Die derzeitige Bankenkrise in den Vereinigten Staaten verdeutlicht aktuell, wie kaum ein anderes Ereignis, die Vorteile des Bitcoins. Ein Geldsystem in dem die Nutzer jederzeit die vollständige und alleinige Kontrolle über ihr Vermögen haben, wird angesichts der Bankenschließungen der letzten Tage zusehends attraktiver. Der Preisanstieg des Bitcoins in den vergangenen 24 Stunden könnte darauf hindeuten, dass immer mehr Menschen diese wichtige Eigenschaft erkennen. Allerdings stellt sich unabhängig des Bitcoin-Preises dennoch die Frage, welche weiteren Parteien bzw. Entitäten als Gewinner aus der Bankenkrise hervorgehen könnten. Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst eine zeitliche Einordnung vorgenommen werden, denn abhängig vom Zeithorizont unterscheiden sich die Gewinner der Krise durchaus voneinander.

Kurzfristig

Kurzfristig betrachtet ist es generell äußerst schwierig einen Gewinner bei einer Bankenkrise zu finden. Vergangene Bankenkrise haben gezeigt, wie schnell derartige Krisen zu sozialen Verwerfungen führen können. Ein Beispiel ist die derzeitige Währungskrise im Libanon, wo Banküberfälle Teil des alltäglichen Lebens geworden sind. Sobald die Menschen den Zugang zu ihrem Geld verlieren, ergeben sich daraus eine ganze Reihe von Problemen. Ein Blick in die Länder, welche keinen Zugang zum traditionellen Finanzsystem besitzen, reicht aus, um zu verstehen, dass es bei einer Bankenkrise kurzfristig keinen Gewinner geben kann.

Das Grundethos des Bitcoins als ein freies und dezentrales Geld widerspricht den interventionistischen monetären Entscheidungen der Zentralbanken. Demzufolge betrachtet die Bitcoin-Community Eingriffe der Zentralbank, wie das von der Fed erst kürzlich beschlossene Entlastungsprogramm für US-Geschäftsbanken, äußerst kritisch. Jedoch blieb der Fed vermutlich keine andere Wahl. In einem System, in dem die Geschäftsbanken mehr Geld verleihen können, als sie an Kundeneinlagen besitzen (Fractional Reserve Banking), sind die Kundeneinlagen nun mal nicht vollständig gedeckt. Spätestens als am Freitag die ersten Bilder von Menschenschlangen vor US-Banken auf diversen sozialen Medien geteilt wurden, stand eigentlich fest, dass die Fed eingreifen muss, um das Vertrauen in das Dollar-System zu gewährleisten.

„Schatten der 1930er-Jahre. Das ist heute Morgen meine Bank in Wellesley. Die Boston Private Bank wurde erst kürzlich von der Silicon Valley Bank übernommen. Oh je."

Lawrence Lepard

Auch für die Fed dürfte das Entlastungsprogramm der letzte Ausweg gewesen sein. Die oberste Priorität der Zentralbank ist die Bekämpfung der Inflation. Bei einer derzeitigen US-Inflation von 6,4% ist die Fed noch weit von ihrem Inflationsziel von 2% entfernt und das, obwohl sich die Notebank in dem aggressivsten Zinszyklus seit den 1970er-Jahren befindet. Große Finanzinstitutionen wie Goldman Sachs rechnen aufgrund der Bankenkrise nun mit einer Zinswende der Federal Reserve. So erklärte Goldman Sachs Chef-Ökonom Jan Hatzius, dass er nicht mehr erwarte, dass die Fed im März die Zinsen anheben werde. Nächste Woche, am 21. März wird das Federal Open Market Committee seine Zinsentscheidung bekannt geben.

Mittelfristig

Über einen kurzen Zeitraum betrachtet ist die Fed kein Gewinner der Krise. Über einen mittel- bis langfristigen Zeitraum könnte sie dagegen als ein möglicher Gewinner hervorgehen. Schon seit Längerem wird über eine digitale Zentralbankwährung (CBDC) in den Vereinigten Staaten diskutiert. Potenzielle Gegner einer amerikanischen Zentralbankwährung könnten die Geschäftsbanken sein. Schon in den vergangenen Jahren hatten die Geschäftsbanken aufgrund der Niedrigzinspolitik der Zentralbanken zu kämpfen, denn dadurch wurde deren Hauptgeschäft, die Vergabe von Krediten, für sie immer unrentabler.

Die Geschäftsbanken sorgen mit der Vergabe von Krediten für die Neuschöpfung von Giralgeld. Lediglich das Bargeld ist Zentralbankengeld. Die Geldschöpfung der Geschäftsbanken schränkt den Handlungsspielraum der Zentralbanken ein, denn die Zentralbanken können mithilfe von monetären Maßnahmen, wie der Festlegung des Leitzinses, nur indirekt das Konsumverhalten in einer Wirtschaft steuern.

Mit einer digitalen Zentralbankwährung könnte die Zentralbank ein weiteres Geschäftsfeld der Banken übernehmen. Jeder Bürger besäße ein Konto bei der Zentralbank, womit die Grenze zwischen Giralgeld und Zentralbankengeld verschwinden würde. Die Vergabe von Krediten könnte ebenfalls von der Zentralbank übernommen werden. Es wäre daher nicht verwunderlich, dass sich besonders die Geschäftsbanken gegen eine flächendeckende Einführung von CBDCs wehren würden.

