Die USA haben im Januar dieses Jahres ihr Schuldenlimit von 31,4 Billionen US-Dollar erreicht. Seither dürfen keine weiteren Schulden mehr aufgenommen werden. Für einen Staat, der chronisch mehr Geld ausgibt, als er einnimmt, stellt das natürlich ein Problem dar. Die Lösung für dieses Problem ist so naheliegend wie sie absurd ist: Die Schuldengrenze einfach anheben, so wie es seit dem Jahr 1960 bereits 78 Mal getan wurde. Von den 78 Anhebungen seither entfielen 29 auf die Amtszeit eines demokratischen und 49 auf die eines republikanischen Präsidenten. Dass die Schuldengrenze dieses Mal nicht einfach so angehoben wurde, liegt jedoch an den Republikanern im Repräsentantenhaus, die sich bislang querstellten.

USA: Schuldengrenze, Schulden und Wirtschaftsleistung - Quelle: Reuters

Der Tag der Zahlungsunfähigkeit der USA – auch Tag X genannt – rückt nun immer näher. US-Finanzministerin Janet Yellen sorgte für Panik, als sie verkündete, dass den USA bereits am 1. Juni das Geld ausgehen könnte. Bisher haben die USA auf Sondermaßnahmen zurückgegriffen, um die Rechnungen zahlen zu können. Letztlich sind das allerdings buchhalterische Manöver, die langsam aber sicher auch bald ausgeschöpft sind. Kommen die USA ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nach, so hätte dies weitreichende Folgen für die gesamte Welt.

Der Kongress muss wirklich die Schuldenobergrenze anheben … wenn wir das nicht tun, denke ich, dass die Folgen schwer abzuschätzen sind, aber sie könnten außerordentlich ungünstig sein und langanhaltenden Schaden anrichten.

- Jerome Powell, Vorsitzender der US-Zentralbank

Soweit wird es wohl nicht kommen. Eine Einigung ist auch bereits in Sicht. Die US-Staatsschulden werden weiterhin das tun, was sie immer tun: steigen.

Die US-Schuldengrenze

Eingeführt wurde die US-Schuldengrenze im Jahr 1917 – das Jahr, in dem die USA in den Ersten Weltkrieg eintrat. Aber nicht, wie man jetzt denken mag, damit die Staatsschulden nicht ausufern, sondern dafür, dass Schulden unbürokratischer aufgenommen werden können. Vorher musste der US-Kongress jede Schuldaufnahme direkt autorisieren. Mit der eingeführten Schuldengrenze von 11,5 Milliarden US-Dollar hatte das US-Finanzministerium schließlich genügend Spielraum, um bei Bedarf schnell an frisches Geld zu kommen. Seit dem Jahr 1939 – der Beginn des Zweiten Weltkriegs – existiert die US-Schuldenobergrenze in der modernen aggregierten Form, mit der inzwischen nahezu alle Staatsschulden gedeckelt werden. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lag das Limit bei 45 Milliarden US-Dollar. Fast 100 Anhebungen später, hat sich die US-Schuldenobergrenze in etwa versiebenhundertfacht.

Die Entscheidung, ob die Schuldengrenze in den USA erneut angehoben wird, liegt bei den beiden Kammern des US-Kongresses: dem Senat und dem Repräsentantenhaus. Beide Kammern müssen zustimmen und ein entsprechendes Gesetz verabschieden, um die Schuldengrenze zu erhöhen. Immer mal wieder kommt es vor, dass sich republikanische Kongressmitglieder einer Anhebung in den Weg stellen und ihre Macht über die Schuldengrenze als Gelegenheit nutzen, um in den Verhandlungen eigene politische Ziele durchzusetzen.

