Die größte US-amerikanische Kryptobörse Coinbase befindet sich seit einigen Monaten im Rechtsstreit mit der Securities and Exchange Commission (SEC). In ihrem aktuellen Shareholder Letter, der Teil ihres Earnings Call für das zweite Quartal 2023 war, hat Coinbase nun weitere Schritte gegen die Börsenaufsichtsbehörde angekündigt.

Coinbase stellt sich gegen SEC

Coinbase stellte heute einen Antrag auf Abweisung der gesamten SEC-Klage. Der Grund: Das Unternehmen ist der Ansicht, dass keiner der in der Beschwerde der SEC genannten Vermögenswerte oder Dienstleistungen Investmentverträge im Sinne des geltenden US-amerikanischen Wertpapierrechts darstellt.

Coinbase wird einen Antrag auf Abweisung der Klage in ihrer Gesamtheit stellen, insbesondere weil wir der Ansicht sind, dass keine der in der Klage der SEC genannten Vermögenswerte oder Dienstleistungen Investmentverträge im Sinne des seit langem geltenden Wertpapierrechts darstellen.

Auszug aus dem Aktionärsbrief

Die SEC hatte im Juni eine Durchsetzungsmaßnahme gegen Coinbase eingeleitet. Unter anderem wurde der Börse von den Behörden vorgeworfen, Token zum Handel anzubieten, die als Wertpapiere einzustufen sind. Darunter auch bekannte Projekte wie SOL, ADA und MATIC. Kurz darauf hatten dann zehn Bundesstaaten der USA Verfahren aufgrund der angebotenen Staking-Dienste eingeleitet.

Keine Investmentverträge

Coinbase führte im Antrag jedoch aus, warum man der Meinung sei, dass es sich beim Handel der benannten Coins beziehungsweise Token nicht um Investmentverträge im Sinne des sogenannten Howey-Tests handle. Das Unternehmen argumentiert, dass es Transaktionen zum Handel lediglich Vermögensverkäufe sind, bei denen die Verpflichtungen von Käufer und Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufs erfüllt werden.

Ein unerlässliches Merkmal des "Investitionsvertrags", wie er vom Obersten Gerichtshof in Howey definiert wurde, ist, dass er dem Erwerber zumindest ein vertragliches Recht auf die Gewinne, Einkommen oder Vermögen eines Unternehmens gewährt.

Die SEC kann nicht behaupten, dass Transaktionen mit den zwölf in der Beschwerde genannten Token, die an der Coinbase-Sekundärmarkt-Spotbörse oder an anderen Sekundärmarktbörsen über Coinbase Prime stattfinden, solche Rechte beinhalten. Es handelt sich um Verkäufe von Vermögenswerten, bei denen die Verpflichtungen von Käufer und Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufs erfüllt werden.

Coinbase, Auszug aus dem Antrag auf Abweisung

Auch was das Angebot von Staking-Dienstleistungen betrifft, sieht Coinbase keine legitimen Angriffspunkte seitens der SEC.

Schließlich scheitern die Ansprüche der SEC, die sich gegen das "Staking"-Programm von Coinbase richten, aus rechtlicher Sicht, weil (i) die vorgetragenen und durch Verweis einbezogenen Tatsachen belegen, dass die Kunden des Staking-Dienstes durch das Staking über die Software von Coinbase keine Geldanlage tätigen, und (ii) die Kunden des Staking-Dienstes von Coinbase eher dienstliche als verwaltungstechnische Dienstleistungen erhalten.

Coinbase, Auszug aus dem Antrag auf Abweisung

Optimismus in der Führungsriege

Der Chief Legal Officer von Coinbase, Paul Grewal, äußerte sich optimistisch über den heutigen Schritt. "Für die meisten Menschen ist der Freitag nur der Tag vor dem Wochenende. Aber nach diesem Freitag wird die Nachbarschaft nie mehr dieselbe sein", erklärte Paul Grewal in einem Tweet.

Außerdem warf er der SEC vor, dass sie bisherige Rechtssprechung ignoriert und ihre Befugnisse überschritten habe:

Indem sie diese Rechtsprechung ignoriert, hat die SEC gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren verstoßen, ihren Ermessensspielraum missbraucht und ihre eigenen früheren Auslegungen der Wertpapiergesetze aufgegeben. Indem sie diesen Präzedenzfall ignoriert hat, hat die SEC die strengen Grenzen ihrer vom Kongress festgelegten grundlegenden Befugnisse mit Füßen getreten.

Paul Grewal, CLO bei Coinbase

Coinbase kämpft für Staking

Aufgrund der rechtlichen Unklarheit ist Coinbase in vier US-Staaten derzeit das Anbieten von Staking-Dienstleistungen für Privatkunden untersagt. Obwohl das Staking nur etwa 4% des Nettoertrags im zweiten Quartal ausmachte, bekräftigte Coinbase, den Zugang dazu in all diesen Staaten verteidigen zu wollen. Das Unternehmen meint, dass "Staking für den Betrieb und die Entwicklung der gesamten Kryptoindustrie von entscheidender Bedeutung sei".

Im Rahmen der Gerichtsverfahren in den einzelnen Bundesstaaten arbeitet Coinbase mit allen Staaten zusammen und hält sich an die von vier dieser Staaten erlassenen Anordnungen, neue Staking-Angebote für Privatkunden zu beschränken, bis das Verfahren in der Sache abgeschlossen ist.

Coinbase setzt sich dafür ein, den Zugang zum Staking in all diesen Staaten zu schützen, da das Staking für den Betrieb und die Entwicklung unserer Branche insgesamt so grundlegend ist.

Auszug aus dem Aktionärsbrief

Regulatorische Klarheit für die Branche

Coinbase betont, dass eine der höchsten Prioritäten des Unternehmens darin besteht, regulatorische Klarheit für die Branche zu erreichen und eine umfassende Gesetzgebung, die sowohl "Verbraucher schützt als auch der Kryptoindustrie erlaubt, zu wachsen und zu gedeihen", schreiben die Coinbase-Autoren. Um dieses Ziel zu erreichen, verfolgt das Unternehmen mehrere Ansätze, darunter direkter Dialog und Engagement mit Regulierungsbehörden, Zusammenarbeit mit Gesetzgebern und der Einsatz des Justizsystems.

Im Gegensatz dazu stellte der SEC-Vorsitzende Gary Gensler allerdings noch vor wenigen Tagen in einem Interview mit Bloomberg klar, dass die Gesetze bereits jetzt klar seien. Es gibt mittlerweile einige Stimmen, die klarstellen, dass Coinbase sich lange im dunklen Bereich einer Grauzone bewegt hat und sich nun aufgrund der drohenden Konsequenzen auf das Fehlen klarer Richtlinien und Gesetze plädiert.

Die Entscheidung der Gerichte in diesem Fall wird definitiv einiges an Klarheit mit sich bringen. Sollte der Fall aufgrund des Antrags von Coinbase jedoch komplett verworfen werden, wird auch dies etwas mehr Klarheit bringen. Dennoch wird dann wohl ein anderes Gericht und ein anderer Fall für eine generelle Antwort auf die offenen Fragen bezüglich Staking-Dienstleistungen und Co. liefern müssen.