Im Zuge der Klage der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC gegen Coinbase wurden vor der Verhandlung von beiden Seiten verschiedene Anträge gestellt, in denen einige Aspekte und deren unterschiedlichen Auslegungen der beiden Parteien dargelegt werden.
Neben den Themen Staking, die Befugnis der Einstufung von Krypto-Assets in Wertpapiere sowie deren Verkauf auf dem Sekundärmarkt ging es auch um die genehmigte Registrierung des Börsengangs von Coinbase durch die SEC.
Am 13. Juli fand dazu nun eine erste vorprozessuale Besprechung statt. Dabei war die zuständige Bezirksrichterin Kathrin Polk Failla teilweise äußerst skeptisch gegenüber der Argumentation der SEC-Anwälte.
Das Staking-Programm von Coinbase
Laut den Ausführungen des Coinbase-Anwalts William Savitt gilt das Staking-Programm von Coinbase nicht als Gegenstand von Regulierungen nach den Wertpapiergesetzen. Es bestehe kein Risiko, weil die Rückgabe des eingesetzten Kapitals garantiert wird. Das Staking-Programm sei keine Anlage, sondern vielmehr ein Dienstleistungsvertrag, der administrative und IT-Unterstützung beinhaltet, erklärte Savitt.
Der Anwalt der SEC, Nicholas Margida, vertritt eine komplett andere Meinung zu dem Thema. Es seien durchaus Risiken vorhanden, zum Beispiel die Beeinträchtigung des Staking-Protokolls, der Verlust der privaten Schlüssel oder andere Cybersicherheitsbedenken. Außerdem bewirbt Coinbase das Staking als „Investitionsmöglichkeit“, von der letztlich auch Coinbase profitiert.
Hier wird [der] Howey[-Test] auf die wirtschaftliche Realität angewendet, basierend auf der Perspektive eines objektiv vernünftigen Investors, der die Fakten und Umstände betrachtet. Wenn es wie eine Ente läuft und wie eine Ente quakt, ist es eine Ente. Dies ist eine Investitionsmethode, ein Produkt, das sie verkaufen […].
SEC-Anwalt Nicholas Margida
Die Richterin konnte die Ausführungen von Margida durchaus nachvollziehen und die Ansicht teilen.
Die Befugnisse der SEC
Eine der bedeutendsten Punkte in dem Gerichtsstreit ist die sogenannte „Major Questions Doctrine“ – eine rechtliche Doktrin, die besagt, dass Gerichte davon ausgehen sollten, dass der Gesetzgeber (Kongress) beabsichtigt, bedeutende Fragen selbst zu klären, anstatt sie auf die ausführenden Behörden zu übertragen.
Dementsprechend stellte Coinbase-Anwalt Savitt die regulatorischen Rahmenbedingungen sowie die Befugnisse der SEC infrage und verweist dabei unter anderem auf die derzeitige Kryptoregulierungsdebatte im US-Kongress, die unter anderem von den US-Senatorinnen Cynthia Lummis und Kirsten Gillibrand auf den Weg gebracht wurde.
Der Anwalt der SEC, Peter Mancuso, verteidigte die Vorgehensweise der Behörde. Demnach will diese nicht die gesamte Kryptobranche regulieren, sondern das Verhalten von Akteuren wie Coinbase beurteilen, indem verschiedene Kriterien herangezogen werden – wie zum Beispiel der Howey-Test, der bei der Einstufung von Wertpapieren entscheidend sei.
Anwendung der Wertpapiergesetze
Mit Hilfe des Howey-Tests stuft die SEC Krypto-Assets in Wertpapiere ein. Die Aufsichtsbehörde ist sich sicher, dass auch Coinbase über diese Tatsache Kenntnis gehabt haben sollte. Die Anwälte von Coinbase verwiesen jedoch auch noch auf die Aussagen des SEC-Vorsitzenden Gary Gensler sowie des ehemaligen SEC-Abteilungsdirektors Bill Hinman. Gensler hatte die Regulierung von Akteuren in der Branche dem Kongress zugeschrieben und Hinman erweiterte die Definitionskriterien von Wertpapieren und stufte Ether nicht als solches ein.
Ein weiterer Aspekt in Bezug auf Wertpapiere ist der Verkauf von Kryptowährungen von den Emittenten und auf dem Sekundärmarkt, wie zum Beispiel Kryptobörsen wie Coinbase. Auch hier vertreten die beiden Parteien unterschiedliche Auffassungen. Für die SEC gilt auch der Verkauf auf dem Sekundärmarkt als Gegenstand der Wertpapiergesetze. Die Behörde ist der Meinung, dass die Zusicherungen der Emittenten und Promoter von Krypto-Assets und die angemessenen Gewinnerwartungen der Anleger nicht dadurch hinfällig werden, dass ein Vermögenswert auf einer Handelsplattform weiterverkauft oder gekauft werden kann. Coinbase teilt diese Meinung nicht.
Letztlich wurde zu dieser Frage einen Tag nach dieser Anhörung durch ein anderes Gericht ein Präzedenzfall geschaffen, als der Verkauf von XRP von Ripple auf dem Sekundärmarkt vom Richter nicht als ein Verkauf von Wertpapieren eingestuft wurde.
