Das Lightning Netzwerk einfach erklärt

Was ist das Lightning Netzwerk (LN)?

Im Juli 2015 wurde das Lightning Netzwerk als Protokoll zur Skalierung von Blockchain-Technologien, insbesondere des Bitcoin-Netzwerks, vorgestellt. Knapp drei Jahre später, im März 2018 wurde schließlich die erste Beta-Version veröffentlicht und das Netzwerk ging somit an den Start. Auch heute kann man noch immer davon sprechen, dass das Lightning Netzwerk in den Kinderschuhen steckt und noch viel Potenzial für weitere Entwicklungen bietet. Aber was ist denn dieses Lightning Netzwerk nun eigentlich?

Das oft als „LN“ abgekürzte Lightning Netzwerk gehört aktuell zu den spannendsten Entwicklungen im Bitcoin- und Blockchain-Kosmos, da es die Art und Weise der Wertübertragung revolutioniert. Das freie und offene Netzwerk bringt großartige Verbesserungen für Bitcoin, aber theoretisch auch andere Blockchain-Anwendungen mit sich. Als sogenannte „Second-Layer“-Technologie, baut das LN auf bestehende Blockchainsysteme auf, um bestehende Eigenschaften (wie z.B. Transaktionsgeschwindigkeit) zu verbessern oder gar neue Funktionalitäten (z.B. Anonymität oder Micropayments) hinzuzufügen.

Wozu brauchen wir das LN?

Da die Bitcoin-Blockchain im Grunde eine weltweite Datenbank ist, bei der jede getätigte Transaktion von jedem Teilnehmer validiert und anschließend für die Ewigkeit gespeichert werden muss, ist es ein nahezu aussichtsloses Unterfangen dieses Konstrukt hinsichtlich der Transaktionsgeschwindigkeit zu skalieren. Dies macht das Bitcoin Netzwerk noch nicht wirklich zu einer Alternative zu modernen Zahlungsdienstleistern wie VISA, Mastercard oder auch PayPal. Dies ist jedoch auch nicht der Anspruch, den Satsohi Nakamoto an seine Erfindung hatte. Bitcoin wurde erschaffen, um eine sichere, freie, nicht manipulierbare und nicht zensierbare Alternative zu den bestehenden Geldsystemen dieser Welt zu bieten. In einer zunehmend digitalisierten und globalisierten Welt, bietet Bitcoin die Infrastruktur für ein weltweit agierendes und sicheres Geldnetzwerk. Um dieses hehre Ziel zu erreichen, müssen zwei Eigenschaften des Netzwerks besonders ausgeprägt sein: Sicherheit und Dezentralität.
Bitcoin muss möglichst dezentral und sicher sein, um wirklich frei zu sein und im Notfall auch gegen Zensur- oder Manipulationsversuche von großen Nationalstaaten bestehen zu können.
Im Laufe der Zeit ist mit steigendem Interesse am Bitcoin auch die Menge an Transaktionen gestiegen, die über das Netzwerk abgewickelt werden sollen. Da jede Transaktion etwas Platz in einem Block der Blockchain benötigt und diese Blöcke in ihrer Größe jedoch begrenzt sind, schafft es nicht jede Transaktion immer direkt ein Teil des nächsten Blocks zu werden. Außerdem ist das Bitcoin-Protokoll so programmiert, dass im Durchschnitt nur alle 10 Minuten ein neuer Block gefunden werden kann. Im sogenannten Mempool bildet sich deswegen eine Warteschlange mit überschüssigen Transaktionen, die von den Minern nach dem Prinzip „je mehr Gebühren bezahlt werden, desto eher wird die Transaktion in den nächsten Block aufgenommen“ abgearbeitet werden. Dies hat wiederum zur Folge, dass die Kosten, um eine Transaktion in annehmbarer Zeitspanne in die Blockchain schreiben zu dürfen enorm ansteigen, sobald die Menge an gewünschten Transaktionen die Kapazität der Blöcke übersteigt. Wenn man nicht bereit ist hohe Transaktionsgebühren zu zahlen, kann es auch einmal Stunden oder gar Tage dauern, bis die eigene Transaktion vom Netzwerk bestätigt wird.

[Die Männer (Transaktionen) mit den großen Münzen (Gebühren) dürfen die Transaktion zuerst in den Block einfügen.]

Nun würde es natürlich nahe liegen entweder die Zeit zwischen zwei Blöcken herabzusetzen oder die maximale Größe der Blöcke zu erweitern, um dementsprechend mehr Transaktionen abwickeln zu können. Diese Vorgehensweise wäre jedoch aus mehreren Gründen keine gute Lösung und würde viele Probleme an anderer Stelle schaffen. Beispielsweise würden dadurch die Kosten für den Betrieb einer sogenannten Fullnode (also eines Computers, der die gesamte Blockchain abspeichert und die Transaktionen validiert) immens ansteigen. Je größer die Blockgröße ist, desto größer sind die Anforderungen an Bandbreite, Verarbeitung und Speicherplatz für jede einzelne Fullnode. Die Erhöhung der Transaktionskapazität auf diese Weise hätte den unerwünschten Effekt, dass das System zentralisiert wird, da sich nur noch wenige Entitäten den Betrieb leisten könnten. Antonopoulos, Pickhart und Osuntokun geben in ihrem Werk „Mastering the Lightning Network“ an, dass es etwa 8GB pro Block benötigen würde, um an die Transaktionsmenge von beispielsweise VISA (40.000 Tx pro Sekunde) heranzukommen. Dies würde bedeuten, dass jeden Tag ungefähr ein Terabyte an neuen Daten gespeichert werden müsste, was sich definitiv nur große Unternehmen leisten können und den Betrieb von Fullnodes für Privatpersonen defacto unmöglich machen würde. In diesem Zusammenhang ist in den Krypto-Communities oft vom sogenannten „Trilemma“ die Rede. Dieses beschreibt die Tatsache, dass eine verteilte Datenbank immer nur zwei der drei Eigenschaften Sicherheit, Dezentralität oder Skalierbarkeit maximieren kann. Es gilt als unmöglich, dass eine Blockchain dezentral und sicher sein kann und dennoch äußerst skalierbar ist.

