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Bhutan setzt heimlich auf Bitcoin: Der Weg zur wirtschaftlichen Eigenständigkeit?

Am von

Im Zuge der Untersuchungen rund um die bankrotten Unternehmen des Krypto-Lending-Sektors BlockFi und Celsius wurde nun bekannt, dass das kleine, zwischen China und Indien gelegene Königreich Bhutan schon seit Jahren heimlich Bitcoin akkumuliert.

Insolvenzen lüften das Geheimnis

Laut eines Berichtes von Forbes geht aus den Insolvenzunterlagen von Celsius und BlockFi hervor, dass Bhutan respektive die staatseigene Investmentgesellschaft namens Druk Holdings and Investments (DHI) ein institutioneller Kunde der beiden Unternehmen war. So habe DHI zwischen April und Juni 2022 bei Celsius mehr als 65 Millionen US-Dollar abgehoben oder geborgt und 18 Millionen US-Dollar eingezahlt. Dies geschah in Form von digitalen Vermögenswerten, darunter Bitcoin, Ether, Tether und einige andere Kryptowährungen. Obwohl DHI versichert hatte, dass die Kredite gänzlich zurückgezahlt wurden, steht noch immer eine Forderung von BlockFi im Raum, einen angeblich noch nicht vollständig beglichenen Kredit in Höhe von 30 Millionen US-Dollar zurückzuzahlen, den sich DHI im Februar 2022 in dem Stablecoin USDC von BlockFi borgte. Angeblich geht es um einen Restbetrag von 820.000 US-Dollar, da BlockFi bereits eine Sicherheit von 1888 Bitcoin liquidiert hatte, die zum Zeitpunkt der Kreditvergabe mehr als 76 Millionen US-Dollar wert waren. Sowohl BlockFi als auch DHI wollen sich diesbezüglich bisher nicht weiter äußern.

Doch was hat das Königreich Bhutan mit all diesem Geld gemacht?

Bhutan ist ein kleines Land zwischen China und Indien.
Quelle: OSM

Bitcoin-Mining mit Wasserkraft

Der CEO von DHI, Ujjwal Deep Dahal, hatte bemerkt, dass sich Bhutan Kredite in Form von digitalen Vermögenswerten borgte, um „gewisse Investitionen“ zu tätigen. Ein weiterer Regierungsvertreter äußerte sich gegenüber einer lokalen Zeitung, dass Bhutan schon seit einigen Jahren Mining von Kryptowährungen betreibt, hauptsächlich Bitcoin, da es sicherer als andere digitale Assets sei. Nur ein sehr kleiner Anteil vom Mining fiel auf Ethereum, was sich mit dem Umstieg auf Proof-of-Stake und der Beseitigung der Miner durch die Ethereum-Foundation nun gänzlich erledigt hat.

Über den Umfang und die Profitabilität des bhutanischen Bitcoin-Minings kann nur spekuliert werden, da konkrete Daten und Details nicht genannt werden und der bhutanische Finanzminister dazu schweigt. Es wurde lediglich bekannt gemacht, dass DHI den Einstieg ins Mining wagte, als der Bitcoin-Preis bei 5.000 US-Dollar stand, was auf die drei Jahre von 2017 bis 2019 zutrifft. Ab und zu wurden einige Bitcoin verkauft, um die Stromrechnungen sowie das Equipment fürs Mining zu bezahlen. Ansonsten wurden die meisten Bitcoin gehalten und keinem weiteren Risiko ausgesetzt.

Durch die Wasserkraft verfügt das kleine Land Bhutan über enorme Stromreserven, die zum ökonomischen Motor des Landes geworden sind. So werden durch die erneuerbare Energie nicht nur die 800.000 Einwohner des Landes mit Strom versorgt, sondern auch 30 % des bhutanischen Bruttoinlandsproduktes erzeugt. Ein großer Anteil des erzeugten Stroms wird auch nach Indien exportiert. Nun wurden die Stromreserven auch heimlich für den Aufbau eines eigenen Mining-Unternehmens verwendet, was die Regierung weder seinen internationalen Partnern noch seinen Bürgern mitteilte. Bezogen auf die Priorität der Stromreserven muss sich das Mining hinter dem Strom für die Bürger, die lokale Industrie und den privaten Sektor einordnen. Doch neben El Salvador ist Bhutan nun eins der wenigen Länder, die eigene Bitcoin-Mining-Anlagen betreiben. 

