Der australische Informatiker Craig Steven Wright (CSW) ist bekannt für seine Behauptung, Satoshi Nakamoto zu sein und das Bitcoin-Netzwerk erfunden zu haben. Aus diesem Grund wird er oft auch als „Faketoshi“ bezeichnet. Er ist in zahlreiche Rechtsstreits verwickelt, die unter anderem diese „Identitätsfrage“ klären sollen.

In einem Forbes-Bericht rücken nun circa 3800 erteilte oder in Prüfung befindliche Patente, die CSW gehören, in den Vordergrund. Angeblich könnten diese Patente ganz unabhängig von der „Identitätsfrage“ erhebliche Auswirkungen auf die Nutzung von Open-Source-Software und Blockchain-Anwendungen weltweit haben, wenn Wright den Schutz seines geistigen Eigentums durchsetzen kann.

Satoshis Erbe

Nachdem Satoshi Nakamoto am 31. Oktober 2008 das Bitcoin-White-Paper und den Bitcoin-Code im Januar 2009 im Sourceforge-Software-Repository veröffentlicht hatte, fügte Nakamoto eine Notiz hinzu, die es jedem erlaubt, den Code unter den Bedingungen einer am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelten Lizenz zu verwenden. Diese Lizenz wurde als „Copyright (c) 2009 Satoshi Nakamoto“ bezeichnet. Am 13. Dezember 2010 wurde sie von Nakamoto in „Copyright (c) 2009-2010 Bitcoin Developers“ umbenannt. Dadurch beseitigte Nakamoto sich selbst und somit eine Schwachstelle aus dem Code und schenkte ihn der Welt. Open-Source-Software-Entwickler wie Gavin Andresen und Mike Hearn übernahmen das Zepter und Nakamoto verschwand nach einer letzten E-Mail im Frühling 2011. Ein paar Monate später übertrug Andresen den Code in ein anderes Repositorium namens Github.

Die aufstrebende Kryptoindustrie nutzte die Software im Rahmen des Urheberrechts und stützte sich dabei auf die beigefügte Lizenz, wie zum Beispiel die im Jahr 2013 nahezu unbekannte Kryptobörse Coinbase oder Vitalik Buterin bei der Entwicklung der Ethereum-Blockchain. Craig Wright bemühte sich hingegen um einen Patentschutz der neuen Technologie.

Craig Wrights Patente

Aus Audit-Dokumenten geht hervor, dass im Jahr 2010 noch kein auf Bitcoin bezogenes Patent eingereicht wurde. In dem Forbes-Bericht behauptet Wright jedoch, dass er in demselben Jahr begann, daran zu arbeiten. Dazu habe er sein Bitcoin-bezogenes geistiges Eigentum auf vier von ihm kontrollierten australischen Unternehmen (Information Defense, Integyrs, Greyfog und Strassen) aufgeteilt. Außerdem gründete er Anfang 2011 zusammen mit seiner damaligen Frau Lynn und dem amerikanischen Sicherheitsexperten Dave Kleiman, mit dem CSW seit Mitte der 2000er Jahre zusammenarbeitete, das Unternehmen W&K Info Defense, um geistiges Eigentum im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie zu entwickeln.

Im Herbst 2012 reichte CSW sein erstes Bitcoin-bezogenes Patent ein.

Sein erstes Bitcoin-bezogenes Patent, eine Methode, mit der mehrere Nutzer den Zugangscode zu Blockchain-Registern für Dinge wie Nachlässe und Unternehmensaufzeichnungen aufteilen können, wurde 2017 vom US-Patent- und Markenamt erteilt.

Auszug aus dem Forbes-Artikel

Nachdem im April 2013 Dave Kleiman verstorben war, gründete CSW das in Sydney ansässige Unternehmen DeMorgan Group, dem er einen Großteil seiner Arbeit an Bitcoin übertrug. Zudem war er Chefwissenschaftler eines in der Schweiz ansässigen Unternehmens namens nChain, das im Wesentlichen Geld mit Lizenz- und Beratungsgebühren verdient.