Eine Bankenkrise könnte der Fed helfen, die Einführung einer CBDC zu beschleunigen, denn mit dem Kollaps der Geschäftsbanken könnte ein Gegenspieler der Fed verschwinden. Die Fed könnte diesen Schritt rational begründen, denn schließlich sind es die Geschäftsbanken, die durch unverantwortliches Handeln in Bedrängnis gerieten und nun auf die Hilfe der Zentralbank angewiesen sind. Was spricht also dagegen, jedem Bürger ein direktes Konto bei der amerikanischen Zentralbank zu geben und damit zu garantieren, dass sich die Ereignisse um die Silicon Valley Bank nicht wiederholen werden? Auch unser Blocktrainer.de Gründer Roman Reher griff diesen Gedanken in seinem gestrigen Livestream bei YouTube auf:

Langfristig

Die derzeitige Bankenkrise unterscheidet sich zwar von der Finanzkrise 2008, allerdings zeigt diese erneut die Fragilität des Fiatsystems auf. Innerhalb von wenigen Tagen drohte ein Zusammenbruch des amerikanischen Bankensystems, welcher erst durch das Eingreifen der Fed aufgehalten werden konnte.

In einem Geldsystem, indem die Geschäftsbanken keine vollständige Deckung der Kundeneinlagen gewährleisten müssen, kommt es bei einem sogenannten Bank Run zwangsweise zu Liquiditätsengpässen. Der Contagion-Effekt (Ansteckungseffekt) innerhalb des Bankensektors sorgt dafür, dass es schnell zu folgenschweren Bankenkrisen kommen kann.

Anstatt mit dem Fractional Reserve Banking die wirkliche Ursache zu bekämpfen, verstrickt sich die US-Politik in der Schuldfrage. So beschuldigte der demokratische Senator Bernie Sanders den früheren US-Präsidenten Donald Trump für die derzeitige Bankenmisere in den Vereinigten Staaten verantwortlich zu sein. Weder die Demokraten noch die Republikaner scheinen zu erkennen, dass eine der Hauptursachen für die Bankenkrise das Mindestreserve-System ist. Wären die Einlagen der Bankkunden vollständig gedeckt gewesen, hätte ein Bank Run keine Konsequenzen für das Bankensystem gehabt.

Der Bitcoin garantiert langfristig eine vollständige Deckung der Nutzervermögen, da jeder Nutzer zu jederzeit selbst seinen Kontostand verifizieren kann. Trotzdem würden unter einem flächendeckenden Bitcoin-Standard die Geschäftsbanken vermutlich nicht verschwinden, da nicht jeder Bitcoin-Nutzer seine privaten Schlüssel verwalten will. Dennoch würde sich das Machtverhältnis wieder zugunsten der Bankkunden verlagern. Die Bitcoin-Banken könnten zwar kurzzeitig ein Fractional Reserve Banking System schaffen, allerdings gibt es keine Zentralbank, welche als Kreditgeber der letzten Instanz für die Bank einspringen könnte. Bei einem Bank Run würde die Bank pleitegehen und es würden nur die Bitcoin-Banken langfristig bestehen, welche vertrauenswürdig mit dem Geld der Kunden umgehen.

Die Geschäftsbanken des traditionellen Finanzsystems streben aber vermutlich ebenfalls kein gedecktes Reservesystem an, da dies ihre Geschäftstätigkeit stark einschränken würde, denn die Banken könnten nur das Geld verleihen, welches sie tatsächlich besitzen. Es wird interessant sein, zu sehen, ob der Bitcoin und die traditionellen Geschäftsbanken harmonieren werden. Einerseits profitieren die Geschäftsbanken von dem Mindestreserve-System, andererseits könnten die interventionistischen Maßnahmen der Zentralbanken die Geschäftsbanken dazu zwingen, auf ein alternatives Geldsystem auszuweichen.

Die forcierte Einführung einer digitalen Zentralbankwährung könnte den Druck auf die Geschäftsbanken weiter erhöhen. Aus spieltheoretischer Sicht könnte sich damit für die Geschäftsbanken eine neue Option ergeben: Anstatt vollständig von den Zentralbanken abhängig zu werden, könnten sie sich einem neuen und fairen Geldsystem anschließen und freiwillig auf das Mindestreserve-System verzichten. Sollte dieser Fall eintreten, wäre der Bitcoin langfristig der große Gewinner der derzeitigen Bankenkrise.

Ausblick

Der Bitcoin entstand als eine Antwort auf die Finanzkrise 2008. Zwar ist die derzeitige Bankenkrise nur begrenzt mit der Finanzkrise von damals zu vergleichen, dennoch zeigt die Krise die Fragilität des Bankensystems. Es kann erwartet werden, dass die US-Politik weitere regulatorische Maßnahmen ergreifen wird, dabei aber vermutlich mit dem Fractional Reserve Banking System den tatsächlichen Auslöser für die Krise verfehlt.

Die Rolle der Fed bleibt zu beobachten. Im Hinblick auf die Bekämpfung der Inflation kann die derzeitige Situation die Fed in Bedrängnis bringen. Mittelfristig betrachtet könnte ein Kollaps der Geschäftsbanken der Fed helfen, ihre CBDC-Vorhaben umzusetzen. Die Geschäftsbanken wissen, dass eine digitale Zentralbankwährung ihre Geschäftstätigkeit gefährden könnte. Der Bitcoin wäre langfristig betrachtet eine Option, um sich gegen die interventionistischen Maßnahmen der Fed zu wehren. Auch lässt sich sagen, dass ein Mindestreserve-System unter einem Bitcoin-Standard kaum durchsetzbar wäre und damit die wirklichen Ursachen der Bankenkrise effektiv bekämpfen könnte.