Im Laufe des gestrigen Nachmittags kam es bei Bitcoin und dem Großteil des Kryptomarktes zu einem steilen Abverkauf, der sich auch am heutigen Tag fortsetzte. Vom Tages- und neuem Allzeithoch von knapp 74.000 US-Dollar fiel der Bitcoin-Preis über Nacht und bis zum heutigen Mittag auf unter 66.000 US-Dollar – eine Korrektur von mehr als 10 Prozent.

Damit handelt Bitcoin auf US-Dollar-Basis wieder unter dem Allzeithoch aus November 2021. In Euro gemessen pendelt der Kurs allerdings noch über dem 60.000-Euro-Allzeithoch vom letzten Zyklus.

Erzeugerpreise, Inflation und Zinssenkungen

Einer der Hauptgründe für die Kurskorrektur liegt womöglich in den steigenden Erzeugerpreisen in den USA. Die Inflation bei den Preisen, die Hersteller für ihre Produkte verlangen, nimmt wieder stärker als erwartet zu. Der Markt rechnete mit einer Steigerung von 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, entsprechend waren die berichteten 1,6 Prozent ein kleiner Schock. Die mit 0,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat stärker ansteigenden Erzeugerpreise könnten ein Vorbote für bald auch wieder höhere Konsumgüterpreise sein. Diese wurden in den USA zu Beginn der Woche bereits berichtet. Mit 3,2 anstelle der erwarteten 3,1 Prozent fielen diese ebenfalls „heißer“ als erwartet aus, jedoch nicht heiß genug, um den Markt groß nach unten zu ziehen.

Eigentlich hatten die US-Notenbank aufgrund der sinkenden Inflationsraten geplant – und auch bereits kommuniziert – die Zinsen in diesem Jahr deutlich zu senken. Jetzt kommt jedoch im Markt vermehrt die Sorge auf, dass die Inflationsdaten dies nicht zulassen. Blocktrainer.de berichtete vor wenigen Tagen zudem, dass Analysten aufgrund der derzeit stark steigenden Preise für Vermögenswerte wie Bitcoin befürchten, dass die Federal Reserve die Zinsen länger oben halten wird. Stark laufende Kapitalmärkte befeuern in den USA die Inflation oft zusätzlich, da die Amerikaner zu großen Teilen in Vermögenswerte investiert sind und mehr konsumieren, wenn ihre Depots üppiger sind.

Nun scheint sich die Sorge vor längerfristig hohen Zinsen zu verbreiten. Während in der vergangenen Woche nur 25 Prozent des Marktes damit rechnete, dass im Juni die Zinsen noch nicht gesenkt werden, sind es nach der hohen Inflation bei den Erzeugerpreisen mehr als 45 Prozent.

Anfang des Jahres war sich der Markt noch sicher, dass bereits im März die Zinsen gesenkt würden. Dies ist mittlerweile komplett vom Tisch.

Die Einpreisung der neuen Markterwartungen an die Geldpolitik löste wahrscheinlich die Abverkäufe an den Märkten aus. Bitcoin erwischte es mit zeitweise mehr als minus 10 Prozent härter als die Technologieaktien – der Nasdaq 100 handelte im Tief lediglich knapp 2 Prozent unter dem Höchstkurs von gestern.

Rückgang der ETF-Zuflüsse

Zusätzlich zu oder auch aufgrund von diesen makroökonomischen Sorgen kam es zu niedrigeren Zuflüssen in Bitcoin-ETFs. Nachdem der Dienstag mit mehr als einer Milliarde US-Dollar an Nettozuflüssen in die Anlagevehikel ein neuer Rekordtag war, waren es gestern lediglich 132 Millionen US-Dollar – eine kleine Schwächephase.

Bitcoin ETF-Flow – 14. März 2024

Alle Daten sind da. 132 Mio. $ Nettozufluss für den Tag. Starkes Ergebnis, aber viel schwächer als zu Beginn der Woche. Blackrock verzeichnet $345 Mio. an Zuflüssen, GBTC $257 Mio. an Abflüssen, während andere Anbieter deutlich weniger Zuflüsse verzeichnen.
BitMEX Research

Dennoch muss festgehalten werden, dass die ETF-Zahlen immer noch unfassbar stark sind und trotz Kursen nahe dem Allzeithoch und einem hohen Zinsniveau täglich tausende Bitcoin von den Anlageprodukten aufgesaugt werden.