Bis zum Jahr 2015 hatte CSW persönlich zwei und nChain weitere drei Patente eingereicht.

Zusätzlich meldete CSW im April 2019 zwei Urheberrechte beim US-Urheberrechtsamt an – eines für das Bitcoin-Whitepaper und das andere für die Software. In einer Erklärung der Behörde heißt es: 

Das Copyright Office überprüft nicht den Wahrheitsgehalt von Aussagen. […] Im Fall der beiden auf Herrn Wright ausgestellten Registrierungen hat das Office während des Prüfungsverfahrens das bekannte Pseudonym „Satoshi Nakamoto“ zur Kenntnis genommen und den Antragsteller gebeten, zu bestätigen, dass Craig Steven Wright der Autor und Antragsteller der registrierten Werke ist. Herr Wright hat diese Bestätigung gegeben.

Erklärung des US-Urheberrechtsamts

Die Anzahl von CSW kontrollierten Patenten ist heute auf sage und schreibe 800 erteilten und 3000 in Prüfung befindlichen Patenten in 46 Gerichtsbarkeiten angewachsen. Sollte CSW damit beginnen, für die Entwicklung von Blockchain-Anwendungen Gebühren zu verlangen, würde es sich auf den gesamten Kryptowährungsmarkt und die involvierten Unternehmen auswirken, so die Befürchtungen im Forbes-Beitrag. Außerdem könnten Wrights juristische Taktiken und Patentansprüche Präzedenzfälle für Open-Source-Software schaffen, einschließlich weit verbreiteter Anwendungen wie React, Visual Studio und Linux.

nChain

Das Hauptziel des Unternehmens nChain sei es, das Ökosystem der BSV-Blockchain (Bitcoin Satoshi Vision), an der CSW und sein Team arbeiten, auszubauen und Unternehmen zu unterstützen, die sich für BSV entscheiden. Das Unternehmen besitzt allein in Europa circa 440 und insgesamt über 765 Patente in den USA, Europa und China, die Themen wie Tokenisierung, Identitätsmanagement und Mikrozahlungen abdecken. Laut den Einschätzungen des Patentanwaltes David Pearce sind diese Patente auch gültig.

Der Leiter des geistigen Eigentums von nChain, Robert Alizon, behauptet, dass das Unternehmen bisher fünf zahlende Lizenznehmer hat und die Anzahl bis Ende des Jahres auf zwanzig ansteigen soll. Forbes konnte jedoch nur ein Unternehmen in Oslo, Unisot, ausfindig machen, das tatsächlich eine einmalige BSV-Lizenzgebühr entrichtet hat. Andere Lizenznehmer, wie die Unternehmen e-Livestock und MyMovies, gaben an, für mehrjährige Lizenzen nichts gezahlt zu haben. Einige Unternehmen, wie zum Beispiel Smart Ledger, glauben, dass sie keine Lizenz benötigen, obwohl sie auf BSV aufbauen.

Craig Wrights Rechtsstreitigkeiten

CSW ist in zahlreiche Rechtsstreits verwickelt, über die Blocktrainer.de berichtete. Neben den zahlreichen Gerichtsprozessen, die die „Identitätsfrage“ von CSW bzw. „Faketoshi“ klären sollten, beinhalten viele auch das geistige Eigentum von CSW.

Dave Kleimans Bruder, Ira Kleiman, wurde als Vertreter des Kleiman-Vermögens von W&K eingesetzt, zu dem die Hälfte des geistigen Eigentums im Zusammenhang mit Bitcoin sowie 50 Prozent der circa 1,1 Millionen Bitcoin, die Nakamoto durch Mining angesammelt hatte, gehören. Daraus entwickelte sich im Februar 2018 ein Gerichtsprozess. Im Dezember 2021 wurden die meisten Anklagepunkte gegen Wright fallengelassen, doch er musste der Firma W&K 100 Millionen US-Dollar Schadensersatz zahlen, weil er sich an dem geistigen Eigentum bereichert hatte. Außerdem konnte Wright bis heute nicht beweisen, dass er mit dem notwendigen privaten Schlüssel Zugang zu den 1,1 Millionen Bitcoin hat.

