Der Erfinder des Ordinals-Protokolls, Casey Rodarmor, veröffentlichte gestern auf seinem Blog überraschend einen Vorschlag für einen neuen Token-Standard unter dem Namen Runes, der direkt auf Bitcoin aufbauen soll. Im Gegensatz zum aktuell verbreiteten BRC-20-Standard wird ein Ansatz vorgeschlagen, der weniger komplex und vor allem besser mit dem Transaktionsmodell von Bitcoin harmoniert.

Obwohl es noch nicht einmal eine offizielle technische Spezifikation gibt, sind bereits die ersten Software-Umsetzungen aufgetaucht, und auch im Bitcoin-Netzwerk findet man erste Transaktionen, die mit den neuen "Runen" herumexperimentieren. In nur wenigen Stunden wurde aus einem unausgereiften Blog-Post eine funktionierende und aktiv genutzte Umsetzung, was fast schon rekordverdächtig ist. Wir werfen daher einen kurzen Blick auf den neuen Vorschlag!

Lese-Tipp: Wie funktionieren BRC-20 Token?

Eine neue furchtbare Idee ist gerade entstanden: Runes.

Ein "schlimmer-geht-immer" Fungible-Token Protokoll für Bitcoin.

@rodarmor auf 𝕏

Schluss mit Ordinals?

Für das Erstellen und Versenden von BRC-20 Token benötigt man, da es sich im Grunde um ganz gewöhnliche Inscriptions nach dem Ordinals-Protokoll handelt, immer zwei individuelle Bitcoin-Transaktionen. Das ist nicht nur umständlich, sondern sorgt ganz allgemein für eine höhere Auslastung im Netzwerk, die jeder Nutzer von Bitcoin durch höhere Transaktionsgebühren spürt. Auch sorgt der Aufbau des BRC-20 Standards für viele unbenutzte UTXOs, also "Bitcoin-Stücke", die potenziell ausgegeben werden können, und daher von jeder Bitcoin-Node laufend überwacht werden müssen. Es gibt daher viel Verbesserungspotenzial, an dem nicht nur "Token-Liebhaber", sondern allgemein das ganze Bitcoin-Netzwerk interessiert sein könnte.

Der Ansatz von Runes verzichtet nämlich komplett auf das Ordinals-Protokoll und setzt, genau wie normale Bitcoin-Zahlungen auch, auf ein UTXO-Basiertes Transaktionsmodell. Das bedeutet konkret: Eine beliebige Anzahl und Variation von Token kann direkt mit einem einzelnen UTXO verknüpft werden und später flexibel ausgegeben werden. Die Informationen über die Anzahl und Art der Token sowie die Zuordnung zu einem UTXO wird dabei in jeder Transaktion mit einem OP_RETURN-Output, also einem reinen "Textfeld", angegeben. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass nicht-interessierte Bitcoin-Nodes diese Informationen einfach verwerfen können. Durch die direkte UTXO-Knüpfung sind Runes außerdem mit dem Lightning-Netzwerk und sonstigen Second-Layer-Lösungen kompatibel, ein weiterer Vorteil gegenüber den BRC-20 Token, der vor allem in Zukunft relevant werden könnte.

Schadensbegrenzung

Rodarmor selbst ist sich nicht einmal sicher, wie sinnvoll sein neuer Vorschlag überhaupt ist und merkt an, dass die allermeisten Token ohnehin nur zum Spaß oder zu Betrugszwecken existieren. Egal wie effizient oder elegant man einen Token-Standard für Bitcoin gestalten mag, der Anwendungsfall und Nutzen an sich bleibt fragwürdig.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Schaffung eines neuen Fungible-Token-Protokolls für Bitcoin eine gute Idee ist. Fungible Token sind zu 99,9% Betrugsversuche und Memes. Allerdings scheinen sie vorerst nicht zu verschwinden, ähnlich wie Casinos, die vorerst auch nicht verschwinden werden. Die Entwicklung eines guten Fungible-Token-Protokolls für Bitcoin könnte signifikante Gebühreneinnahmen, das Interesse von Entwicklern und neue Nutzer für Bitcoin mit sich bringen.

Casey Rodarmor

Man könnte daher auch von einer Art Schadensbegrenzung sprechen. Niemand kann die Nutzung eines Token-Standards in einem offenen Netzwerk wie Bitcoin verhindern, egal für wie sinnlos man diesen halten mag. Also gilt es, die Umsetzung möglichst simpel zu gestalten, und dafür zu sorgen, Nachteile für das gesamte Netzwerk möglichst gering zu halten. Rodarmor nennt hierfür den recht harten, aber irgendwie passenden Vergleich, es sei als würde man Drogenabhängigen saubere Nadeln zur Verfügung stellen.

Jetzt heißt es aber erst einmal abwarten, ob der neue Runes-Vorschlag dem etablierten BRC-20-Standard überhaupt die Stirn bieten kann. Mit mittlerweile über 27 Millionen Inscriptions macht letzterer mittlerweile einen beachtlichen Anteil der Bitcoin-Transaktionen aus und hat entsprechend viele aktive Nutzer.