In einem Artikel der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Titel „Das Digitalgeld Bitcoin ähnelt einem Schneeballsystem“ vom Autor (und Professor) Johannes M. Lehner werden die Mechanismen hinter Bitcoin kritisiert. Nach Meinung des Autors würden diese, wie der Titel schon andeutet, einem Schneeball- oder Pyramidensystem ähneln. Dass diese Meinung keine neue ist und in regelmäßigen Abständen von irgendwelchen "Experten" proklamiert wird, ist klar. Es ist jedoch erstaunlich, dass es selbst im Jahr 2023 noch immer Personen gibt, die diese Meinung vertreten. Zuletzt mussten wir im Jahr 2021 einen ähnlichen Beitrag kritisch kommentieren.

Lese-Tipp: Ist Bitcoin doch ein Schneeballsystem? Antwort an die ARD

Bitcoins Unterschiede zu traditionellen Investitionsklassen

Lehner argumentiert, dass Bitcoin entscheidende Unterschiede zu traditionellen Investitionsklassen, wie Aktien oder Gold, aufweist. Hinter Aktien stehen Unternehmen, die Produkte produzieren. Gold wird auch zur Schmuckherstellung genutzt. Dadurch entstehe ein Anreiz für Investoren (Rendite, Dividende) und die klassische Dynamik von Angebot und Nachfrage. Bei Bitcoin fehle dieser „zweiter Kreis“, der mit realen Werten oder Erträgen verbunden ist, Fundamentaldaten kreiert und Bitcoin dadurch stützen würde, heißt es in dem FAZ-Artikel. Somit sei Bitcoin von dem Zustrom neuen Geldes abhängig.

Erst Kriminelle, jetzt Finanzgiganten

Das neue Geld wurde bisher hauptsächlich durch kriminelle Aktivitäten gefördert, fährt Lehner fort. Nun würden etablierte Finanzakteure wie BlackRock versuchen, durch Investitionen und die Einführung von Bitcoin-ETFs den Markt zu beeinflussen, um den Wert von Bitcoin künstlich zu erhöhen. Dadurch würden vor allem auch die Mining-Unternehmen wie Riot Platforms oder Marathon Digital Holdings und letztlich BlackRock selbst profitieren, weil BlackRock durch Aktienkäufe in diese Unternehmen investiert hatte. 

Auch die Zulassung der ETFs durch die US-Regulierungsbehörde SEC könnte den Bitcoin-Kurs stark beeinflussen, obwohl der Autor gleichzeitig meint, dass die Behörde mit der Zulassung zögern und versuchen würde, Kontrolle über Bitcoin auszuüben, um Manipulationen zu verhindern.

Der Autor warnt vor der Übernahme der Digitalwährung durch „Repräsentanten des alten Finanzsystems“ und den sich daraus ergebenen Gefahren. Insbesondere wenn große institutionelle Investoren wie Pensionsfonds in Bitcoin investieren, könnten Kursverluste zu einem Zusammenbruch führen, da diese Fonds Bitcoin in staatliche Währungen umtauschen müssten, um Renten auszahlen zu können. 

Bitcoin – ein Schneeballsystem?

Trotz der Tatsache, dass die Bitcoin-Menge begrenzt und das Bitcoin-Netzwerk transparent und dezentral ist und von niemandem kontrolliert werden kann, verleiht der Autor Bitcoin einen Schneeballsystem-ähnlichen Charakter. Während von den komplementären Investitionen durch BlackRock letztlich ein ganzer Sektor profitieren würde, sei Bitcoin ein „Negativ-Summen-Spiel“, bei dem viele Investoren zwar Geld investieren, aber letztlich keinen echten Wert daraus ziehen könnten.

Kritik am Artikel

Bei einer kritischen Betrachtung des Artikels kann man zunächst feststellen, dass der Professor Lehner viele Vorurteile gegenüber Bitcoin bedient, die eigentlich schon längst ausgeräumt wurden. Der Artikel liest sich, als wäre er der Feder eines Hobby-Journalisten im Jahr 2014 entsprungen. Allein schon die Änderung bzw. Weiterentwicklung der Meinung zu Bitcoin von großen institutionellen Akteuren wie BlackRock, dem IWF sowie auch der einflussreichen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG verdeutlicht die steigende Akzeptanz und weniger Skepsis gegenüber Bitcoin auf dieser Welt. 

Zum Beispiel werden in einem aktuellen Bericht von KPMG die positiven Auswirkungen von Bitcoin auf die Umwelt und Gesellschaft beschrieben. Dabei wird auch klargestellt, dass kriminelle Aktivitäten nur noch minimal mit Bitcoin in Verbindung gebracht werden können.