Die Börsenregistrierung von Coinbase
Ein zusätzliches zentrales Element bei der Anhörung war die Registrierungserklärung, die die SEC für den Börsengang von Coinbase genehmigt hat. Auf diese Erklärung verweist nun Coinbase als Beweis dafür, dass die SEC das Verhalten der Kryptobörse angeblich abgesegnet habe und die Erklärung somit rechtlich von Bedeutung sei.
Der SEC-Anwalt Mancuso stellte dabei fest, „dass die Tatsache, dass die SEC einem Unternehmen den Börsengang erlaubt, nicht bedeutet, dass die SEC das zugrunde liegende Geschäft oder die zugrunde liegende Geschäftsstruktur absegnet oder sagt, dass die zugrunde liegende Geschäftsstruktur nicht gegen das Gesetz verstößt.“
Richterin Failla begegnete dieser Aussage mit Skepsis und positionierte sich auf die Seite von Coinbase.
Ich sage nicht, dass die Behörde allwissend sein sollte, wenn sie eine Registrierungserklärung bewertet. […] Aber ich hätte gedacht, dass die Behörde die Tätigkeiten von Coinbase sorgfältig prüft. Und irgendwie habe ich geglaubt, dass sie sagen würde: „Wissen Sie, Sie sollten das wirklich nicht tun. Das verstößt gegen die Wertpapiergesetze, oder wir befinden uns hier in einer Art Neuland, was die Frage angeht, ob es sich bei den Vermögenswerten auf Ihrer Plattform um Wertpapiere handelt, also seien Sie gewarnt, dass es vielleicht eines Tages ein Problem geben könnte.“ Ich verstehe, was Sie sagen, nämlich, dass ich das nicht berücksichtigen sollte und dass es die Beklagten nicht von den Wertpapiergesetzen entbindet. Ich frage mich jedoch, warum […] es keine Diskussion über die Möglichkeit eines rechtswidrigen Verhaltens gab. Wie gesagt, Sie mögen Recht haben, aber ich betrachte Ihre Antwort mit einer gewissen Skepsis.
Richterin Kathrin Polk Failla
Der Coinbase-Anwalt Steven R. Peikin begrüßte diese „instinktive“ Beurteilung der Richterin. Gleichzeitig verwies er auf andere Fälle, bei denen sich die SEC geweigert hatte, genehmigte Registrierungserklärungen für Unternehmen zu überprüfen, weil sie Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Geschäfts hatte, wie zum Beispiel bei Cannabis- oder Wettunternehmen.
Kritik an der Verteidigungsstrategie von Coinbase
Während einige Prozessinteressierte die Positionierung von Richterin Failla bei der Registrierungserklärung schon mit der Niederlage der SEC gleichsetzten, äußerten andere scharfe Kritik an dem Verhalten von Coinbase.
Der ehemalige Abteilungsleiter der SEC John Reed Stark bezeichnet die Verteidigungsstrategie von Coinbase sogar als „kriminell“. Auch er argumentiert, dass die SEC durch die Genehmigung der Registrierungserklärung nur sichergestellt habe, dass Coinbase in dem Antrag die richtigen Angaben gemacht hat und dass potenzielle Investoren alle Fakten kennen. Das Geschäftsmodell wurde dabei nicht bewertet, geschweige denn als rechtmäßig abgesegnet oder gar für „gut“ befunden, was letztlich auch durch eine Klausel der SEC auf jedem Angebotsdokument für Anleger verdeutlicht wird:
Die Securities and Exchange Commission und die staatlichen Wertpapieraufsichtsbehörden haben diese Wertpapiere weder genehmigt noch abgelehnt und auch nicht festgestellt, ob der Prospekt oder dieser Prospektnachtrag wahrheitsgemäß oder vollständig ist. Jede gegenteilige Erklärung ist eine Straftat.
SEC No Approval Clause


Ferner wird in der Registrierungserklärung von Coinbase an verschiedenen Stellen (insbesondere im Abschnitt „Risikofaktoren“) mehrfach das Risiko eingeschätzt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „eine regulatorische Unsicherheit in Bezug auf den Status ihrer Aktivitäten besteht und dass Coinbase einer ganzen Reihe von zivil-, straf- und verwaltungsrechtlichen Bußgeldern, Strafen, Anordnungen und Klagen ausgesetzt sein könnte“ – was genau das ist, was im Moment passiert. Eine ähnliche Klarheit bestand auch in Bezug der Einstufung von Wertpapieren.
Demnach wusste Coinbase über die Risiken und Regeln bescheid. Die Börse wusste, dass die Wertpapiergesetze auf ihre Vorgehensweise anwendbar sein könnten, hatte sich aber dennoch dafür entschieden, das Risiko im Namen des Wachstums des Geschäfts einzugehen.
In Anbetracht dieser Aussagen erscheint die Argumentation der Coinbase-Anwälte in der Anhörung schon etwas dubios. Für John Reed Stark ist es daher sehr wahrscheinlich, dass Coinbase in dem Rechtsstreit gegen die SEC verlieren wird.