Gegen den staatlich zugelassenen Verwahrungsdienstleister für Kryptowährungen Prime Trust wurden aufgrund unsolider Geschäftstätigkeiten und einer möglichen Insolvenz rechtliche Schritte eingeleitet.

Rechtliche Schritte gegen Prime Trust

Die Abteilung für Finanzinstitute des US-Bundesstaates Nevada (en. Nevada Financial Institutions Division, NFID) reichte am 21. Juni eine einstweilige Verfügung und am 26. Juni eine richterliche Petition ein, die sich gegen das Finanztechnologieunternehmen Prime Core Technologies, Inc. und seine verbundenen Tochtergesellschaften, insbesondere Prime Trust, richtet. 

Am oder um den 21. Juni 2023 war der Beklagte nicht in der Lage, Abhebungen von Kunden auszuzahlen, da die Kundengelder aufgrund einer erheblichen Verbindlichkeit in der Bilanz des Beklagten fehlten. Darüber hinaus hat der Beklagte es versäumt, die von ihm verwahrten Vermögenswerte zu schützen und ist nicht in der Lage, alle Kundenabhebungen zu erfüllen.

Auszug aus der einstweiligen Verfügung

Infolgedessen stellte Prime Trust die Einzahlungen und Abhebungen auf der Plattform ein.

In der Petition wird gefordert, das Eigentum von Prime Trust zu beschlagnahmen, die Geschäftsaktivitäten von Prime Trust einzustellen und einen Konkursverwalter zur Überwachung und Umstrukturierung des Unternehmens zu ernennen. Dadurch sollen weitere finanzielle Schäden von Prime Trust und dessen Kunden verhindert werden. 

Doch wie entstanden diese Schäden?

Verlust des Zugangs zu Kundengeldern

Das in Las Vegas ansässige Unternehmen Prime Trust besitzt zurzeit in 15 US-Staaten eine Lizenz als Geldübermittler, handelt mit Kryptowährungen und entwickelte eigene finanztechnologische Software-Dienstleistungen. Seit 2018 verwahrt das Unternehmen Kryptowährungen für seine Kunden mittels extra dafür eingerichteten digitalen Wallets. Laut eigenen Angaben zählen „weltweit führende Krypto-Börsen, digitale Wallets, alternative Handelssysteme, Broker-Dealer, Crowdfunding-Plattformen und Neobanken“ zu den Kunden der Plattform. Dazu zählten auch die unter Druck stehende US-Plattform von Binance, Binance.US, sowie die nun bankrotten Unternehmen FTX und Celsius. Außerdem hielt Prime Trust auch die Reserven des Dollar-Stablecoins TrueUSD (TUSD).

Im Jahr 2019 schloss Prime Trust einen Vertrag mit Fireblocks, einer Plattform zur Verwahrung der digitalen Vermögenswerte. Die Werte der Prime-Trust-Kunden wurden übertragen und die ursprünglichen Wallets als inaktiv markiert. Im Jahr 2020 bekam Prime Trust ein neues Management, das angeblich darüber informiert wurde, dass alle Vermögenswerte auf der Fireblocks-Plattform verwaltet werden und zugänglich sind. In dem Glauben, dass die ursprünglichen, alten Wallets durch eine Weiterleitung mit den neuen Wallets auf Fireblocks verbunden waren, reaktivierte Prime Trust im Januar 2021 die alten Wallets für seine Kunden.

Im Januar 2021 führte PRIME bestimmte Weiterleitungsadressen für alte Wallets für Kunden wieder ein („Legacy Wallets“). Es wird davon ausgegangen, dass PRIME dies aufgrund von Einschränkungen bei der Erstellung neuer Wallets innerhalb der Fireblocks-Plattform tat. PRIME ging angeblich davon aus, dass diese Legacy Wallets auf der Fireblocks-Plattform existierten oder so konfiguriert waren, dass sie an Wallets weitergeleitet wurden, die auf der Fireblocks-Plattform zugänglich waren.

Auszug aus der Petition

In der Petition wird davon ausgegangen, dass Prime Trust Ende des Jahres 2021 feststellte, dass in den alten Wallets keine Weiterleitung eingerichtet war und man nicht in der Lage war, auf diese Wallets und die darin enthaltenen Kryptowährungen zuzugreifen. 

