Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vor zwei Tagen, am 12. Juli, einen Bericht mit dem Titel "Mining the environment – is climate risk priced into crypto-assets?" veröffentlicht, in dem die Autoren Isabella Gschossmann, Anton van der Kraaij, Pierre-Loïc Benoit und Emmanuel Rocher angeben, dass sie es für sehr wahrscheinlich halten, dass die EU gegen das Bitcoin-Mining vorgehen wird. Ferner ziehen die Zentralbanker einige krude Vergleiche, zwischen Proof-of-Work (PoW) beziehungsweise Proof-of-Stake (PoS) und Verbrennungs- respektive Elektromotoren. Dass dabei von den Autoren bereits im ersten Satz (und im Laufe des Berichts noch häufiger) der Fehler gemacht wurde, den Stromverbrauch mit dem Energieverbrauch zu verwechseln, spricht darüber hinaus Bände.

EZB kritisiert Proof-of-Work

In dem Bericht versucht die EZB die mit Kryptowährungen verbundenen Klimarisiken zu bewerten und kritisiert im Zuge dessen Proof-of-Work-Blockchains und insbesondere den Bitcoin stark. Gleichzeitig sprechen sich die Autoren für Proof-of-Stake-Netzwerke aus, ohne wirklich auf die Vor- und Nachteile einzugehen. Es ist gar von der "gleichen Funktionalität" und "denselben Ergebnissen" zwischen PoW und PoS die Rede. Quelle? Die Ethereum Foundation. Also gerade jene Stiftung, die hauptverantwortlich für die Entwicklung des Ethereum-Netzwerks ist, welches gerade auf PoS umgestellt wird und die infolgedessen auch ein großes Interesse daran hat, dieses Narrativ zu pushen.

"In diesem Artikel wird das Risiko des Klimawandels bei bestimmten Krypto-Assets erörtert und es werden mögliche politische Maßnahmen der Behörden, einschließlich der aufsichtsrechtlichen Normungsgremien, aufgezeigt. Zu diesem Zweck gibt der Artikel einen Überblick über den geschätzten Kohlenstoff-Fußabdruck bestimmter Krypto-Assets wie Bitcoin und dessen Ursachen. Anschließend wird aufgezeigt, dass es eine alternative und wesentlich weniger energieintensive Blockchain-Technologie gibt, mit der dieselben Ergebnisse erzielt werden können. Schließlich werden mögliche politische Optionen vorgestellt."

- Europäische Zentralbank

Darüber hinaus zeigen sich die EZB-Autoren auch besorgt darüber, dass die Nutzung vorhandener regenerativer Energiequellen für das Bitcoin-Mining zur Folge hätte, dass weniger erneuerbare Energie für andere Zwecke wie etwa die Stromversorgung von Haushalten verwendet werden könnte. Dies würde laut den Ansichten der EZB den Kampf gegen den Klimawandel ausbremsen. Dass das Bitcoin-Mining allerdings auch ortsunabhängig funktioniert und grundsätzlich auch für die Finanzierung der Erschließung von neuen regenerativen Energiequellen genutzt werden könnte, wird wiederum mit keinem Wort erwähnt.

Von Blockchains und Autos...

Wie eingangs bereits erwähnt, verglich die EZB den PoW-Mechanismus mit Benzin- oder Diesel-Verbrennungsmotoren, die es laut deren Meinung langfristig zu verbieten gilt und positionierte den PoS-Mechanismus als die grüne Alternative, die E-Autos, die man fördern müsse. Sogar den gesellschaftlichen Nutzen von Bitcoin beschrieben die Autoren an dieser Stelle als "zweifelhaft" und das, obwohl die Human Rights Foundation bereits seit geraumer Zeit einiges dafür tut, um öffentlich zu machen, welchen gesellschaftlichen Stellenwert Bitcoin in anderen Ländern schon genießt.

"Auch wenn der Nutzen von Bitcoin für die Gesellschaft selbst zweifelhaft ist, kann die Blockchain-Technologie im Prinzip noch unbekannte Vorteile und technologische Anwendungen bieten. Daher könnten sich die Behörden dafür entscheiden, nicht einzugreifen, um die digitale Innovation zu unterstützen. Gleichzeitig ist es schwer vorstellbar, dass die Behörden sich für ein Verbot von Benzinautos während eines Übergangszeitraums entscheiden, aber bei Vermögenswerten des Typs Bitcoin, die auf der PoW-Technologie basieren, ein Auge zudrücken. […] Um bei der Autoanalogie zu bleiben, haben die Behörden die Wahl, die Kryptoversion des Elektrofahrzeugs (PoS) zu fördern oder die Kryptoversion des Autos mit fossilen Brennstoffen (PoW) einzuschränken oder zu verbieten. Ein unbeteiligter Ansatz seitens der Behörden ist zwar möglich, aber höchst unwahrscheinlich, und politische Maßnahmen seitens der Behörden sind wahrscheinlich."