Bhutan ist mit seinen zahlreichen Wasserkraftwerken, die unter anderem auch von der Investmentgesellschaft DHI betrieben werden, sowie den kühlen Gebirgslandschaften des Himalayas perfekt für das grüne, nachhaltige Bitcoin-Mining ohne CO₂-Emissionen geeignet. Zusätzlich wird dadurch ein Beitrag für das immer nachhaltiger werdende Bitcoin-Netzwerk geleistet. Mit sehr preisgünstigem Strom und perfekten klimatischen Bedingungen finanziert sich das Mining fast von allein. In den Wintermonaten wird das Mining eingestellt oder ggf. zusätzliche günstige Energie aus Indien importiert, um den Betrieb der Miner ohne Beeinträchtigung der anderen Sektoren fortsetzen zu können.

Anstieg der Chip-Importe

Die Chip-Importe geben einige Hinweise auf den Umfang des bhutanischen Bitcoin-Minings. Während sonst Benzin, Stahl und Reis zu den Top-Importen des Landes zählten, waren es in den Jahren 2021 und 2022 Prozessoren und Computer-Chips, die die Liste anführten. Während im Jahr 2020 die Ausgaben für Chip-Importe circa 1,1 Millionen US-Dollar betrugen, wurden im Jahr 2021 Chips im Wert von 51 Millionen US-Dollar importiert. Im Jahr 2022 betrug der Umfang circa 142 Millionen US-Dollar, was circa 10 % des Importhandels oder 15 % des jährlichen staatlichen Budgets entsprach. Laut des bhutanischen Finanzministeriums wurden die Chips für „spezielle Projekte“ importiert. Die Daten zeigen, dass die Importe vorrangig aus China und Hong Kong stammten, jedoch nicht wer sie exportierte. 

Laut der Einschätzungen des Klima-Aktivsten und Investors Daniel Batten sorgt Bhutan durch die Importe für einen signifikanten Anteil von circa 0,5 – 1 % der gesamten Hashrate. 

„Laut des heutigen Forbes-Artikels beträgt Bhutans Bitcoin-Mining mit Wasserkraft


* mindestens 53 MW/1,78 EH/s (wenn während des Peaks eingekauft wurde).


* Es ist wahrscheinlicher, dass es 100 MW/3,37 EH/s beträgt (was knapp 1 % der globalen Hashrate entspricht).

Das ist ziemlich bedeutend.

Berechnungen beiliegend.“

Daniel Batten auf Twitter

Von den Importen aus den Jahren 2021 und 2022 schlussfolgert Batten, dass circa 190 Millionen US-Dollar für ASIC-Miner des Modells S19JPro ausgegeben wurden, die zum Höchststand im vierten Quartal 2021 $106,17/TH kosteten. Im ungünstigsten Fall hätte Bhutan somit 53 MW oder 1,78 EH/s importiert, was circa 0,5 % der weltweiten Hashrate entspricht.

Aus dem Forbes-Artikel geht jedoch auch hervor, dass Bhutan in Kontakt mit verschiedenen Mining-Unternehmen und -Pools steht, wobei das chinesische Unternehmen Bitdeer eine weitere 100-MW-Anlage in Bhutan für das Jahr 2024 plant und von einer Gesamtleistung des Landes von 550 MW spricht. 

„Wir erwarten, dass wir 100 MW der Gesamtleistung von 550 MW in Bhutan generieren werden, wo der Bau des Mining-Rechenzentrums voraussichtlich im zweiten Quartal 2023 beginnen und im dritten Quartal 2024 abgeschlossen sein wird.“

Investoren-Update von Bitdeer vom 19. April

Deshalb geht Batten eher von 100 statt 53 MW aus, die in den Jahren 2021 und 2022 importiert wurden, was einem Importpreis von durchaus realistischen 56 $/Th entspricht. Dadurch würde Bhutan mit Rechenzentren, die so groß sind wie einige Fußballfelder, etwa 3,37 EH/s oder circa 1 % der weltweiten Hashrate zum Bitcoin-Netzwerk beitragen.

Wirtschaftliche Eigenständigkeit?

Bhutan liegt zwischen China, Indien und Nepal und ist bekannt für seinen symbolträchtigen „Donnerdrachen“ namens Druk (wie die Investmentgesellschaft) sowie seinen buddhistischen Klöstern und sein Engagement für das „Bruttonationalglück“ – ein Index, der verschiedene Bereiche wie Gesundheit, Bildung, Umwelt, Verfügbarkeit von Zeit und seelisches Wohlbefinden umfasst und über das Wirtschaftswachstum gestellt wird.

