In den letzten Tagen ist eine neue Studie der Texas A&M, der größten Universität der USA, erschienen, die sich mit den Auswirkungen des Bitcoin-Minings auf das texanische Stromnetz beschäftigt und dabei detaillierter ist als bisherige Studien.

Während in China das Mining von Kryptowährungen verboten wurde, konnte man in den USA in den letzten Jahren einen Zuwachs von Mining-Anlagen und somit auch einen starken Anstieg des Stromverbrauchs verzeichnen. Laut dem Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index stieg der Anteil der Hashrate vom Bitcoin-Mining in den USA zwischen 2019 und 2022 von knapp 4% auf 37% an. In diesem Zeitraum erhöhte sich auch der Stromverbrauch der Anlagen von 300 MW auf 5,7 GW. Ein großer Teil dieser Mining-Aktivitäten findet in Texas statt, wo derzeit mehr als 1,5 GW an Mining-Kapazität in Betrieb sind. Es wird erwartet, dass pro Jahr fast 2 GW an zusätzlicher Last hinzukommen.

Bisherige Studien stützten sich auf den monatlichen oder regionalen Stromverbrauch sowie den systemweiten durchschnittlichen Kohlenstoffausstoß als Messwerte. Dadurch wurde kein umfassendes Verständnis der Auswirkungen der Mining-Unternehmen auf die Umwelt und die Stromnetze geboten. Unter der Leitung von Dr. Le Xie, Professor im Fachbereich Elektro- und Computertechnik an der Texas A&M University sowie stellvertretender Direktor des Texas A&M Energy Institute, entstand nun eine neue Studie, die detailliertere Einblicke gewährt. In der Studie mit dem Titel „Präzise Modellierung und Analyse der Auswirkungen des Minings von Kryptowährungen auf die Stromnetze: CO₂-Fußabdruck, Zuverlässigkeit und Strompreis“ wird die Korrelation zwischen dem Verbrauch der Mining-Unternehmen und externen Faktoren wie Marktpreise und Stromknappheit in Texas analysiert. Dabei werden auch Einflussfaktoren wie Standort und Flexibilität der Mining-Unternehmen berücksichtigt.

CO₂-Fußabdruck ist abhängig vom Standort und Strompreis

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die herkömmlichen groben Schätzungen des CO₂-Fußabdrucks der Mining-Anlagen fehlerhaft sein könnten. Es gibt nämlich große standortbezogene Unterschiede. 

Insbesondere können Standorte mit niedrigen Strompreisen die Kohlenstoffemissionen pro Einheit auf unter 50% des systemweiten Durchschnitts senken, während Standorte, die in der Nähe von erneuerbaren Energien liegen, nicht unbedingt zu niedrigen Kohlenstoffemissionen führen.

Auszug aus der Studie

Quelle

Der Strompreis ist demnach ein zuverlässiger Indikator für die lokalen Kohlenstoffemissionen. Während in bevölkerungsreichen Gebieten mit hoher Belastung des Stromnetzes der Strompreis relativ hoch ist, ist er in ländlichen Gebieten, wo in der Regel die größeren Mining-Anlagen errichtet werden, niedriger.

Die Nachfrageflexibilität der Mining-Anlagen

Mining-Anlagen können schnell hoch- und runtergefahren werden und besitzen daher ein sehr hohes Maß an Flexibilität. Die Studie zeigt, dass diese Flexibilität eine zentrale Rolle bei der Zuverlässigkeit des Stromnetzes und der Stabilität der Preise spielt.

Strompreisschwankungen treten vor allem bei Stromknappheit sowie Engpässen in den Übertragungsleitungen (hoher Preis) oder bei einem Überangebot (niedriger Preis) auf. 

Im Sommer schwankt der Strompreis erheblich, weil die hohe Nachfrage nach Strom zum Betreiben von Klimaanlagen zu einem wachsenden Missverhältnis zwischen Stromlast und Stromerzeugung führt. Dies kann während der Spitzenlastzeiten (14-17 Uhr) eine Überlastung des Systems und große Strompreis-Spitzen mit sich bringen. Während dieser Stunden fahren die Mining-Anlagen ihren Betrieb herunter, weil sie einerseits durch die erhöhten Strompreise keinen Profit mehr erwirtschaften, andererseits aber auch, weil sie verbindlich zu dieser Nachfragereaktion verpflichtet sind – durch die sogenannten Demand-Response-Anordnungen. Während der Strompreis und der Stromverbrauch der Bevölkerung sowie nicht flexibler Unternehmen ansteigen, reduziert sich bei den Mining-Anlagen der Stromverbrauch und somit die Belastung des Stromnetzes.  