Im Januar 2021 schickte das Team von CSW eine Unterlassungserklärung an das Zahlungsunternehmen Block, in der das Unternehmen aufgefordert wurde, die Kopie des Bitcoin-Whitepapers von der Website zu entfernen. Ähnlich könnte es bald auch Apple gehen, weil das Unternehmen das Dokument auf einigen Geräten verbreitet hat und CSW dies bereits als Urheberrechtsverletzung bezeichnete.

Nach der Unterlassungserklärung gegen Block verklagten die Anwälte der Patenthandelsgruppe Crypto Open Patent Alliance (COPA) CSW beim britischen High Court of Justice, der nun über die „Identitätsfrage“ und letztlich die Urheberrechtsverletzung entscheiden soll. 

Im Zuge dessen reichte CSW ebenso Klage gegen zahlreiche Bitcoin-Entwickler und Unternehmen ein, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass er sowohl Satoshi Nakamoto ist als auch Anspruch auf das Urheberrecht auf ein Dateiformat von Bitcoin sowie den Klon Bitcoin Cash hat. Anfang Februar 2023 entschied der zuständige Richter, James Mellor, dass eben jenes Bitcoin-Dateiformat nicht geschützt werden könne und Wright deshalb keinen Anspruch auf das Urheberrecht hat.

Das hat Wright jedoch nicht davon abgehalten, im selben Monat erneut gegen 16 Bitcoin-Entwickler zu klagen. Dieser Fall wird zusammen mit dem COPA-Fall sowie zwei weiteren Fällen ab Januar 2024 gemeinsam verhandelt, erklärte das zuständige britische Gericht im Juni.

Eine Gefahr für Bitcoin und Open-Source?

Obwohl sich CSW derzeit auf die aktuellen Fälle und das Eintreiben von Lizenzgebühren von denjenigen, die für die Zahlung bereit sind, konzentriert, plant er auch seine Rechte am geistigen Eigentum auf breiterer Basis durchzusetzen. Es wird demnach wohl weitere Gerichtsprozesse zum geistigen Eigentum und zur „Identitätsfrage“ geben.

Einige Rechtsexperten sehen darin tatsächlich eine Gefahr für die Open-Source-Kultur, wie Jess Jonas, Leiterin der Rechtsabteilung des Bitcoin Legal Defense Fund, der Software-Entwickler von Kryptowährungen vertritt.

Den Entwicklern und anderen Branchenteilnehmern entstehen erhebliche Kosten, wenn sie auf diese Klagen reagieren müssen, und das müssen sie auch, denn was in diesem Fall zur Debatte steht, ist eine der wichtigsten Open-Source-Lizenzen, die es gibt. Und wenn es diesen Schutz nicht gibt, warum sollten die Leute dann das Risiko auf sich nehmen und freie und quelloffene Software für die Öffentlichkeit entwickeln?

Zitat von Jess Jonas

Andere Experten sehen den Sachverhalt gelassener und verweisen auf die „Identitätsfrage“ und einige Prozesse, in denen Fragen zum geistigen Eigentum bereits beantwortet wurden.

Keiner dieser Fälle führt zu etwas, solange Craig Wright nicht beweist, dass er Satoshi Nakamoto ist. Sie haben alle etwas mit geistigem Eigentum zu tun. Aber sie alle hängen davon ab, dass Craig Wright Satoshi Nakamoto ist. Und das ist er nicht.

Zitat vom Patentanwalt David Pearce

Die endgültige Klärung über das geistige Eigentum von CSW wird wohl erneut mit einem Urteil eines Gerichtsprozesses erfolgen.