Zudem wird dem Unternehmen vorgeworfen, dass es von Dezember 2021 bis März 2022 mit Kundengeldern zusätzliche digitale Vermögenswerte gekauft haben soll, um die Abhebungen der Kunden aus den nicht zugänglichen alten Wallets zu begleichen.

PRIME soll sich bemüht haben, den Zugang zu den Legacy Wallets wiederherzustellen. Zum Zeitpunkt dieser Petition war PRIME dazu jedoch noch nicht in der Lage.

Auszug aus der Petition

Ferner hatte sich Prime Trust um eine Notfinanzierung bemüht. Zunächst brachte im Juni 2022 eine Finanzierungsrunde über 100 Millionen US-Dollar ein. Außerdem wurde im März 2023 eine Übernahmevereinbarung mit dem Konkurrenten BitGo getroffen, die jedoch aufgrund einer Klage wegen Betrugs gegen Abra, einen Kunden von Prime Trust, rückgängig gemacht wurde.

Verbindlichkeiten von mehr als 83,6 Millionen US-Dollar

In der letzten Zeit nahmen die Abhebungen der Kunden zu, wobei es sich vermehrt um hohe Beträge gehandelt hatte, die Prime Trust nicht mehr erfüllen konnte. Die Verbindlichkeiten aller Prime-Trust-Kunden sollen insgesamt 83.627.000 US-Dollar betragen.

Es wird davon ausgegangen, dass die finanzielle Lage von PRIME zum Zeitpunkt der vorliegenden Petition so ist, dass das Unternehmen seinen Kunden 85.670.000 $ in Fiat-Währung schuldet, aber 2.904.000 $ in Fiat-Währung besitzt (was einer Verbindlichkeit von 82.766.000 $ in Fiat-Währung entspricht). Was die digitale Währung betrifft, schuldet PRIME seinen Kunden 69.509.000 $, hat aber nur 68.648.000 $ in digitaler Währung. […] PRIME wäre daher nicht in der Lage, alle Abhebungen zu erfüllen.

Auszug aus der Petition

Diese Entwicklung stellt eine weitere Belastung der ohnehin schon angeschlagenen Finanzlage von Prime Trust dar. Das Unternehmen sei insolvent und/oder in einer unsicheren finanziellen Lage, heißt es in der Petition. Schließlich wird ein Konkursverwalter die Finanzen des Unternehmens gründlich prüfen, das Tagesgeschäft übernehmen und letztlich entscheiden, ob das Unternehmen umstrukturiert wird oder die Tätigkeiten vollständig einstellen muss.

Fazit

Es wird sich zeigen, welche Auswirkungen dieses Debakel noch haben wird. Letztlich hängt das davon ab, ob Prime Trust den Zugang zu den alten Wallets wiederherstellen kann oder nicht. Wenn nicht, sind nicht nur institutionelle Kunden, sondern auch viele Kleinanleger betroffen, die ihr Geld den Börsen anvertrauten, die die Vermögenswerte Prime Trust übermittelten. Sollte es Prime Trust tatsächlich gelingen, den Zugang wiederherzustellen, muss das Unternehmen dennoch das zerstörte Vertrauen der Kunden zurückgewinnen.

Blocktrainer.de meint: Es ist unfassbar und kaum zu glauben, dass ein so großer Dienstleister einen solchen eklatanten Fehler begehen konnte und den Zugang zu den Wallets nicht überprüfte. Das Debakel verdeutlicht die Gefahren bei der Verwaltung von digitalen Vermögenswerten und macht letztlich erneut deutlich, dass man sein eigenes Vermögen am besten schnell von derartigen Dienstleistern und Börsen abziehen sollte, um es selbst zu verwahren: Not your keys, not your coins!


Dieser Vorfall zeigt, dass man selbst staatlich zugelassenen Verwahrungsdienstleistern nicht hundertprozentig vertrauen kann und sollte. Für die Selbstverwahrung des eigenen Vermögens empfiehlt Blocktrainer.de die BitBox02.