- Europäische Zentralbank

Behördliche Maßnahmen erforderlich?

Die Autoren erklären, dass einige Behörden bereits politische Maßnahmen gefordert haben, um den beträchtlichen Kohlenstoff-Fußabdruck von Bitcoin anzugehen. Infolge der zunehmenden Präsenz von Minern in den nördlichen Regionen Europas haben beispielsweise die schwedische Finanzaufsichtsbehörde und die norwegische Partei Rødt mitgeteilt, dass sie davon überzeugt sind, dass der erhöhte Energieverbrauch von Krypto-Minern ihre Fähigkeit bedroht, das Pariser Abkommen einzuhalten. Sie haben daher die EU aufgefordert, ein Verbot der energieintensiven PoW-Methode zu erwägen.

Was Gschossmann und Co. jedoch nicht erwähnten, ist die Tatsache, dass das geforderte Verbot in Norwegen beispielsweise schon abgewiesen wurde, da man Innovationen nicht verhindern und anderweitig zu einem gut funktionierenden Geldsystem beitragen möchte. Die beiden norwegischen Regierungsparteien äußerten sich damals wie folgt:

„Es ist kein Zufall, dass die Kryptowährung [Bitcoin] im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 seinen Aufschwung erlebte, als das Vertrauen in nationale und internationale Banken und Finanzinstitute auf einem Tiefpunkt war.[…] Das Ziel muss es sein, den Bedarf und die Nachfrage nach Kryptowährung zu verringern, indem zu einem gut funktionierenden Geldsystem beigetragen wird.“

- Regierungsparteien Norwegens

Im weiteren Verlauf des Berichts gehen die Autoren anschließend auf mögliche Maßnahmen ein, die behördliche Entscheidungsträger treffen könnten, um den klimaschädlichen Bitcoin zu bekämpfen. Der EZB zufolge sind politische Maßnahmen wie Offenlegungspflichten, eine CO₂-Steuer auf Krypto-Transaktionen oder -Bestände und ein völliges Verbot des Minings "wahrscheinlich". Solche Maßnahmen würden aber aller Voraussicht nach die weitere Adoption von Bitcoin beeinträchtigen und stellen eine konzertierte politische Anstrengung dar, um vermeintlich umweltfreundlichere Proof-of-Stake-Kryptowährungen durchzusetzen.

Fazit

Der Bericht macht deutlich, welche Agenda die Europäische Zentralbank verfolgt. Während das Narrativ des grünen und umweltfreundlichen PoS-Mechanismus weiter forciert und der PoW-Mechanismus kritisiert wird, ohne auch nur im Detail auf Unterschiede und Auswirkungen einzugehen, soll der Artikel vor allem FUD (Angst, Unsicherheit, Zweifel) in den Köpfen der Anleger schaffen. Denn im Grunde besteht der gesamte Text nur aus schwammigen Aussagen und Vergleichen sowie reiner Spekulation. Für einen als "Forschungsartikel" bezeichneten Beitrag wurde tatsächlich relativ wenig wirkliche Forschung betrieben. Und obwohl die EZB keinen direkten Einfluss auf die politischen Entscheidungen in der EU hat, können Berichte wie dieser zumindest die Meinungen und Gedanken der Entscheider im Parlament beeinflussen.

Das Narrativ der "Umweltsau Bitcoin" und der tollen grünen Alternativen wird in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren sicherlich noch deutlich zunehmen. Umso wichtiger wird es von Bitcoiner-Seite sein, Aufklärung zu betreiben, stichhaltige Zahlen, Fakten und Daten zu liefern und der Debatte nicht klein beizugeben.

Die EZB bittet im übrigen auch explizit um Kommentare und Feedback zu ihrem Beitrag. Wer möchte, kann den Damen und Herren gerne eine E-Mail an ecb.macroprudential.bulletin@ecb.europa.eu schreiben.