Long-Squeeze

Infolge des raschen Kursrückgangs kam es außerdem zu einem sogenannten Long-Squeeze. Ein Long-Squeeze tritt auf, wenn Marktteilnehmer, die auf steigende Kurse gesetzt haben – also ‚long‘ gegangen sind – gezwungen werden, ihre Positionen schnell zu schließen. Dieser Prozess verstärkt den Abwärtstrend, da der Verkauf von Assets zur Schließung Trader, die auf dem falschen Fuß erwischt wurden, den Verkaufsdruck am Markt erhöht.

Laut der Daten des Analyse-Services Coinglass wurden in den vergangenen 24 Stunden mehr als 270 Millionen US-Dollar an Hebelpositionen liquidiert.

Konsolidierung vor dem Halving?

Bei 𝕏 kursieren obendrein Vermutungen, dass der Preisrückgang mit dem anstehenden Halving zu tun haben könnte. In der Vergangenheit kam es im Vorfeld des „Bitcoin-Silvesters“ oft zu heftigeren Konsolidierungen von teilweise bis zu 40 Prozent.

In 4 Tagen wird Bitcoin offiziell die „Gefahrenzone“ (orange) betreten, in der historische Rücksetzer im Vorfeld des Halvings begonnen haben.
Historisch gesehen, hat Bitcoin 4-28 Tage vor dem Halving solche Rücksetzer durchgemacht.
Im Jahr 2020 war der Rücksetzer -20% tief
Im Jahr 2016 war der Rücksetzer -40% tief
Aktuell ist $BTC 32 Tage vom Halving entfernt und hat diese Woche -11% zurückgenommen
@rektcapital

Ob es tatsächlich jetzt zu einer stärkeren Korrektur kommt oder bereits das Schlimmste überstanden ist, kann jedoch aus der Vergangenheit nicht abgeleitet werden.

Ausblick

Dass Bitcoin leicht zurücksetzt, sollte angesichts der starken vorangegangen Rally nicht groß überraschen. Hätte jemand zu Beginn des Jahres gesagt, dass Bitcoin vor dem Halving bei 66.000 US-Dollar steht, hätten die meisten ihn wohl als zu optimistisch eingeordnet. Kursrückgänge von bis zu 30 Prozent sind bei Bitcoin selbst in Bullenmärkten nichts Besonderes. Wie auch bei den kleinen Korrekturen in den letzten Wochen brauchte es auch dieses Mal nicht lange, bis wieder Käufer in den Markt kamen. Seit dem Tiefstand vom Mittag hat sich der Bitcoin-Kurs zeitweise wieder um etwa 5 Prozent erholt. Oft bildet Volatilität, bei der viel Hebel aus dem Markt gespült wird, im Anschluss ein Fundament, für künftige gesündere Anstiege. Dennoch sind weitere Kursverluste selbstverständlich nicht auszuschließen.

Ob die Geldpolitik bald locker und frisches Geld in die Märkte gespült wird, das die Assetpreise auf neue Höhen katapultiert, bleibt abzuwarten. Dafür gilt es die Inflation in den USA zu beobachten, denn bei wieder stark steigenden Inflationsraten wird die Federal Reserve wohl kaum die Zinsen senken – es sei denn, sie ist durch eine Rezession dazu gezwungen. Mehrere Inflationswellen wie in den 1970er-Jahren könnten für volatile Zeiten an den Aktienmärkten sorgen.

Angesichts des Wahljahres in den USA und der dortigen hohen Staatsverschuldung ist zudem nicht davon auszugehen, dass die Geldpolitik allzu lange restriktiv bleiben wird. Ferner haben die ETFs ein neues Paradigma bei Bitcoin eingeleitet, das vermutlich das Korrekturpotenzial nach unten deutlich begrenzen wird.

In gut einem Monat steht das lang ersehnte Bitcoin-Halving an, das bisher stets durch die Halbierung der BTC-Menge, die pro neuem Block in Umlauf kommt, den Kurs beflügelt hat. Inwiefern dies schon eingepreist ist und ob – wie in den Zyklen zuvor – dann erst der richtige Bitcoin-Bull-Run beginnt, wird die Zukunft zeigen.