Gary Gensler, der Chef der Securities and Exchange Commission (SEC) steht unter Druck. Am heutigen 18. April muss er sich vor einem Untersuchungsausschuss verantworten. Es geht um die insolvente Kryptobörse FTX und sein immer härteres Vorgehen gegen den noch jungen Sektor. Seine Behörde hat Klageandrohungen gegen mehrere Firmen, darunter auch gegen US-Riese Coinbase, veröffentlicht. Erst gestern veröffentlichte die Behörde eine Pressemitteilung, dass auch die bekannte Handelsplattform Bittrex und deren CEO wegen des Verkaufs von unregistrierten Wertpapieren angeklagt werden sollen. Auch der beliebten Kryptobörse Kraken warf man selbiges vor. Im Zuge dessen fordert ein US-Politiker bereits die Absetzung Genslers.

Politiker fordert Absetzung

Die politische Gegenwehr gegen die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) und ihren Vorsitzenden Gary Gensler wächst. Der jüngste Vorstoß gegen die Regulierungsbehörde kommt vom US-amerikanischen Abgeordneten Warren Davidson aus Ohio. Davidson hat angekündigt, ein Gesetz einzuführen, das Gensler als SEC-Chef entfernen soll, um "eine lange Reihe von Missbräuchen" zu korrigieren.

In Bezugnahme auf Paul Gerwal, dem Chief Legal Officer bei Coinbase, der sich über die derzeitige Vorgehensweise der SEC beschwerte:

"Vielmehr weitet die gegenwärtige Kommission ihren Regelungsbereich aggressiv aus, um Probleme zu lösen, die gar nicht existieren. Die gegenwärtige Kommission behandelt ihren grundlegenden Ansatz zur Börsenregulierung als etwas, das nicht geändert werden darf - oder gar kann -, um Raum für neue Technologien oder neue Arten der Geschäftsabwicklung zu schaffen. Die gegenwärtige Kommission sagt Unternehmern, die versuchen, neue Dinge auf unseren Märkten zu tun, dass sie sich registrieren lassen sollen, und wenn diese Unternehmer feststellen, dass sie das nicht können, lehnt die Kommission die Möglichkeit ab, praktische Anpassungen an unserem Registrierungsrahmen vorzunehmen. Die gegenwärtige Kommission behandelt das Verfahren der Bekanntmachung und Kommentierung von Vorschriften nicht als Dialog, sondern als eine Drohung."

Paul Grewal, CLO bei Coinbase

"Genau. Um eine lange Reihe von Missbräuchen zu korrigieren, bringe ich eine Gesetzgebung ein, die den Vorsitzenden der Securities and Exchange Commission absetzt und durch einen Exekutivdirektor ersetzt, der dem Verwaltungsrat untersteht (wo die Autorität liegt). Ehemalige Vorsitzende der SEC sind nicht mehr wählbar."

Warren Davidson

Etwas später schrieb er ebenfalls bei Twitter: "Gary Genslers Versagen beim Schutz der Anleger und sein Machtmissbrauch machen deutlich, dass eine Umstrukturierung der SEC notwendig ist."

Anhörung vor dem Finanzausschuss

Zu den aktuellen Geschehnissen wird der SEC-Chef Gary Gensler, heute (10:00 Uhr Eastern Time - 16 Uhr deutscher Zeit) vor das House Financial Service Committee, den Finanzausschuss, zitiert. Dort soll er sich für das behördliche Versagen im Hinblick auf den Fall der insolventen Kryptobörse FTX und das aktuelle Vorgehen seiner Behörde gegen die Kryptobranche verantworten.

Der Widerstand wächst

Zu Beginn von Genslers Karriere als SEC-Vorsitzender waren die Erwartungen an ihn seitens der Krypto-Community noch ziemlich hoch. Der Chef-Regulierer gab schließlich vorher bereits Kurse am MIT zu den Themenbereichen Bitcoin und Kryptowährungen. Jemanden an der Spitze der Aufsichtsbehörde zu haben, der tatsächlich Ahnung von der Thematik hat, klang für viele verlockend. Besonders in der Bitcoin-Community war Genlser in der Vergangenheit relativ beliebt, da er des Öfteren zum Ausdruck brachte, dass es erhebliche Unterschiede zwischen Bitcoin und dem Gros an Altcoins gibt.