Letztlich kann die steigende Akzeptanz gegenüber Bitcoin in der Weltbevölkerung, wozu nicht nur Kriminelle und Spekulanten gehören, auf die monetären Eigenschaften von Bitcoin sowie den Defiziten des traditionellen Geldsystems zurückgeführt werden.

Monetäre Eigenschaften von Bitcoin

Bitcoin ist auf circa 21 Millionen Einheiten begrenzt und bis auf acht Dezimalstellen teilbar. Zudem ist Bitcoin dezentraler und leichter übertragbar als andere Formen von Geld und außerdem resistent gegen Zensur und Korruption. Mit Bitcoin ist eine genehmigungsfreie Wertübertragung möglich, ohne von Dritten abhängig zu sein. Bitcoin kann nicht kontrolliert werden – somit auch nicht von der SEC, die bei der Bearbeitung von Bitcoin-ETFs auch eher das begrenzte Angebot von Bitcoin auf dem Schirm hat, als das angebliche manipulative Schneeballsystem, wie es von Lehner behauptet wird.

Die überlegenen monetären Eigenschaften von Bitcoin werden durch eine Kombination aus Kryptografie, einem dezentralen Netzwerk aus Knotenpunkten mit gemeinsamen Konsensregeln sowie dem Prozess des Bitcoin-Minings, der auf Energie und Zeit aus der realen Welt beruht, abgesichert. Dabei werden durch die Währung selbst wirtschaftliche Anreize geschaffen, die die Funktion des Systems ermöglichen, wodurch auch der Glaubwürdigkeit der monetären Eigenschaften Nachdruck verliehen wird. 

Im Durchschnitt werden alle zehn Minuten die Regeln des Netzwerks durchgesetzt, indem auf eine vorhersehbare Weise neue Bitcoin emittiert werden, bis die Obergrenze von 21 Millionen erreicht ist. Das ist ein entscheidender Unterschied zu der unvorhersehbaren Änderung der monetären Basis in Fiatgeld-Systemen, in der die gewollte Inflation zur Entwertung des Geldes führt, Sparen unmöglich ist und diverse risikoreiche Finanzprodukte wie Aktien hervorgebracht werden, in die man investieren soll, um mit der Inflation Schritt zu halten.

Hinter Bitcoin steht kein Unternehmen, keine Organisation und keine Regierung. Es gibt kein Produkt, keinen Einkommensstrom und keine Dividenden. Es geht nicht um das Verdienen von Geld, sondern um die Funktion als Geld und als Wertspeicher, ohne Zukunftsversprechen.

Diese Funktion als Geld verleiht Bitcoin einen Nutzen für viele Menschen – nicht nur zum risikofreien Sparen, sondern auch zur finanziellen Inklusion. Die Grundlage für diesen Nutzen ist das begrenzte Angebot, was letztlich auch die Nachfrage und somit den Wert bestimmt. Aus diesem Grund ist Bitcoin auch kein Schneeballsystem. 

Bitcoin ist kein Schneeballsystem

Hinter Bitcoin steht kein zwielichtiges Unternehmen, das kontinuierlich Verkäufer anwirbt, die Produkte verkaufen und durch das Anwerben weiterer Verkäufer vergütet werden. Wenn die Nachfrage nach dem Produkt nicht mehr besteht, bricht das System zusammen. Das ist ein Schneeballsystem! Bitcoin wirbt keine Verkäufer an und ist auch kein im Überfluss vorhandenes minderwertiges Produkt. Bitcoin hat ein begrenztes Angebot, das auf alle Teilnehmer aufgeteilt wird, egal wie viele sich am Netzwerk beteiligen. Der Wert steigt mit der Akzeptanz. Und die Akzeptanz steigt durch die monetären Eigenschaften bzw. den Nutzen von Bitcoin und den immer spürbarer werdenden Defiziten des Fiatgeldes.

Die Innovation bzw. die monetären Eigenschaften von Bitcoin verleihen dem Netzwerk Qualität und einen Anreiz zur Teilnahme. Doch wenn man andere Menschen über diese souveräne, nicht manipulierbare Form des Geldes informiert und sie zum Mitmachen anregt, bedeutet das nicht automatisch, dass Bitcoin ein Schneeballsystem ist. Dass es selbst im Jahr 2023 noch Menschen wie Prof. Lehner gibt, die Gegenteiliges behaupten, zeigt nur, wie früh wir noch immer in der Entwicklungsphase des Bitcoins sind.