Bereits Ende April berichtete Blocktrainer.de darüber, dass die US-Kryptobörse Coinbase derzeit gegen die Aufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) klagt. Der Anwalt und Jura-Blogger "MetaLawMan" machte nun auf neue Entwicklungen in diesem Fall aufmerksam. Wie aus einem veröffentlichten Gerichtsdokument hervorgeht, hat sich jetzt auch die US-Handelskammer (U.S. Chamber of Commerce) in den Rechtsstreit eingemischt und schwere Vorwürfe gegen die Regulierungsbehörde erhoben. Die Handelskammer wirft der SEC ein "rechtswidriges" Vorgehen im Bereich der digitalen Vermögenswerte vor und macht auf die Unsicherheit und Unklarheit bei der Regulierung von Kryptowährungen aufmerksam.

Chamber of Commerce vs. SEC

Als eine der einflussreichsten US-Organisationen, die Unternehmen aus sämtlichen Branchen in den Vereinigten Staaten vertritt - und nicht ausschließlich im Bereich der Kryptowährungen – verleiht die US-Handelskammer ihren Einwänden gegenüber der SEC eine erhebliche Bedeutung. Das Dokument stellt ein sogenanntes "Amicus Curiae" dar, was wörtlich übersetzt, "Unterstützer des Gerichts" bedeutet. Dabei handelt es sich um Stellungnahmen, die sachkundige Personen oder Organisationen in einem gerichtlichen Verfahren abgeben, um das Gericht bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Die Handelskammer beginnt mit der Feststellung, dass derzeit niemand mit Gewissheit sagen könne, welche digitalen Vermögenswerte nach Bundesrecht als "Wertpapiere" einzustufen seien. Damit lenkt die Handelskammer erneut die Aufmerksamkeit auf die dringende Notwendigkeit einer klareren Regulierung und Definition von Kryptowährungen und anderen digitalen Vermögenswerten.

"Zum heutigen Zeitpunkt kann niemand mit Gewissheit sagen, welche digitalen Vermögenswerte, wenn überhaupt, als "Wertpapiere" nach Bundesrecht gelten. Dies ist jedoch keine unbedeutende Frage. Sie hat immense Auswirkungen für alle Personen, die an der billionenschweren Wirtschaft der digitalen Vermögenswerte teilnehmen."

US Chamber of Commerce

Die US-Handelskammer führt in ihrer Argumentation drei wesentliche Punkte an. Erstens wird betont, dass die regulatorische Unsicherheit in den Vereinigten Staaten die Innovationskraft erstickt. In einem sich schnell entwickelnden Sektor wie dem der Kryptowährungen sei eine klare und verlässliche Regulierung von größter Bedeutung, um Innovationen zu fördern und Investitionen anzuziehen.

Zweitens wirft die Handelskammer der SEC vor, dass ihre Handlungen das regulatorische Umfeld für digitale Vermögenswerte destabilisieren. Die mangelnde Klarheit in Bezug auf die Einstufung von Kryptowährungen als "Wertpapiere" führe zu Verwirrung und Unsicherheit bei Unternehmen, Investoren und der gesamten Branche.

Als dritten Punkt bringt die Handelskammer die Verletzung verfassungsmäßiger Grundsätze des rechtsstaatlichen Verfahrens und des rechtmäßigen Hinweises ins Spiel. Die SEC müsse den betroffenen Akteuren im Voraus klare Richtlinien und Informationen zur Verfügung stellen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Aktivitäten im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Vorschriften auszuüben.

Die US-Handelskammer geht sogar so weit zu erklären, dass die Maßnahmen der SEC nicht nur schädliche politische Entscheidungen darstellen, sondern gegen geltendes Recht verstoßen. Damit bezieht sie eindeutig Stellung zugunsten der Kryptobranche und verdeutlicht, dass die SEC ihre Handlungen auf rechtlichem Fundament rechtfertigen muss.

Auch JPMorgan übt Kritik

Die Großbank JPMorgan äußerte sich zwar nicht im Zusammenhang des Coinbase-Verfahrens kritisch gegen die SEC, sondern aufgrund eines geplanten Gesetzesvorschlags im Hinblick auf die Kryptoverwahrung. Denn die jüngsten Pläne der Börsenaufsichtsbehörde, wonach registrierte Investment- oder Anlageberater sämtliche Vermögenswerte ihrer Kunden, einschließlich Kryptowährungen, bei zugelassenen Treuhändern verwahren müssen, stoßen nicht nur in der Krypto-Community auf Unmut. Ein ungewöhnlich vielfältiges Bündnis von Kritikern, darunter auch Namen wie JPMorgan und die Small Business Administration (SBA), äußerte lautstark Bedenken gegenüber der Regelung.

"Die vorgeschlagene Regelung würde weder den Verbraucherschutz noch die Marktklarheit auf den traditionellen Finanzmärkten verbessern. Stattdessen würde sie die traditionellen Verwahrungspraktiken und den Umfang einer Reihe von Angeboten verändern, die bereits strengen Regulierungs- und Aufsichtsstandards unterliegen, von denen einige die nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kommission fallen."

JPMorgan

Die SBA warnt in einem Schreiben ihrer leitenden Rechtsanwälte davor, dass die SEC die Auswirkungen ihres Vorschlags "drastisch unterschätzt". Die damit verbundenen Kosten könnten kleinere Anlageberater gefährden und zu einer Konsolidierung der Branche führen oder sie sogar aus dem Geschäft drängen.

Fazit

Die Zweifel an der regulatorischen Herangehensweise der weltweit wichtigsten Aufsichtsbehörde werden nicht nur im Krypto-Sektor immer stärker. Nachdem vor kurzem bereits der erste Politiker die Absetzung des SEC-Vorsitzenden Gensler gefordert hatte und dieser beim Finanzausschuss zum Rapport antreten musste, schalten sich nun auch einflussreiche Banken und Wirtschaftsorganisationen in die Debatte ein. Der Druck auf Gensler und seine Behörde wird damit immer größer. Dass sich nun auch die Handelskammer, Großbanken und ähnliche Institutionen kritisch gegen die SEC äußern, macht die Situation von Gensler und seiner Behörde nicht einfacher. Vor allem im Hinblick auf das laufende Verfahren zwischen der Aufsichtsbehörde und Coinbase wird es spannend sein zu beobachten, wie das Gericht die Situation einschätzen wird.