Die derzeitige finanzielle Situation des US-Finanzministeriums ist angespannt, da die Barreserven auf mittlerweile weniger als 40 Milliarden US-Dollar gesunken sind. Wie unter anderem Blocktrainer.de berichtete, hatten die Vereinigten Staaten von Amerika ihre selbst auferlegte Schuldenobergrenze von etwas mehr als 31 Billionen US-Dollar bereits im Januar erreicht. Das US-Finanzministerium konnte somit keine weiteren Mittel aufnehmen, um seine Rechnungen zu begleichen. Am vergangenen Samstag hat Präsident Joe Biden jedoch ein Gesetz zur Aussetzung der Schuldenobergrenze bis zum 1. Januar 2025 unterzeichnet, welches den USA nun die Möglichkeit bietet, die eigenen Barreserven wieder aufzufüllen. Laut Bloomberg beläuft sich das angepeilte Ziel auf rund 550 Milliarden US-Dollar bis Ende Juni. Doch bedeutet dies, dass jetzt der metaphorische Gelddrucker wieder angeworfen und die Märkte über Umwege mit Geld geflutet werden? Eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein...

Ausgabe neuer Treasury Bills

Die US-Regierung plant für heute die Ausgabe sogenannter Treasury Bills (dt. "Schatzwechsel") in Höhe von mehr als 170 Milliarden US-Dollar. Bei diesen Schatzwechseln handelt es sich um kurzfristige Staatsanleihen mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr. In diesem konkreten Fall von heute handelt es sich laut Angaben der Regierungswebseite Treasury Direct um 44-tägige Schatzwechsel im Wert von 50 Milliarden US-Dollar, 13-wöchige Schatzwechsel im Wert von 65 Milliarden US-Dollar und 26-wöchige Schatzwechsel im Wert von 58 Milliarden US-Dollar.

Doch warum setzt das Finanzministerium der USA gerade auf solche relativ kurzfristigen Anleihen?

Quelle: Treasury Direct

Ein wichtiger Käufer fehlt

Da die US-Zentralbank Federal Reserve noch immer inmitten ihrer angekündigten Bilanzreduktion steckt, fällt diese als wichtiger Käufer für (zumeist längerfristige) Staatsanleihen weg. Aus diesem Grund muss die US-Regierung andere Interessenten für den Erwerb der eigenen Schuldverschreibungen finden. Kurzfristige Anleihen sind in der Regel eine attraktive Option für Investoren, da diese leichter zu kaufen und verkaufen sind. Für die Regierung bedeutet dies, dass sie potenziell eine größere Anzahl von Käufern anziehen und daher die gewünschten Mittel schneller aufbringen kann.

Generell neigen kurzfristige Schuldverschreibungen außerdem dazu, niedrigere Zinsen zu haben als langfristige Schuldverschreibungen. Dies liegt daran, dass das Risiko, dass etwas Unerwartetes passiert, das die Rückzahlung der Schulden beeinträchtigt, mit der Zeit zunimmt. Daher verlangen Investoren in der Regel höhere Zinsen für langfristige Anleihen, um dieses zusätzliche Risiko zu kompensieren. Eigentlich könnte die US-Regierung auf diese Weise also die Kosten für die eigene Finanzspritze etwas minimieren.

Derzeit ist allerdings das Umgekehrte der Fall und die kurzfristigen Schuldpapiere weisen höhere Zinsen auf als die langfristigen. Im Fachjargon spricht man von einer sogenannten "Inverted Yield Curve" zu deutsch etwa "umgekehrte Renditekurve". Diese tritt auf, wenn kurzfristige Schuldpapiere höhere Renditen aufweisen als langfristige Instrumente mit demselben Kreditrisikoprofil. Eine umgekehrte Renditekurve ist ungewöhnlich; sie spiegelt die Erwartungen der Anleiheinvestoren auf einen Rückgang der längerfristigen Zinssätze wider, der typischerweise mit Rezessionen einhergeht.