Schuldenobergrenzenkrise 2011

Im Jahr 2011 wollten beispielsweise die Republikaner, die die Mehrheit im Repräsentantenhaus erlangt hatten, der Anhebung nur zustimmen, wenn im Gegenzug die Staatsausgaben gekürzt werden. Die US-Staatsschulden sind zuvor durch die Maßnahmen im Rahmen der Weltfinanzkrise 2008 deutlich angestiegen: von etwa 9,5 auf über 14 Billionen US-Dollar. Nach einem langen Hin und Her konnte eine Einigung mit der demokratischen Obama-Regierungen ausgehandelt und die Schuldengrenze angehoben werden. Der US-amerikanische Aktienindex S&P 500 konnte jedoch nicht von der Einigung profitieren. Der Index sank weiter ab, verstärkt noch dadurch, dass die große Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) vier Tage nach der Anhebung die USA vom bestmöglichen Kreditrating AAA auf AA+ abstufte. Gold hingegen konnte als ein sicherer Hafen stark von den Unsicherheiten profitieren. Das Edelmetall legte während der Krise fast 30 % zu, während der S&P 500 um knapp 20 % abtauchte.

Performance des S&P 500 während der Anhebung der Schuldengrenze 2011 - Quelle: J.P.Morgan

Schuldenobergrenzenkrise 2023

In diesem Jahr scheint sich die Schuldenobergrenzenkrise aus dem Jahr 2011 zu wiederholen. Wieder ist es eine demokratische US-Regierung und ein sich querstellendes, von Republikanern dominiertes Repräsentantenhaus, das auf Ausgabenkürzungen pocht. Auch liegt dieses Mal ebenfalls eine Wirtschaftskrise drei Jahre zurück, der mit einem Zuwachs der Staatsschulden von knapp 50% entgegnet wurde: von über 23 auf nun 31,4 Billionen US-Dollar.

US-Staatsschulden in Millionen US-Dollar - Quelle: FRED

Zudem hat die Ratingagentur Fitch Ratings im Angesicht der aktuellen Unsicherheiten schon gewarnt, die USA vom aktuellen Rating von AAA aus abzustufen. Fitch Ratings, neben Moody's und S&P eine der drei führenden Ratingagenturen, korrigierte den Ausblick für die US-Kreditwürdigkeit auf negativ ("rating watch negative"). Als Grund führt Fitch Ratings den lang anhaltenden Streit um die US-Schuldengrenze und die daraus möglicherweise resultierende US-Staatspleite an.

Das "Rating Watch Negative" spiegelt die zunehmende politische Voreingenommenheit wider, die das Erreichen einer Lösung zur Anhebung oder Aussetzung des Schuldenlimits trotz des nahenden Tag X behindert.

- Fitch Ratings

Obwohl der US-Aktienmarkt bisher noch keine Schwäche gezeigt hat, gab es eine starke Bewegung an dem Markt für Kreditausfallversicherungen (CDS). Die CDS für 1-jährige US-Staatsanleihen sind in den letzten Wochen deutlich im Kurs gestiegen – weit über das Niveau aus dem Jahre 2011 hinaus. Der Markt sieht also immer wahrscheinlicher an, dass die USA zumindest die bald fälligen Kredite nicht begleichen wird.

CDS für 1-jährige US-Staatsanleihen - Quelle: Investing.com

All das sind Entwicklungen, die, wie auch die fast zweistelligen Inflationsraten vor wenigen Monaten, die USA nicht wirklich mit Ruhm bekleckern. US-Staatsanleihen gelten seit Jahrzehnten als das beste und sicherste Reserve-Asset der Welt. Ein drohender Zahlungsausfall schadet diesem Status nur noch mehr, der bereits durch das Einfrieren der US-Staatsanleihen in russischem Besitz angekratzt ist. Angesichts der sich anbahnenden Konkurrenz durch die BRICS-Nationen können die USA sich nicht allzu viele Ausrutscher erlauben, wenn sie ihre monetäre Vormachtstellung behalten wollen.

 

Droht der USA ein Zahlungsausfall?