Quelle

Die Studie zeigt, dass extrem hohe Strompreise im gesamten System durch den Betrieb einer gewinnorientierten, preisabhängigen Mining-Anlage, die nur bei einem Strompreis unter 40 US-Dollar pro Megawattstunde betrieben wird, deutlich reduziert werden können.

Die Studie macht außerdem deutlich, dass die Zuverlässigkeit eines Stromnetzes (auch mit vorrangig erneuerbaren Energien) mit zusätzlichen Mining-Anlagen anfälliger für Ausfälle und Überlastung ist. Die zunehmende Einspeisung erneuerbarer Energien bedeutet eine erhöhte Anfälligkeit des Stromnetzes für nicht flexible Belastungen. Dadurch wird sich die erwartete Anzahl von Stunden pro Jahr, in denen das Stromnetz den Stromverbrauch der Mining-Anlagen nicht bedienen kann, erhöhen. Das bedeutet, dass es Zeiträume geben wird, in denen die Stromerzeugung unzureichend ist. Diese Probleme können jedoch mit einer vollständigen oder auch nur teilweisen Nachfrageflexibilität der Anlagen erheblich reduziert werden, was in verschiedenen Szenarien verdeutlicht wird. Stromerzeuger und Mining-Anlagen können sich auf diese Stromknappheit einstellen, sodass auch große wirtschaftliche Verluste vermieden werden. Die flexiblen Mining-Anlagen werden nur zu den Zeiten betrieben, in denen die Stabilität des Stromnetzes nicht beeinträchtigt wird. Die Auswirkungen auf die CO₂-Emissionen sind dabei nicht bedeutend.

Tool zur Modellierung der Auswirkungen des Minings

Mit dieser Studie wurde letztlich ein Open-Source-Tool geschaffen, mit dem man die Auswirkungen des Minings nachvollziehen kann.

Wir entwickeln ein frei zugängliches Tool, das ein großmaßstäbliches Netzmodell und präzise Daten kombiniert, um die Belastung des Stromnetzes durch das Mining von Kryptowährungen in verschiedenen Szenarien zu modellieren und so die Auswirkungen des Kryptowährungs-Minings auf den Stromsektor wissenschaftlich und detailorientiert zu quantifizieren.

Auszug aus der Studie

Die Vorgehensweise der Berechnungen wird detailliert erläutert. Dies soll nicht nur eine Inspiration für weitere Forscher in den Bereichen Energie und CO₂-Bilanz sein, sondern auch Politiker und Netzbetreiber bei ihren Entscheidungen weiterhelfen. Es wurde verdeutlicht, dass Standort und Flexibilität kritische Faktoren sind, die bei der Festlegung geeigneter Richtlinien oder Schaffung finanzieller Anreize (Steuern, CO₂-Gutschriften) für die Mining-Unternehmen berücksichtigt werden sollten. Durch die Nutzung der räumlichen Analyse der CO₂-Bilanz können geeignete Standorte mit geringerem CO₂-Fußabdruck zugewiesen werden. Ferner könnte die Teilnahme großer Mining-Anlagen an Großhandelsmärkten erleichtert oder die Mining-Unternehmen zur flexiblen Nachfragereaktion verpflichtet werden, wodurch sich die Bedenken hinsichtlich der Systemzuverlässigkeit und der Auswirkungen auf den Strommarkt verringern.

Fazit

Mit dieser neuen Studie wird die Integration von Mining-Unternehmen gefördert. Die Eigenschaften, die Mining-Anlagen mit sich bringen, können zur Stabilisierung der Stromnetze und der Strompreise sowie zur Verbesserung der CO₂-Bilanz genutzt werden. Die Studie hat gezeigt, dass eine Sondersteuer für Mining-Unternehmen, wie es momentan die Biden-Regierung plant, für derartige Vorhaben kontraproduktiv wäre. Durch die Studie wurde verdeutlicht, dass Bitcoin-Mining keine Gefährdung der Umwelt, der Stromnetze und der Menschen darstellt. Es hat einen Nutzen, der über die Sicherung des Bitcoin-Netzwerks und die Emission neuer Bitcoin hinausgeht.