Gestern hat die Pressemeldung, dass das Unternehmen "Jacobi Asset Management" angeblich "Europas ersten Spot-Bitcoin-ETF" an der Euronext Amsterdam gelistet hat, für Aufsehen gesorgt. Dieser ETF, der unter dem Ticker "BCOIN" gehandelt wird, repräsentiert laut den Aussagen des Vermögensverwalters den ersten digitalen Asset-Fonds, der mit der SFDR-Artikel-8-Strategie zur Dekarbonisierung konform ist. Jacobi hat der Meldung zufolge eine nachprüfbare integrierte Lösung für erneuerbare Energiezertifikate (REC) implementiert, die institutionellen Anlegern den Zugang zu den Vorteilen von Bitcoin ermöglicht und gleichzeitig die ESG-Ziele erfüllt. So weit, so gut.

Die Nachricht wurde von vielen als Meilenstein für die Bitcoin-Industrie und die Regulierung in der EU gefeiert. Insbesondere die Tatsache, dass Europa vor den USA einen Spot-Bitcoin-ETF bekommt, trotz zahlreicher Anträge an die Securities and Exchange Commission in den vergangenen Jahren und vor allem der letzten Monate.

Alles nur Marketing

Während die Meldung auf den ersten Blick natürlich gut klingt, steckt deutlich weniger hinter der Fassade, als zunächst erkennbar. In der EU sind ETFs, die lediglich ein einzelnes Anlageprodukt repräsentieren, aus regulatorischen Gründen nicht erlaubt. Börsengehandelte Produkte in dieser Form werden als ETPs bezeichnet (eigentlich der Oberbegriff über ETFs, ETNs und ETCs) und Kenner der Szene wissen, dass es solche bereits seit mehreren Jahren in der EU gibt. Zum Beispiel hat unter anderem der Investmentgigant Fidelity im Februar 2022 einen solchen Bitcoin-ETP auf den Markt gebracht. Und auch zuvor gab es bereits andere, auf Bitcoin basierende ETPs.

Doch warum, darf sich der ETF von Jacobi Asset Management nun tatsächlich ETF nennen? Die Antwort darauf findet sich im Ort seiner Zulassung. Um das Produkt ETF nennen zu dürfen, hat sich das herausgebende Unternehmen dazu entschlossen es auf der Insel Guernsey regulieren, genauer gesagt genehmigen zu lassen. Die kleine Kanalinsel vor der Nordwestküste Frankreichs ist eine selbstverwaltete Kronbesitzung des britischen Königreichs und somit kein Teil der EU. Durch diesen Trick, konnte Jacobi Asset Management also etwas, das es bereits seit Längerem gab, in einen neuen Anstrich packen und so tun, als wäre ihr Produkt revolutionär. Im Grunde ist alles also nur ein geschickter Marketingtrick und nicht der vermeintliche Durchbruch, der medial suggeriert wird.

Die Insel Guernsey. Quelle: OSM