Blocktrainer.de berichtete bereits mehrmals darüber, dass es um die Finanzen der USA nicht sonderlich gut steht. Zum einen befinden sich die USA in einer Schuldenspirale, da zwangsläufig immer weitere Schulden aufgenommen werden müssen, alleine um die Zinslast auf die bereits ausstehende Schuld bezahlen zu können. Angesichts dieser Situation ist es längerfristig unabdingbar, dass die US-Zentralbank (Federal Reserve) weiterhin US-Staatsanleihen aufkauft und die Zinsen auf diese niedrig hält. Die Welt wird sich wohl an unterhalb der Inflation liegenden Zinsen auf US-Staatsanleihen und ein Weginflationieren der Schuldlast einstellen müssen, was auch als finanzielle Repression bezeichnet wird.

Die USA sind ein Staat, der sich in der eigenen Währung verschulden kann. Entsprechend kann all das Geld, was für die Zahlungsverpflichtungen benötigt wird, letztlich von der eigenen Zentralbank bereitgestellt werden. Ein tatsächlicher Zahlungsausfall ist demnach für die USA leicht zu vermeiden. Letztlich sind es selbst auferlegte Regeln, die es der USA erschweren, sich weiteres Geld zu beschaffen und nicht fehlende Kreditgeber.

Die Politiker, die mit dem Schreckensszenario spielen, nutzen dieses lediglich als Druckmittel für politische Zugeständnisse. Eine Zahlungsunfähigkeit der USA hätte nämlich dramatische Folgen, die wohl kaum im Interesse der US-Bürger sein können: Rentnern und Beamten würde unter Umständen auf einen Schlag der Geldhahn zugedreht werden. Versicherungen, Pensionsfonds und andere Investoren, die auf US-Staatsanleihen sitzen, würden ihr Vermögen verlieren. Selbst wenn die USA nur zeitweise ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen würde, droht wohl eine Massenarbeitslosigkeit inklusive einer tiefen Rezession, von der wir in Deutschland unmöglich verschont bleiben würden. Dass es jemals so weit kommt, ist höchst unwahrscheinlich.

Einigung in Sicht

Laut eines Berichts der New York Times ist jetzt auch schon eine Einigung in Sicht. Die Schuldengrenze soll für zwei Jahre angehoben werden. Dafür sollen die Staatsausgaben, bis auf die Ausgaben für Veteranen und das Militär, reduziert werden. Dem Bericht zufolge wird derzeit an dem entsprechenden Gesetzesentwurf gearbeitet.

Es dauert eine Weile, bis es soweit ist, und wir arbeiten hart daran, dies zu erreichen.

- Kevin McCarthy, republikanischer Vorsitzender des Repräsentantenhauses

In einem Schreiben an den Kongress gab die US-Finanzministerin Yellen, am Freitag, dem 26. Mai, auch schließlich zum besten, dass wohl doch nicht am 1., sondern am 5. Juni der Tag X drohen würde, insofern das Schuldenlimit nicht zeitnah angehoben wird.

Schuldengrenze vs. Bitcoin

Natürlich ist es sinnvoll, wenn Staaten dazu diszipliniert werden, verantwortungsvoll zu wirtschaften. Eine Schuldengrenze, die alle Jahre wieder angehoben werden muss, ist aber wohl kaum ein geeignetes Mittel dafür. Wir haben mittlerweile genug Erfahrungswerte, um festzustellen, dass die Regeln, die wir um das Geld herum bauen, immer wieder ausgenutzt werden. Sei es die Unabhängigkeit der Zentralbanken oder seien es Austeritätsgesetze.

