische Fachzeitschrift, die auf der Rangliste von 139 umweltwissenschaftlichen Wissenschaftsmagazinen Platz 14 belegt. Die Artikel in dieser Zeitschrift finden große Beachtung und werden häufig in Forschungsarbeiten zitiert, da sie oft wertvolle Erkenntnisse liefern.

Vom Mining zur Emissionsreduzierung

Wichtige Erkenntnisse liefert auch einer der neusten Artikel von den Autoren Apoorv Lal, Jesse Zhu und Fengqi You. Der Titel lautet „From Mining to Mitigation: How Bitcoin Can Support Renewable Energy Development and Climate Action“ (z.Dt. „Vom Mining zur Emissionsreduzierung: Wie Bitcoin die Entwicklung erneuerbarer Energien und den Klimaschutz unterstützen kann“). Demnach beschäftigt sich der Artikel mit der Integration des Bitcoin-Minings in die klimapolitischen Ziele, die sich durch die Notwendigkeit des Umstiegs auf eine Infrastruktur mit erneuerbaren Energien ergeben. Es wird das Potenzial und die ökonomischen Vorteile des Bitcoin-Minings untersucht, wenn es an geplanten Standorten für Solar- und Windenergieanlagen in den USA eingesetzt wird, bevor diese Anlagen ans Stromnetz angeschlossen werden.

Blockchain-Technologie und Klimaziele

Bevor die Autoren auf die Methodik und Ergebnisse ihrer Studie eingehen, erkennen sie zunächst an, dass die Blockchain-Technologie seit der Einführung von Bitcoin Anfang 2009 nicht nur den Finanzsektor beeinflusst hat, sondern auch für Sicherheit, Datenschutz, Transparenz und Effizienz in verschiedenen Lebensbereichen der Menschen sorgt. Dazu gehören zum Beispiel der Energiesektor, das Gesundheitswesen, die Lebensmittelsicherheit sowie die Menschenrechte. Durch ihre Widerstandsfähigkeit wird auch das wirtschaftliche Potenzial der Blockchain-Branche anerkannt, wodurch letztlich verschiedene Aspekte im Leben der Menschen in Richtung einer nachhaltigen und klimafreundlichen Zukunft gestaltet werden könnten.

Die Welt steht vor den Herausforderungen des Klimawandels. Dabei konzentrieren sich viele Länder auf den Übergang zu einer Infrastruktur für erneuerbare Energien. Doch diese Initiativen werden durch Faktoren wie hohe Investitionskosten, fehlende Energiespeichermöglichkeiten sowie die unstete Natur der erneuerbaren Energiequellen gehemmt.  Es bedarf politischer Maßnahmen, Anreize und Strategien zur Risikominderung für Investoren, um die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern. Derartige Anlagen können bereits vor dem Anschluss an das Stromnetz Strom erzeugen, der jedoch nicht genutzt wird und somit keine Einnahmen generiert. Bitcoin könnte Abhilfe schaffen.

Das Bitcoin-Mining wurde in der Vergangenheit aufgrund des hohen Energieverbrauchs und der negativen Auswirkungen auf den Klimawandel stark kritisiert. Doch die Studie untersucht nun, ob Bitcoin als Katalysator dienen kann, um die Wirtschaftlichkeit geplanter erneuerbarer Energieanlagen in den USA zu verbessern und somit den Übergang zu einer saubereren Energieinfrastruktur und dem Klimaschutz zu fördern.

Berechnungsmodell

Um die Machbarkeit von Bitcoin-Mining zur Steigerung der Rentabilität geplanter Solar- und Windkraftanlagen vor ihrer kommerziellen Betriebsphase zu bewerten, werden in der Studie umfangreiche Datenquellen und ein Berechnungsmodell mit verschiedenen komplexen mathematischen Formeln verwendet.

Neben diversen Daten von 58 Anlagen für erneuerbare Energien (hauptsächlich Wind- und Solarkraftwerke) werden auch wichtige Faktoren wie Windgeschwindigkeit und Sonneneinstrahlung berücksichtigt, die die Energieproduktion von Windturbinen und Solar-PV-Systemen beeinflussen. Auch die Eigenschaften von Windturbinen (z.B. Ein- und Ausschaltgeschwindigkeit) und Sonnenkollektoren (Wirkungsgrad, Fläche) sind entscheidend für die Stromerzeugung. Das Modell in dieser Studie verwendet Daten vom National Renewable Energy Laboratory und der Visual Crossing Weather API, um stündliche Werte für Windgeschwindigkeit und Sonneneinstrahlung zu erhalten. Diese Daten werden dann genutzt, um die verfügbare Energie von verschiedenen Anlagen zu bestimmen.

