Gestern Abend veröffentlichte die amerikanische Zentralbank (FED) Details von ihrem FOMC-Meeting aus dem Dezember letzten Jahres. Obwohl der Kurs der FED für das Jahr 2022 schon feststand, überraschte das Protokoll die Märkte. Es kam zu einem starken Abverkauf an den Finanzmärkten. Auch Bitcoin blieb davon leider nicht verschont.

Die FED ist weiterhin besorgt

Aufgrund der anziehenden Inflation möchte die FED dieses Jahr dreimal den Leitzins anheben. In dem gestern veröffentlichten Protokoll forderten einige Mitglieder der FED schon kurz nach der ersten Zinserhöhung mit der Verringerung der Bilanzsumme der Notenbank zu beginnen.

Dieser Schritt kam für viele Marktakteure unerwartet und zu schnell. Eine Reduzierung der Bilanzsumme würde vorerst zu einem Ende des Anleiheankaufprogramms der FED führen. Bisher war die Rede davon, dass die Käufe reduziert werden sollen. Dass einige Mitglieder des Entscheidungsgremiums diesen Schritt forderten, sorgte an den Märkten für Unsicherheit.

Die Bilanz der FED erreichte Ende 2021 einen Höchststand von 8.8 Billionen US-Dollar. Quelle: FRED

Hohe Volatilität an den Finanzmärkten

Vor allem der Technologiesektor reagierte stark auf diese Meldung. Schließlich profitiert dieser seit Jahren von den sehr lockeren Zügeln der FED. Der Technologieindex NASDAQ stürzte um 3,3% und musste damit seinen schlechtesten Jahresstart seit der Finanzkrise 2008 verzeichnen.

Gleichzeitig stiegen die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen auf 1,744%. Dieser Trend zeichnete sich diese Woche bereits ab und erreichte mit dem FOMC-Protokoll seinen Höhepunkt. Die Rendite der Anleihen steigt, wenn die generelle Nachfrage der Anleihe sinkt. Das passiert primär, wenn die Zinsen angehoben werden. Für den Käufer hat eine Investition in den Anleihenmarkt ein größeres Risiko als das Geld zu sparen und damit den risikofreien Zinssatz zu erhalten.


"Der Ausverkauf von Anleihen verstärkt sich nach dem restriktiven Fed-Protokoll. 10-jährige US-Renditen springen auf > 1,70%. Fed warnt davor, dass schnellere Zinserhöhungen erforderlich sein könnten, um den Höhenflug zu bändigen #inflation."

Holger Zschaepitz

Auch Bitcoin gerät unter Druck

Leider war auch der Bitcoin von dem Abverkauf an den Märkten betroffen. In der Nacht rauschte der Kurs um knapp 8% auf 42.400 US-Dollar nach unten. Dieser Kursrutsch bestätigt, dass Bitcoin in volatilen Phasen noch immer an die traditionellen Finanzmärkte gekoppelt ist. Wie so oft bei starken Preisbewegungen ist es interessant sich den Derivatemarkt genauer anzusehen.

In den letzten 24 Stunden wurden insgesamt 330 Millionen US-Dollar an Long-Positionen auf den Futures Markt liquidiert. Was als ein kleiner Schneeball begann, vergrößerte sich durch die ausgelöste Liquidierungskaskade und ließ den Bitcoin Preis weiter abstürzen. Leider könnte dies aber erst der Vorreiter sein.

In den letzten Wochen nahm das Open Interest (Volumen der Futures Verträge) der Perpetual Futures Verträge, die mit Stablecoins hinterlegt sind, zu. Diese sind bei einem Preisrückgang robuster gegen Liquidierungen. Denn bei Bitcoin hinterlegten Positionen sinkt gleichzeitig der Gegenwert der hinterlegten Sicherheit. Diese doppelte Dynamik aus Preisrückgang und abnehmender Sicherheit machen Bitcoin hinterlegte Positionen besonders anfällig für Liquidierungskaskaden

Weil viele Positionen mit Stablecoins hinterlegt sind, sehen wir noch keine starke Auswirkung auf das Open Interest. Die wirklich große Liquidierungskaskade blieb also bis jetzt aus. Ob und wann sie kommen wird, kann nicht vorher gesagt werden. Es scheint, als wäre der Markt stabiler als noch Anfang Dezember, als die letzte große Liquidierungskaskade auftrat. In den nächsten Tagen sollte aber trotzdem mit steigender Volatilität gerechnet werden.

Ausblick

Zum Schluss möchten wir noch einen makroökonomischen Ausblick geben. Die Reaktion der Märkte hat verdeutlicht, wie fragil der globale Finanzmarkt geworden ist. Die FED wird versuchen, die Zinsen anzuheben und ihr Programm zur "quantitativen Lockerung" runterzufahren oder sogar ihre Bilanz zu verkleinern. Eine andere Möglichkeit haben sie im Hinblick auf die aktuellen Inflationszahlen nicht. Die Frage ist wie lange sie das durchhalten werden. Die Reaktion an den Finanzmärkten hat gestern die große Abhängigkeit der Wall Street zur Zentralbank bestätigt.

Auch dürften die steigenden Zinsen für die Anleihen die Währungshüter noch beschäftigen. Denn was die hoch verschuldete USA nicht benötigen, sind steigende Zinsen auf ihre Anleihen. Schließlich ist die FED der größte Käufer der amerikanischen Anleihen. Bei einem Verschuldungsgrad von 134% zum Bruttoinlandsprodukt geraten die USA immer mehr unter Druck ihrer Schulden zu refinanzieren. Sie ist auf die Hilfe der FED angewiesen. Und auch wenn die FED es schafft alles zu koordinieren, lassen sich die andauernden Probleme wie die Energiekrise oder die Lieferkettenprobleme nicht nur monetär lösen. Ein schwieriger Start für die FED in das neue Jahr...