Das Land war bis 1974 für Ausländer tabu und baute seine Wirtschaft hauptsächlich auf Land- und Forstwirtschaft auf, wobei die Infrastruktur sehr zurückgeblieben war. Durch zusätzliche Konzepte in verschiedensten Bereichen, wie Tourismus und Wasserkraft, probierte das Land eine wirtschaftliche Eigenständigkeit zu erlangen. Jedoch wurde diese Eigenständigkeit durch die inhärenten Nachteile des kleinen Landes ohne Seehäfen, mit begrenzter Nutzfläche und kleiner Bevölkerungszahl behindert. Der wirtschaftliche Rückgang führte schließlich zur Migration von jungen Menschen und Fachkräften nach Australien, Kanada und Großbritannien.

Mit der Corona-Pandemie schloss das Land erneut seine Grenzen für Besucher, wodurch letztlich auch die Tourismus-Branche lahmgelegt wurde. Die Pandemie war letztlich der Grund, dass das isolierte Königreich sich erneut umorientierte und die vierte industrielle Revolution für sich zu nutzen begann.

Bhutan zeigte großes wirtschaftliches Interesse an der Blockchain-Technologie, als es z.B. im Jahr 2021 mit Ripple eine „digitale Zentralbankwährung“ mittels XRP erprobt hat, mit NFT-Kunst experimentierte oder digitale Plattformen für Kohlenstoffkredite und die nationale biometrische ID auf Basis der Blockchain-Technologie einführte. 

Es scheint möglich, dass die Kryptoinvestitionen des Landes mit diesen Digitalisierungsinitiativen zusammenhängen. Dadurch entstand vermutlich auch der Kontakt zu Mining-Unternehmen sowie ein bedeutendes Krypto-Portfolio. Mit einem diversifizierten Investitionsansatz investiert DHI aber auch in traditionelle Märkte wie Aktien und Anleihen sowie in Startups, Immobilien, erneuerbare Energien, Life Sciences, künstliche Intelligenz und Agritech. 

Durch Bitcoin scheint die Investmentgesellschaft DHI nun der erste staatliche Fonds zu sein, der direkt in Kryptowährungen investiert hat, obwohl in den Bilanzen und Jahresberichten des Unternehmens derartige digitale Vermögenswerte und das Bitcoin-Mining nie Erwähnung fanden.

Aufgrund der Tatsache, dass die Investmentgesellschaft das Bitcoin-Mining verschwieg, wird teilweise auch vermutet, dass dahinter auch andere Entitäten bzw. Unternehmen stecken könnten, nachdem China das Mining verbannt hatte und der Mining-Betrieb in anderen Ländern unattraktiver gemacht wurde.

„Es ist keine Überraschung, dass Unternehmen in Bhutan Bitcoin-Mining betreiben. Das gebirgige Land hat im Vergleich zu seiner kleinen Bevölkerung eine enorme Kapazität an Strom aus Wasserkraft und produziert pro Kopf eine ähnliche Menge an Strom wie die Vereinigten Staaten – ein viel reicheres Land. […] Diese billige, ungenutzte Wasserkraft ist zweifellos verlockend für Miner, deren einziger Job es ist, günstigen Strom in Bitcoin zu verwandeln.“

Jaran Mellerud, Bitcoin-Mining-Analyst bei Luxor

Doch letztlich wird von DHI betont, dass der Einstieg in das Mining keine FOMO-Investition, sondern eine Investition in Technologie war, um davon zu profitieren. Sie soll das Leben der Menschen in Bhutan verbessern und eine sichere Zukunft für die nachfolgenden Generationen schaffen – ohne die Nachteile von zentral kontrollierten staatlichen Währungen, wie Inflation und Überwachung. Dazu werden etablierte Krypto-Börsen verwendet und lokale Teams gebildet, die in Verbindung mit internationalen Experten stehen und dementsprechend geschult werden. Vielleicht hält sich das kleine Königreich auch deshalb mit den Aussagen über die Standorte des bhutanischen Bitcoin-Minings sowie über die Menge der von dem Land gehaltenen Bitcoin zurück – es ist einfach nicht ratsam, zu viel Informationen darüber preiszugeben.

Angesichts der stetig steigenden globalen Hashrate kann man sich schließlich die Fragen stellen, ob der Anstieg auch durch weitere Länder verursacht wird, die mit günstigem Strom und passender Infrastruktur heimlich Bitcoin-Mining betreiben, und welche Intention die Länder dabei verfolgen. Ist es die Akkumulation von Bitcoin, der Ausbau der regenerativen Energieinfrastruktur, das Erreichen der wirtschaftlichen Eigenständigkeit oder sogar bereits die Vorbereitung auf einen zukünftigen „Softwar“, bei dem Bitcoin und das Bitcoin-Mining als Machtinstrumente benutzt werden? Letzteres wird in diesem Video thematisiert:

USA werden BITCOIN als Machtinstrument nutzen?! | PFLICHTVIDEO warum SOFTWAR wahrscheinlich ist!