Die Studie benutzt zudem die verfügbaren Mining-Datenbanken, um die Dynamik des Bitcoin-Netzwerks, einschließlich Bitcoin-Preis und Netzwerkschwierigkeit, sowie Spezifikationen der Mining-Hardware zu berücksichtigen. Dafür wird der Bitmain Antminer S19j Pro mit seiner jeweiligen Hashing-Leistung und seinem Stromverbrauch verwendet. Zudem werden die Verteilung der Wind- und Solarenergie zwischen der Mining-Hardware und anderen Geräten (z.B. Wärmepumpen, Lüftung), die Leistung aller Geräte, die Kühlungsanforderungen sowie die Wirtschaftlichkeit des Mining-Prozesses berücksichtigt.

Schließlich umfasst der ökonomische Teil die Berechnung der über verschiedene Zeiträume erzielten Einnahmen, Kapitalausgaben, Betriebskosten und den Restwert der Ausrüstung. Außerdem wird der Erlös aus dem Bitcoin-Mining betrachtet. Dieser hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel vom Bitcoin-Preis, der Block-Subvention, der Hashrate, der Mining-Zeit und der aktuellen Netzwerkschwierigkeit. Das Ziel der Berechnungen ist die Maximierung der Rentabilität des Bitcoin-Minings basierend auf der verfügbaren Energie.

Methodik zur Untersuchung der Durchführbarkeit des Bitcoin-Minings zur Nutzung überschüssiger erneuerbarer Energie aus geplanten Anlagen vor der Einbindung in das Netz.
Die blauen Pfeile in den inneren Kästen zeigen die Berechnungsschritte an.
Quelle: Lal, Zhu & You (2023), doi: 10.1021

Resultat der Berechnungen

Ganz allgemein betrachtet hat die Studie durch die Berechnungen bewiesen, dass Bitcoin-Mining private Investitionen in den Sektor der erneuerbaren Energien anregen und dadurch die Klimaziele unterstützen kann. Bitcoin-Mining erhöht die Wirtschaftlichkeit der Solar- und Windkraftanlagen, wobei laut Lal, Zhu und You bei den rentablen Anlagen in den USA die Photovoltaik-Anlagen mit einem Anteil von 64% dominieren. 

Texas und Kalifornien sind die Staaten mit den meisten geplanten Anlagen, die sich als rentabel erwiesen haben. Die potenziellen kombinierten Gewinne von den 32 texanischen Anlagen vor der kommerziellen Inbetriebnahme könnten durch das Bitcoin-Mining circa 47 Millionen US-Dollar betragen. Staaten wie Colorado, Illinois, Iowa, Nevada und Virginia besitzen zwar weniger Anlagen, könnten aber dennoch Rentabilität durch Bitcoin-Mining aufweisen. 

Die Rentabilität des Minings hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Der optimale Betrieb findet in Zeiten gleichmäßiger Energieverfügbarkeit statt. Die erneuerbaren Energiequellen stehen jedoch nur unregelmäßig zur Verfügung, sodass die verfügbare Gesamtleistung erheblich schwanken kann. Neben der Energieverfügbarkeit kann auch die Marktdynamik von Bitcoin (Bitcoin-Preis und Mining-Schwierigkeit) zu unterschiedlichen Zeiten schwanken. Somit variieren die Gewinne je nach Standort, Verfügbarkeit von Energie und Marktdynamiken, was man bei der strategischen Planung der Größe der Mining-Anlagen berücksichtigen muss, um die Wirtschaftlichkeit zu steigern.

Ausrichtung der Politik

Auf Grundlage der Erkenntnisse werden Empfehlungen für politische Entscheidungsträger formuliert, die für das Erreichen der klimapolitischen Ziele berücksichtigt werden sollten. Es werden flexible Ansätze zur Dekarbonisierung befürwortet, die unkonventionelle und innovative Anwendungen wie das Bitcoin-Mining als Schlüsselkomponente einbeziehen. Man sollte Bitcoin nutzen, um die Energiewende voranzutreiben. Dazu sollte man die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern und auf erneuerbare Energien umsteigen. Dies würde neue Arbeitsplätze schaffen und zum Wachstum der lokalen Wirtschaft beitragen. 