Dass nun ziemlich genau zwei Jahre nach Genslers Amtseinführung der gesamte Markt regulatorisch noch immer vor sich hindümpelt, es keine klaren Regeln und Aussagen gibt, täglich Leute durch Altcoin- und andere Scams betrogen werden und Börsenbetreiber keine Ahnung haben, was genau von ihnen regulatorisch verlangt wird, stößt vielen Leuten mittlerweile sauer auf. Der Widerstand gegen die derzeitige SEC-Führung und allen voran Gary Gensler wächst.

Der bekannte Gründer der Plattform Messari.io, Ryan Selkis, kommentierte beispielsweise gestern bei Twitter unter einem Video von Gary Gensler:

"Sie sind eine schamlose Blamage für das Land, der sich daran ergötzt, dass er die Mandate seiner eigenen Behörde untergräbt, und der feige persönliche Ambitionen über den Schutz von Investoren und den Fortschritt des Landes stellt."

Dass die SEC starr an alten Regularien, die für den traditionellen Wertpapiermarkt gelten, festhält, anstatt sich dynamisch dem neuen Markt der Kryptowerte anzupassen, monieren ebenfalls zahlreiche Marktteilnehmer und Experten.

"Aber wer wurde geschützt, Gary? - Das ist Ihr Job, nicht das Nachplappern einer klaren politischen Maskerade. Sie haben übersehen, dass es weltweit 1500 Börsenplätze gibt. Das ist nicht die einzige Handelsbörse in New York. Akzeptieren Sie den Wandel. Hören Sie auf, Gesetze von 1930 auf die Technologie von 2023 anzuwenden. Das wäre naiv. Denken Sie 5 Jahre weiter und denken Sie an Ihren Ruf. Denken Sie an die Zukunft, Gary. Technologie zu drosseln, führt nur dazu, dass diese ins Ausland abwandert."

Was käme nach Gensler?

Bei allem Verständnis für die Kritik und auch die Forderung nach Genslers Rücktritt, muss man sich jedoch die Frage stellen: "Was käme danach"? Es gibt bisher keinen klaren Kandidaten, der als Nachfolger gehandelt würde. Ein neuer SEC-Chef könnte eine andere Haltung zur Kryptoregulierung einnehmen und möglicherweise weniger streng sein als Gensler. Andererseits könnte es auch sein, dass ein neuer Chef die von Gensler begonnenen Regulierungsmaßnahmen fortsetzt oder sogar verschärft.

Sollte jemand den Vorsitz erlangen, der weder die Technik noch das Bitcoin-Ethos versteht, könnte der oder diejenige schnell zum gefundenen Fressen für die Krypto-Lobby werden, die "Pro Krypto" und "Kontra BTC"-Regulierung pushen will. Zentrale Projekte mit staatlicher Legitimation, Peak-Fiatgambling und Ähnliches könnten die Folge daraus sein.

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass jemand Gensler ersetzen würde, der tatsächlich positiv für den Markt wäre und das Thema endlich zeitgemäß angeht, den Nutzen und die Unterschiede von Bitcoin im Vergleich mit Altcoins erkennt, tatsächlichen Investorenschutz betreibt und die notwendigen Regularien für Börsenbetreiber verschlankt und deutlich macht.

Aber seien wir mal ehrlich... wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit dafür?

Aktuell ist ohnehin unklar, ob Warren Davidson mit seiner Gesetzesvorlage überhaupt Erfolg hat und Gary Gensler abgesetzt wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist wohl nicht sehr hoch. Vielleicht haben die aktuellen Geschehnisse aber dennoch einen positiven Einfluss auf die Regulierungspraktiken der SEC und Gensler persönlich. Wir werden die gesamte Situation definitiv gespannt weiter verfolgen.