Erst gestern gab die Silvergate Capital Corporation bekannt, ihre Kryptobank Silvergate zu liquidieren und damit aufzulösen. Nun mehren sich die Gerüchte, dass mit der Silicon Valley Bank (SVB) die nächste Bank vor dem unmittelbaren Aus stehen könnte. Die Aktie (Ticker: SIVB) der Bank verlor innerhalb der vergangenen 24 Stunden rund 60% ihres Wertes, nachdem die Bank den Verkauf von Aktien angekündigt hatte, um sich zusätzliches Kapital zu beschaffen.
Wieso geraten die Banken unter Druck?
Silvergate und SVB waren nicht die einzigen Banken, die in den vergangenen Tagen unter Druck gerieten. So konnte auf breiter Front ein Abverkauf von Banken-Aktien beobachtet werden. Der US Regional Bank ETF ($KRE), welcher aus 37 Banken besteht, brach gestern um 8% ein. Besonders hart traf es hierbei die amerikanischen Hightech-Banken, welche Kursrückgänge im zweistelligen Bereich verzeichneten.
Mittlerweile sind die amerikanischen Geschäftsbanken dazu verpflichtet, eine Liquditätsdeckungsquote (LCR) von 100% aufzuweisen. Dafür müssen 10-15% der Vermögenswerte der Banken in hochwertige liquide Vermögenswerte (HQLA) investiert sein. Dies soll sicherstellen, dass die Geschäftsbanken auch bei einem sogenannten "Bank Run" genügend Liquidität besitzen, um ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden nachzukommen.
Ein beliebter HQLA sind Anleihen, da sich diese mit einer besonders hohen Liquidität auszeichnen. Neben US-Staatsanleihen halten die amerikanischen Geschäftsbanken Unternehmensanleihen sowie hypothekenbasierte Wertpapiere. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen sind deshalb die Geschäftsbanken dazu gezwungen, Anleihen zu halten und sich damit der Volatilität der Anleihen auszusetzen. Die Banken sind allerdings nicht gezwungen, die Verluste aus der Volatilität aus ihren Anleihegeschäften zu bilanzieren. Für Außenstehende ist es daher nur schwer nachzuvollziehen, welchen Wert die gehaltenen Anleihen tatsächlich besitzen.
Die Banken müssen ihre Gewinne bzw. Verluste erst dann bilanzieren, wenn sie ihre Anleihen verkaufen. Ein Grund für den Verkauf von den Anleihen kann etwa ein Bank Run sein, bei dem sich die Geschäftsbanken zusätzliche Liquidität beschaffen müssen, um den Forderungen der Kunden nachzukommen.
Aufgrund der monetären Straffung durch die Fed verzeichnete der US-Anleihenmarkt das schlechteste Jahr seit dem 2. Weltkrieg. Bei einem Liquidierungsevent ist es daher wahrscheinlich, dass die Banken ihre Anleihen mit einem Verlust liquidieren. Im dritten Quartal des vergangenen Jahres realisierten US-Geschäftsbanken aus ihrem Anleihegeschäfte Verluste im Wert von 675 Milliarden US-Dollar. Diese Liquidierung setzt besonders die Banken unter Druck, welche unter geringen Gewinnmargen operieren und damit in Gefahr laufen, nicht ausreichend kapitalisiert zu sein, um einen potenziellen Bank Run abwenden zu können.
Die Silicon Valley Bank wird zum nächsten Opfer
Die Silicon Valley Bank ist ein anschauliches Beispiel für die derzeitige Situation der Hightech-Banken. Aufgrund der aktuell herrschenden Marktbedingungen wurde das Unternehmen gezwungen, Anleihen im Wert von 21 Milliarden US-Dollar zu verkaufen. Der realisierte Verlust aus dieser Transaktion betrug 1,8 Milliarden US-Dollar. Um den Verlust auszugleichen, plant die SVB Aktien im Wert von 2,3 Milliarden US-Dollar auszugeben. Die Ausgabe von Aktien, um einen realisierten Verlust auszugleichen, gilt in der Investorenwelt als eine rote Flagge, weshalb die Aktie des Unternehmens innerhalb von 24 Stunden um 54% einbrach.
Wie kam das Unternehmen in diese Position? Primärer Grund war das schlechte Risikomanagement des Unternehmens. Das Anleihen-Portfolio im Wert von 21 Milliarden US-Dollar verspricht seinen Investoren eine Rendite von 1,76% bei einer Laufzeit von 3,6 Jahren. Aufgrund der Zinsstrategie der Fed stiegen die Renditen der US-Anleihen signifikant an. So wird die 3-Jahres-Staatsanleihe der Vereinigten Staaten derzeit bei 4,71% gehandelt. Für einen Investor ist es daher die rationale Entscheidung, seine SVB-Anleihen zu verkaufen und US-Staatsanleihen zu kaufen. SVB wurde folglich dazu gezwungen, ihre Anleihepositionen im Verlust zu liquidieren.
Der zweite Grund ist der strauchelnde Tech-Markt in den Vereinigten Staaten. Gemessen an der Bilanzsumme liegt die SVB auf Platz 15 der größten Banken in den Vereinigten Staaten und erfreut sich besonders bei den börsengelisteten Technologieunternehmen einer großen Beliebtheit. Das Ende des billigen Geldes durch die monetäre Straffung der Fed setzte allerdings dem amerikanischen Technologiesektor schwer zu. Die Zahl der Börsengänge von Techunternehmen fiel von 1035 im Jahr 2021 auf 181 im vergangenen Jahr. Diese Neukunden fehlen nun der Silicon Valley Bank.
„Die Silicon Valley Bank öffnet 40% im Minus, nachdem Investoren herausgefunden haben, dass es eine schlechte Geschäftsstrategie ist, Kredite für Geld-verbrennende Start-ups in einem Bärenmarkt zu vergeben, die nicht finanziert werden können.“
Dr. Parik Patel
Gefahr für den Krypto-Markt
Einige Hightech-Banken des Silicon Valley bieten auch Dienstleistungen für diverse Krypto-Projekte an. So arbeitet die SVB auch mit kryptofreundlichen Venture Firmen wie Sequoia und a16z zusammen und stellen diesen die benötigte Liquidität zur Verfügung.
Eine mögliche Insolvenz der SVB könnte den VC-Markt für weitere Kryptoprojekte austrocknen lassen. Wie wahrscheinlich eine Insolvenz von SVB ist, ist derzeit schwierig abzuschätzen. Der bekannte Investor Peter Thiel forderte dennoch seine Portfoliounternehmen dazu auf, ihr Kapital von der Bank abzuziehen. SVB-CEO Greg Becker forderte dagegen die Anleger auf, „ruhig zu bleiben“ und erklärte, dass die Bank ausreichend Liquidität besitze.
Eine Insolvenz der SVB könnte zu einer Verschärfung des Contagion Effekts führen. Die Sorgen um die Silicon Valley Bank lassen darauf schließen, dass die Silvergate nicht die einzige Bank bleiben wird, welche den Krypto- bzw. allgemeinen Anlage-Winter nicht überstehen wird. Auch die Entwicklung des Bitcoin-Kurses in den vergangenen 24 Stunden lässt darauf hindeuten, dass ein Kollaps der Hightech-Banken Konsequenzen für den Bitcoin-Preis haben könnte.