Es wird empfohlen, saubere Energiequellen für das Bitcoin-Mining zu nutzen. Um das zu unterstützen, könnten entsprechende Anreize geschaffen oder fossile Energiequellen per Gesetz verboten werden. 

Anstatt das Wachstum der Branche zu begrenzen, ist es sinnvoller, saubere Energiequellen für das Bitcoin-Mining zu nutzen. Dementsprechend lautet unsere zweite politische Empfehlung, Anreize für Kryptooperationen, die auf sauberen Energiequellen basieren, durch Carbon Credits zu schaffen.

Auszug aus der Studie

Die Biden-Regierung hat zum Beispiel eine Gutschrift von 85 US-Dollar für jede eingesparte Tonne Kohlendioxid eingeführt, um den Einsatz von emissionsfreien Technologien zu fördern. Dies würde die Gesamtkosten für erneuerbare Energiesysteme senken und zu zusätzlichen Einnahmen führen, die wiederum in den Ausbau der erneuerbaren Energien gesteckt werden sollten.

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass wir zusätzliche Gewinne erzielen können, bevor eine Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien Strom in das Netz einspeist. Anschließend sollten die erwirtschafteten Gewinne in den Ausbau der Infrastruktur für erneuerbare Energien zurückfließen. Diese Strategie würde letztlich zu einem „positiven Kreislauf“ für den Ausbau der Infrastruktur für erneuerbare Energien führen.

Auszug aus der Studie

Abschließend wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass Bitcoin-Mining aufgrund des verwendeten Konsensalgorithmus sehr energieintensiv ist und laut früheren Studien erhebliche Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt haben könnte, insbesondere in Bezug auf Stromversorgung aus fossilen Quellen, der Erschöpfung von Erzen und das Problem des Elektronikschrotts.

Der jährlich durch das Bitcoin-Mining erzeugte Elektroschrott könnte sich auf 10.948 t belaufen.

Auszug aus der Studie

Fazit

In dieser Studie des renommierten Wissenschaftsmagazins wird das „neue Narrativ“ von Bitcoin fortgeführt, indem ein vielversprechendes Bild für das Bitcoin-Mining als Beschleuniger für die Entwicklung erneuerbarer Energien gezeichnet wird. Die Studie verdeutlicht, dass das wirtschaftliche Potenzial von Wind- und Solaranlagen vor der kommerziellen Betriebsphase durch die Integration von Bitcoin-Mining erhöht wird und die verbundenen Klimaprobleme entschärft werden können.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Bitcoin-Mining, eine Tätigkeit, die aufgrund ihres energieintensiven Charakters oft kritisiert wird, als Brücke zur Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien dienen könnte. Das Bitcoin-Mining erwies sich in allen untersuchten geplanten Anlagen als rentabel, und durch die Anwendung dieses Ansatzes könnten Investoren wirtschaftliche Erträge aus ansonsten ungenutzten Anlagen erzielen. Gleichzeitig könnte diese Strategie den Klimaauswirkungen des herkömmlichen Bitcoin-Minings entgegenwirken, das auf fossil dominierte Netze angewiesen ist. 

Auszug aus der Studie

Regierungen und Energieunternehmen sollten das Berechnungsmodell der Studie für ihre eigenen Projekte verwenden. Diese Studie löst zum Beispiel ein Problem in Großbritannien, wo Wind- und Solaranlagen jahrzehntelang ungenutzt bleiben sollen. Sie berücksichtigt jedoch nicht das Potenzial von Bitcoin während der kommerziellen Betriebsphase der Solar- und Windkraftanlagen. 

Dass Bitcoin noch weiteres Potenzial für die Schaffung einer nachhaltigeren Zukunft hat, wird durch die Konzepte der Reduzierung von Methangas-Emissionen auf Mülldeponien deutlich, die in dieser Studie auch nicht erwähnt wurden. 

Somit sollte nun auch für die letzten Kritiker von Bitcoin klar sein, dass die meisten Kritikpunkte in Bezug auf die Umwelt-Auswirkungen des Netzwerks endgültig nicht mehr haltbar sind.