Die Kapazität des Lightning Netzwerks durchbrach gestern zum ersten Mal die Marke von 5000 BTC. Erst vor 4 Monaten erreichte diese zum ersten Mal 4000 BTC und zeigt, dass trotz des anhaltenden Bärenmarktes die Adoption des Lightning Netzwerks immer weiter zunimmt. Allerdings gab es auch kritische Stimmen zu diesem Event, da erste Anzeichen einer Zentralisierung zu erkennen sind.

Lightning Netzwerk setzt Wachstum fort

Das Lightning Netzwerk ist das wichtigste Second-Layer Netzwerk von Bitcoin und versucht eine Skalierung der Bitcoin Blockchain auf einer zweiten Netzwerkschicht zu ermöglichen. Nutzer können in sekundenschnelle und fast ohne Gebühr kleinste Bitcoin-Beträge senden und empfangen.

Das Whitepaper des Lightning Netzwerks wurde im Jahr 2016 veröffentlicht und es startete im Jahr 2018 mit der ersten Beta-Version auf dem Bitcoin Mainnet. Bis Mitte letzten Jahres fand das Lightning Netzwerk kaum Nutzer und die Kapazität des Netzwerks lag zwischen 1000 und 1500 BTC.

Kritiker bemängelten deshalb die fehlende Adoption des Lightning Netzwerks und erklärten teilweise das Projekt für gescheitert. Mitte letzten Jahres änderte sich dies und die Kapazität des Netzwerks nahm rapide zu. Vor allem die Entscheidung von El Salvador, den Bitcoin als gesetzlichen Zahlungsmittel anzuerkennen, halfen den Bekanntheitsgrad des Lightning Netzwerks zu steigern.

Zusätzlich konnte auch ein steigendes Interesse von Unternehmen im Lightning Netzwerk beobachtet werden. MicroStrategy veröffentlichte erst kürzlich eine Stellenausschreibung für einen Lightning-Entwickler. Aber auch auf institutioneller Ebene kann dieser Trend beobachtet werden. Das Unternehmen NYDIG gab beispielsweise bekannt, ein Accelerator Programm für das Lightning Netzwerk zu starten.

Diese Adoption macht sich auch in der Kapazität des Netzwerks bemerkbar. Vor einem Jahr befanden sich knapp 3000 BTC im Netzwerk. Dies ist im Jahresvergleich ein Plus von 60% und verdeutlicht das rapide Wachstum. Erstaunlich hierbei ist, dass das Wachstum trotz des anhaltenden Bärenmarktes aufrechterhalten werden kann und deutet darauf hin, dass es sich um ein organisches Wachstum handelt, welches nicht nur von dem Hype des steigenden Bitcoinpreises getrieben wird.

Die Kapazität des Lightning Netzwerks erreicht zum ersten Mal 5000 Bitcoin. Quelle: Glassnode

Wachstum auf Kosten der Zentralisierung?

Während für viele der Anstieg der Kapazität ein Zeichen für die Adoption des Lightning Netzwerks ist, sehen andere die Entwicklung des Lightning Netzwerks eher kritisch. Der bekannte Bitcoin-Experte Matt Odell äußerte auf Twitter seine Kritik, dass viele Lightning Nutzer auf zentralisierte Zahlungsanbieter zurückgreifen, anstatt eine eigene Lightning Node zu betreiben.

Dies hat mehrere Konsequenzen. Zum einen führt dies zu einer Zentralisierung des Netzwerks. Die Nodes von zentralisierten Zahlungsanbietern besitzen die meiste Liquidität und zugleich verwalten diese die meisten Zahlungskanäle. Ein Ausfall der wichtigen Nodes hätte Folgen für das gesamte Netzwerk.

Gleichzeitig gelten für das Lightning Netzwerk dieselben Regeln wie für die Basisschicht des Bitcoin-Netzwerks. Denn auch hier trifft der Spruch „Not your keys, not your coins“ zu. Wer einen zentralisierten Anbieter im Lightning Netzwerk verwendet, vertraut der Drittpartei, dass diese für die Sicherheit der Gelder sorgt. Für kleine Geldbeträge mag dies jedoch in Ordnung und verschmerzbar sein, allerdings ist die Kritik durchaus berechtigt. Zugleich sind zentralisierte Anbieter verpflichtet, regulatorische Maßnahmen der Regierungen umzusetzen. Odell sprach diesen Punkt an und prognostizierte ein verpflichtendes Know-Your-Customer Verfahren (KYC) für zentralisierte Anbieter:

"Eines Tages wird jeder, der Wallet of Satoshi verwendet, sein Geld verlieren oder gezwungen werden ein KYC-Verfahren zu durchlaufen und die meisten werden dann schockiert sein.

Not your keys, not your coins!"

Matt Odell

Der Trend, dass immer häufiger zentralisierten Zahlungsanbieter vertraut wird, anstatt über eine eigene Node die Zahlungen zu verwalten, nimmt bereits zu. Dies lässt sich anhand der Zahlen der sehr beliebten Lightning App Wallet of Satoshi ablesen. Im Durchschnitt verarbeitete die App zwischen August und Oktober täglich 9928 Transaktionen. Im März letzten Jahres lag dieser Wert noch bei 4902. Auch die Anzahl der gesamten Lightning Zahlungen von Wallet of Satoshi nimmt exponentiell zu und erreichte im Oktober 4,5 Millionen Zahlungen.

Wie schlimm ist die Zentralisierung des Lightning Netzwerks?

Wer zentralisierte Zahlungsanbieter, wie Wallet of Satoshi verwendet, setzt sich einem Kontrahenten-Risiko aus. Nur wer seine eigene Lightning-Node betreibt, besitzt seine Bitcoins im Lightning Netzwerk auch wirklich selbst.

Allerdings muss auch berücksichtigt werden, dass es sich beim Lightning Netzwerk um Second-Layer Netzwerk von Bitcoin handelt. Bestimmte Trade-offs zur Zentralisierung des Netzwerks, welche auf der Basisschicht von Bitcoin inakzeptabel wären, sind auf dem Lightning Netzwerk hinnehmbar. Schließlich wurde das Lightning Netzwerk zur Skalierung der Bitcoin-Blockchain geschaffen und nicht als ein zensurresistentes Netzwerk, welches Bitcoin bereits ist.

Des Weiteren kann die Nutzung von zentralisierten Zahlungsanbietern den Einstieg für Anfänger erleichtern. Für einen Großteil der Nutzer ist die Einrichtung einer Lightning Node und das Öffnen von Zahlungskanälen technisch zu herausfordernd und kann diese sogar abschrecken. Der bekannte deutsche Bitcoin-Investor und CEO des HighTech Gründerfonds, Alex von Frankenberg, benutzt beispielsweise regelmäßig die Wallet of Satoshi App, um Anfänger an Bitcoin heranzuführen und ihnen einen ersten Einblick in die Funktionsweise von Bitcoin als Geld zu geben.

Die Abwägung zwischen Nutzerfreundlichkeit und möglicher Zentralisierung des Lightning Netzwerks wird auch in Zukunft ein Thema bleiben. Solange allerdings jeder Netzwerkteilnehmer die Möglichkeiten besitzt, von der zensurresistenten Eigenschaft der Basisschicht von Bitcoin zu profitieren, kann das Lightning Netzwerk Trade-offs zur Zentralisierung zumindest bis zu einem gewissen Grad eingehen.