Einen guten Teil der US-Staatsanleihen kauft letztlich (über Umwege) die eigene Zentralbank. Und kauft die Zentralbank Wertpapiere, dann tut sie dies mit neu gedrucktem Geld. Das neue Geld, dass sich der Staat indirekt durch die Zentralbank beschafft, landet in aller Regel durch die Staatsausgaben im Wirtschaftskreislauf. Wie inflationär das sein kann, durften wir während der Coronapandemie beobachten, als die USA Unmengen an Schulden aufgenommen haben, um den US-Bürgern mitunter Stimulus-Checks auszuhändigen. Entsprechend ist in einem Fiatgeldsystem, in dem die Zentralbank dem Staat theoretisch unbegrenzt Geld zur Verfügung stellen kann, immer die Möglichkeit einer ausartenden Inflation gegeben, unter der die kleinen Menschen ohne Vermögenswerte besonders stark leiden.

Ein nicht-staatliches und nicht-manipulierbares Geld würde Staaten von alleine disziplinieren. Unter einem freien Geld wie Bitcoin könnten Staaten nur das Geld ausgeben, dass ihnen bereitwillig von Sparern geliehen oder durch Steuern eingenommen wird.

Fazit

In einem auf Schulden basierenden Fiatgeldsystem müssen die Schulden weiter steigen, damit das ganze System nicht kollabiert. Dass die USA sich überhaupt mit einer absoluten Schuldensumme limitiert, ist an Absurdität kaum zu überbieten. Naheliegender wäre ein Schuldenlimit, dass in Relation an die Wirtschaftsleistung geknüpft ist. Im Vertrag von Maastricht ist zum Beispiel eine Schuldengrenze von bis zu 60% des Bruttoinlandsproduktes festgelegt. Viel helfen würde das nur auch nicht: Einerseits halten sich die meisten EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, nicht daran, und andererseits steigt auch die relative Staatsverschuldung der USA auf immer neue Höchststände.

Insofern die US-Schuldengrenze nicht gänzlich abgeschafft wird, werden wir sehr wahrscheinlich in einigen Jahrzehnten erleben müssen, wie darüber gestritten wird, das Limit auf über eine Trillion US-Dollar anzuheben. Wie viel man sich dann noch für einen US-Dollar kaufen können wird, bleibt abzuwarten. Wichtig an dieser Stelle anzumerken ist, dass die USA aktuell zusätzlich noch ungedeckte Verbindlichkeiten ("unfunded liabilities") in Höhe von knapp 190 Billionen US-Dollar hat. Letztlich sind das Zahlungsverpflichtungen der USA, etwa für Pensionspläne, die in der Zukunft noch fällig werden.

Ausblick

Wie die traditionellen Finanzmärkte und Bitcoin auf eine Anhebung der Schuldengrenze reagieren werden, ist schwer abzusehen. Einige rechnen mit einem Abverkauf an den Aktienmärkten, wie es im Jahr 2011 der Fall war. Meist kommt es aber ganz anders, als alle denken. Auch wenn Bitcoin, als ein Geld ohne Kontrahentenrisiko, in Zeiten der Unsicherheit mittelfristig profitieren könnte – wie es Gold damals getan hat – ist die potenzielle langfristige Lösung für das Schuldenproblem das Entscheidende.

Eine Welt mit einem harten Geld, das nicht zentral ausgeweitet werden kann, würde von Schuldenexzessen verschont bleiben. Ein Geld, das aufgrund der Begrenztheit langfristig an Kaufkraft gewinnt, nimmt die Anreize, Schulden aufzunehmen. In einem Fiatgeldsystem, in dem das Geld und somit die Schulden stetig an Wert verlieren, profitieren die, die sich günstig verschulden können.

Die einzige Möglichkeit, verantwortungsbewusst wirtschaftende Staaten zu bekommen, ist ein Geld, das nicht zum eigenen Vorteil manipuliert werden kann. Denn das, was Staaten derzeit abhält, sich so viel Fiatgeld zu drucken, wie sie nur möchten, sind selbst auferlegte Regeln.

Auch wenn die Debatte um die US-Schuldengrenze so manch einen Bitcoin-Befürworter nerven mag, sollte das Positive nicht außer Acht gelassen werden: Die Menschen werden mit der Absurdität des Fiatgeldsystems konfrontiert und könnten zum Nachdenken angeregt werden.