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Großbritannien will Ökostrom jahrzehntelang ungenutzt lassen – Kann Bitcoin helfen?

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Laut eines Berichts der BBC reicht die Kapazität des britischen Stromnetzes momentan nicht aus, um alle neu geschaffenen Solar- und Windkraftanlagen anzuschließen. Die Wartezeit für den Anschluss beträgt bis zu 15 Jahre und gefährdet dadurch die Klimaziele des Vereinigten Königreichs. Kann Bitcoin-Mining bei der Lösung dieses Problems helfen?

Grüne Energieprojekte stehen still

Bis zum Jahr 2035 beabsichtigt Großbritannien bei der Stromproduktion keine CO₂-Emissionen mehr aufzuweisen. Zu diesem Zweck wurden seit 2010 circa 198 Milliarden Pfund in die Infrastruktur der Ökostromprojekte investiert. 

Im Jahr 2022 hat vor allem die Produktion von Windenergie dazu beigetragen, dass fast die Hälfte des im Land erzeugten Stroms emissionsfrei war. 

Anteil der erneuerbaren Energiequellen am produzierten Strom in TWh, 2000-2021.
Quelle: Department for Business, Energy and Industrial Strategy
Gesamtanteil der Stromquellen in Großbritannien im Jahr 2022. Quelle der BBC: National Grid Electricity System Operator.

Trotzdem werden schätzungsweise das Vierfache der momentan vorhandenen Windkraftanlagen sowie das Fünffache der Solaranlagen benötigt, um das Klimaziel zu erreichen. Zusätzlich muss die Infrastruktur weiter ausgebaut werden, damit der erzeugte Strom überhaupt in das nationale Stromnetz aufgenommen werden kann. Die neuen Anträge für einen Anschluss ans Netz übersteigen derzeitig die Kapazitäten des Netzes. Laut BBC warten derzeit 1100 Projekte im Wert von 200 Milliarden Pfund auf den Netzanschluss. 40% davon müssen mindestens ein Jahr auf den Anschluss warten – andere Projekte, wie zum Beispiel einige Anlagen des Energieunternehmens Octopus Energy, sogar bis zu 15 Jahre.

Wir haben derzeit eine der längsten Netzwarteschlangen in Europa.

Zitat von Zoisa North-Bond, Geschäftsführerin von Octopus Energy Generation.

Die momentan im Bau befindlichen Ökostromanlagen müssen entweder gestoppt werden oder bleiben nach der Fertigstellung ausgeschaltet.

Während dadurch auf nationaler Ebene die Klimaziele höchstwahrscheinlich nicht erreicht werden, fehlen auf regionaler Ebene die geplanten Einnahmen durch den Verkauf dieser regenerativen Energie. Zum Beispiel sollte das Geld der Kunden beim Verkauf des produzierten Stroms der neuen Solaranlage in der Stadt Torquay im Südwesten Englands zur Finanzierung lokaler Dienstleistungen verwendet werden.

Umstrukturierung der Strominfrastruktur

National Grid – das nationale Hauptstromsystem, das Strom in England und Wales an die regionalen Netzbetreiber weiterleitet – will außerdem nur noch die vielversprechenden Projekte in die Warteschlange aufnehmen. Eine umfangreiche Umstrukturierung des Netzes in Form des Ausbaus der benötigten Infrastruktur sei ebenfalls geplant und wird von den regionalen Netzbetreibern mit Nachdruck gefordert. Ein neuer Aktionsplan der Regierung, der eine Zukunft mit grüner, sicherer und vor allem billiger Energie anstrebt, soll noch in diesem Jahr bekannt gemacht werden.

Eine umfangreiche Modernisierung des Netzes erfordert jedoch neue und enorme Investitionen.

Dafür wird National Grid mit der Zustimmung der Energieregulierungsbehörde Ofgem in den nächsten 40 Jahren zusätzlich 20 Milliarden Pfund von den Kundengeldern verwenden. Dabei sollen die Rechnungen der Kunden, die aufgrund der steigenden Gaspreise durch den Ukraine-Krieg im letzten Jahr in die Höhe schnellten, nur noch minimal ansteigen.

Bitcoin-Mining als Problemlösung?

Anstatt die fertiggestellten Ökostromanlagen in Großbritannien jahrzehntelang ungenutzt zu lassen, wäre es für die britische Regierung vielleicht sinnvoller, die Stromproduktion durch die Anlagen anderweitig zu monetarisieren, um den Ausbau der Strominfrastruktur zu beschleunigen.

Eine optimale Lösung für das Problem der nicht genutzten grünen Energie könnten mobile und modulare Rechenzentren sein, die nach Belieben aktiviert und deaktiviert werden können, um mit dem gestrandeten, kostengünstigen Strom temporäre Berechnungen durchzuführen. Dazu zählen vorwiegend emissionsfreie Rechenzentren zum Bitcoin-Mining oder für Berechnungen von künstlicher Intelligenz

Dabei kann das Vereinigte Königreich den Strom an Unternehmen verkaufen, die derartige Rechenzentren zur Verfügung stellen, einrichten und verwalten – so ähnlich wie es das Unternehmen Crusoe Energy Systems für Gas-Flaring anbietet. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Rechenzentren selbst zu finanzieren und zu verwalten, um dann vom Endprodukt zu profitieren, d.h. beispielsweise selbst geschürfte Bitcoin zu verkaufen. El Salvador und Bhutan sind offizielle Vorreiter auf dem Gebiet des staatlichen Bitcoin-Minings. Großbritannien könnte mit eigenen staatlichen Bitcoin-Mining-Anlagen der Vorreiter in Europa werden und gleichzeitig den Ausbau regenerativer Energiequellen fördern und die Klimaziele erreichen. Ob Bitcoin tatsächlich als Lösung des Problems wahrgenommen wird, wagen wir jedoch zu bezweifeln.