Warum gibt die US-Regierung aber dennoch die Schatzwechsel mit relativ kurzen Fristen heraus? Ganz einfach, weil auch sie selbst davon ausgeht, dass die Zinsen schon bald wieder gesenkt werden und es zu diesem Zeitpunkt für sie wieder günstiger wäre, an neues Geld zu gelangen.

Die US-Geldmenge ist in den letzten 12 Monaten um 4,6 % gesunken, der stärkste Rückgang im Jahresvergleich seit Beginn der Aufzeichnungen (Anmerkung: M2-Daten gehen in das Jahr 1959 zurück).

Charlie Bilello, Markt-Analyst

Liquidität wird aus dem Markt gesaugt

Dadurch, dass auf diese Weise nun Geld aus dem Umlauf in die Barreserven der US-Regierung fließt, wird dem Kapitalmarkt einiges an Liquidität entzogen. Anstatt, dass Geld gedruckt wird, um die leeren Staatskassen zu füllen, erleben wir demnach einen gegenteiligen Effekt, der eher straffend wirken wird.

Die Bank of America hat beispielsweise die Einschätzung geteilt, dass diese Ausgabewelle des Finanzministeriums einen ähnlichen wirtschaftlichen Einfluss haben könnte wie eine viertelprozentige Zinserhöhung durch die Federal Reserve. Und dies geschieht zusätzlich dazu, dass wir uns aktuell ohnehin in der steilsten Zinsanhebungsphase in der jüngeren Geschichte befinden.

Die USA und mit ihnen große Teile der restlichen Welt steuern geradewegs einer Rezession entgegen, die mit großen Schritten näher kommt. Die deutsche Wirtschaft befindet sich tatsächlich bereits in einer technischen Rezession.

Während man sich in Expertenkreisen einig darüber ist, dass die kurzfristigen Effekte eher straffende Auswirkungen haben werden, ist man sich langfristig nicht sicher, ob aufgrund der drohenden Rezession nicht bald doch wieder der metaphorische Gelddrucker angeworfen werden wird, um einen Kollaps des Marktes zu verhindern. Wie etwas weiter oben bereits erwähnt, geht z.B. selbst die US-Regierung davon aus, dass die Zinsen mittelfristig wieder stark gesenkt werden könnten.

Was kommt auf Bitcoin und den Kryptomarkt zu?

Durch die aktuellen Begebenheiten ist auf den Kapitalmärkten und insbesondere dem Kryptomarkt mit hoher Volatilität zu rechnen. Denn in der Regel gilt: Je höher das Risikoprofil einer Anlageklasse ist, desto mehr reagiert diese auf zusätzliche oder fehlende Liquidität im Kapitalmarkt. Da Bitcoin und Kryptowährungen bekanntermaßen ein relativ hohes Risikoprofil aufweisen sind diese besonders abhängig von der Marktliquidität.

Aber natürlich sind nicht nur die Kryptowerte betroffen, auch andere Anlageklassen, wie Anleihen und Aktien, werden von den Auswirkungen betroffen sein.

Dafür dass, wie weiter oben beschrieben, in den vergangenen Wochen die Fed-Bilanz bereits enorm reduziert und große Summen an Geld aus dem Kapitalmarkt gezogen wurden, hält sich insbesondere der Bitcoin-Preis derzeit jedoch relativ stabil in dem Segment zwischen 26.000 und 28.000 US-Dollar. Die aktuellen makroökonomischen Umstände sprechen eigentlich relativ stark gegen einen stabilen Bitcoin-Preis. Dass sich der BTC trotzdem so stark hält, lässt vermuten, dass das digitale Asset mittlerweile ein starkes Fundament besitzt. Ob der Preis kurzfristig tatsächlich noch einmal fällt und mittel- oder langfristig durch erneute Liquiditätsschwämme wieder stark steigen wird, kann natürlich ohnehin niemand mit Gewissheit sagen.