Bereits vor wenigen Tagen veröffentlichte Blocktrainer.de einen umfassenden Artikel zur derzeitigen Situation auf dem chinesischen Immobilienmarkt und die Auswirkungen, die ein Zusammenbruch dessen auf das globale Finanzsystem hätte. Im Zentrum der Krise steht seit geraumer Zeit der Konzern "Evergrande", der schon im Jahr 2021 kurz vor dem Kollaps stand und seitdem mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Gestern Abend hat dann die Meldung über die Pleite des chinesischen Immobilienriesen Schockwellen durch die globalen Finanzmärkte gesendet, denn Evergrande – bis 2021 der wertvollste Immobilienkonzern der Welt – hat nun Insolvenz und Gläubigerschutz in den USA angemeldet. Nach Kapitel 15 des US-Insolvenzrechts können nämlich ausländische Unternehmen in Umstrukturierungsphasen vor Klagen von amerikanischen Gläubigern geschützt werden.

Mit einer Verschuldung von über 300 Milliarden US-Dollar steht Evergrande symbolisch für die Risiken, die in Chinas Immobiliensektor lauern. Auch andere Unternehmen in dem Sektor, z.B. "Country Garden" sehen sich mit massiven Problemen konfrontiert.

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Die Evergrande-Pleite

Evergrande wurde 1996 gegründet und hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem der größten Bauunternehmen und Immobilienentwickler weltweit entwickelt. Von 2018 bis 2021 war Evergrande sogar das wertvollste Immobilienunternehmen der Welt. Es hat in knapp 300 Städten Chinas Immobilienprojekte und beschäftigt rund 125.000 Mitarbeiter. Das Unternehmen mit Hauptsitz im Technologiezentrum Chinas, Shenzhen, ist nicht nur für seine Immobilienprojekte bekannt, sondern auch für seine vielfältigen Geschäftsbereiche, die von Themenparks über Konsumgüter bis hin zu Elektrofahrzeugen und Sportteams reichen. Doch trotz seiner Größe und seines beeindruckenden Portfolios hat Evergrande in den vergangenen Jahren mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Chinas Immobilienbranche, angeführt von Schwergewichten wie eben Evergrande, hat sich in den letzten Jahren stark auf Kredite verlassen. Diese Kreditabhängigkeit, die einst als Motor für rasantes Wachstum diente, wurde zu einem potenziellen Fallstrick, als regulatorische Veränderungen ins Spiel kamen.

Im Rahmen einer im Jahr 2020 gestarteten Initiative betonte Chinas Führung die Notwendigkeit, Immobilien primär als Wohnraum zu betrachten, anstatt sie als reine Investitionsobjekte zu nutzen. Diese Neuausrichtung, kombiniert mit strengeren Kreditrichtlinien, setzte viele Bauunternehmen unter Druck. Evergrande, mit seiner enormen Schuldenlast, wurde rasch zum Gesicht dieser wachsenden Schwierigkeiten. Obwohl Peking versucht hat, mit erweiterten Kreditprogrammen zu helfen, gibt es Bedenken, ob solche Maßnahmen ausreichen, um eine nachhaltige Stabilisierung der Branche zu gewährleisten.

Evergrande häufte seit dem Platzen des Immobilienbooms in der Volksrepublik immerzu neue Schulden an. Der Schuldenberg scheint mittlerweile zu groß zu sein, um ihn zu bewältigen, was Evergrande nun zu dem Schritt der Insolvenzanmeldung in den USA gebracht hat. Man sieht sich nicht mehr in der Lage, die Schulden an US-Gläubiger zu tilgen.

Globale Auswirkungen

Die Pleite von Evergrande ist nicht nur ein Problem für China. Viele internationale Banken und Investoren sind in Evergrande investiert, und ein Zahlungsausfall könnte zu einer Kettenreaktion in den globalen Finanzmärkten führen. Es gibt Befürchtungen, dass dies zu einer neuen weltweiten Finanzkrise führen könnte, ähnlich wie die Lehman Brothers-Pleite im Jahr 2008.

Tatsächlich sind erste Auswirkungen bereits zu beobachten. Unter anderem der Finanzkonzern Zhongzhi und deren Anbieter für Treuhandfonds Zhongrong stehen im Fokus, da diese traditionell einen großen Teil ihrer Investitionen im Immobilienmarkt haben. Viele Immobilienentwickler haben in den letzten Jahren auf die Treuhandfonds (auch als Trusts bezeichnet) von Zhongrong gesetzt, die zu den unregulierten Schattenbanken gehören, um ihre rasante Expansion zu unterstützen. Angesichts der aktuellen Krise werden Ansteckungseffekte befürchtet, und es gibt vermehrt Forderungen nach staatlichen Eingriffen.

Zusätzlich zur Evergrande-Krise wächst die Besorgnis um einen weiteren großen chinesischen Immobilienentwickler, Country Garden. Das Unternehmen geriet kürzlich in den Fokus, nachdem es zwei Zinszahlungen für US-Dollar-Anleihen verpasst hatte. Obwohl es sich nur um Zahlungen in Höhe von 22,5 Millionen US-Dollar handelte, wurden sofort Parallelen zu Evergrande gezogen, wo die Probleme auf ähnliche Weise begonnen hatten.

Obwohl der chinesische Finanzsektor natürlich deutlich in sich geschlossener ist, als der US-amerikanische, können Ansteckungseffekte nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Die Auswirkungen auf Bitcoin und den Kryptomarkt

Die Pleite von Evergrande könnte auch Auswirkungen auf Bitcoin und den Kryptomarkt haben. Historisch gesehen reagieren Kryptowährungen empfindlich auf makroökonomische Schocks. Die Unsicherheit, die durch die Evergrande-Krise ausgelöst wurde, könnte zu einem Rückgang des Risikoappetits der Anleger führen, was sich negativ auf den Kryptomarkt auswirken könnte. Erste Anzeichen dafür sind ebenfalls bereits zu erkennen.

Allerdings gibt es natürlich auch immer Stimmen, die argumentieren, dass Bitcoin als "digitales Gold" in Krisenzeiten als sicherer Hafen dienen könnte. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in den kommenden Wochen entwickelt und welche Rolle Bitcoin in diesem Szenario spielen wird.

In jedem Fall ist die Evergrande-Pleite ein Weckruf für die Weltwirtschaft über die Risiken, die in Chinas Immobiliensektor lauern nachzudenken. Langfristig wird dieses Ereignis zumindest den Bitcoin jedenfalls nicht beeinflussen.