Bereits in den frühen Jahren des Bitcoinnetzwerks war die Tatsache klar, dass es nicht möglich sein wird eine dezentrale und sichere Datenstruktur, wie die Bitcoin-Blockchain, hinsichtlich der Transaktionsverarbeitung zu skalieren. Hal Finney, einer der frühesten Bitcoin-Pioniere und Empfänger der ersten Bitcoin Transaktion sagte bereits im Jahr 2010 folgendes:

„Bitcoin selbst kann nicht so skalieren, dass jede einzelne Finanztransaktion auf der Welt an jeden übertragen und in die Blockchain aufgenommen werden könnte. Es muss eine zweite Ebene von Zahlungssystemen geben, die leichter und effizienter ist.“

Hal Finney im Jahr 2010

Schon damals sprach er von Zahlungssystemen auf zweiter Ebene, den sogenannten Second Layer-Technologien, wie es das Lightning-Netzwerk ist. Innerhalb dieses weiteren Netzwerks, können die Tradeoffs für das Trilemma anders verteilt werden. Das Lightning-Netzwerk per se legt das Augenmerk auf die Punkte Skalierbarkeit und Dezentralität. Durch den direkten Aufbau auf die Bitcoin-Blockchain als Basis-Ebene, kann es dennoch ein hohes Maß an Sicherheit aufweisen. Somit wird das Trilemma durch das Lightning-Netzwerk zwar nicht gelöst, aber in Kombination mit dem Bitcoin-Netzwerk immerhin elegant umgangen.

Was kann das LN?

Echtzeitzahlungen

Das Lightning-Netzwerk bringt, wie bereits geschrieben, einige Vorteile mit sich. Allen voran ermöglicht es seinen Nutzern Transaktionen in Echtzeit und nahezu kostenlos abzuwickeln. Anders als im Bitcoin-Netzwerk hat man im LN keine durchschnittliche Wartezeit von 10 Minuten, um die nächste Reihe an Transaktionen tätigen zu können. Wie der Name des Netzwerks bereits vermuten lässt, geschehen die Zahlungen über das LN blitzschnell und quasi instantan.

Geringe Kosten

Da im Netzwerk außerdem keine Miner bezahlt werden müssen können Transaktionen für den Bruchteil eines Cents beziehungsweise teilweise sogar komplett kostenfrei abgewickelt werden. Stand Q1 2021 liegt die durchschnittliche Gebühr für eine Zahlung von durchschnittlicher Höhe im Lightning-Netzwerk bei ca. 4-5 Satoshi, was einem Gegenwert von weniger als einem Euro-Cent entspricht.

Höhere Flexibilität

Während ein Satoshi die kleinstmögliche transferierbare Einheit im Bitcoin-Netzwerk ist, so erlaubt das LN sogar Zahlungen im Bereich von Milisatoshi (mSat), was für bestimmte Anwendungsfälle im Bereich der sogenannten Mikrotransaktionen ebenfalls einen enormen Vorteil und verbesserte Flexibilität bietet. Im Abschnitt „Was kann ich mit dem LN noch so machen?“ werden wir hierauf noch etwas näher eingehen.

Anonymität

Ein weiterer Vorteil, mit dem das Lightning-Netzwerk einhergeht ist die deutlich erhöhte Privatsphäre im Vergleich zur Basis-Ebene („Mainlayer“) des Bitcoin-Netzwerks. Während einzelne Entitäten dort bestenfalls pseudonym unterwegs sind und Transaktionen in der Blockchain voll transparent bis zum sogenannten Genesis-Block zurückverfolgt werden können, glänzt das Lightning-Netzwerk hingegen mit Intransparenz und Anonymität. Niemand im Netzwerk kann nachvollziehen wer wem wieviel schickt.

Wie funktioniert das LN?

Das grundlegende Konzept des Lightning Netzwerks sind die sogenannten Zahlungskanäle (en. Payment Channels). Über diese können Netzwerkteilnehmer dann Zahlungen versenden und empfangen. Anders als bei den sogenannten „Onchain“-Transaktionen, also denen die direkt über die Bitcoin-Blockchain abgewickelt werden, passieren Lightning-Zahlungen ausschließlich zwischen zwei Parteien, ohne dass es einen wirklichen Zwischenmechanismus gibt.

Einträge auf der Blockchain passieren hingegen nur bei der Öffnung oder Schließung dieser Kanäle. Alle Transaktionen die in der Zwischenzeit geschehen, passieren quasi in Echtzeit und ohne Gebühren. Der Mainlayer wird nur noch für das sogenannte „Settlement“ also die Endabrechnung benutzt. Im Grunde kann man das Konzept mit dem Anschreiben auf dem Bierdeckel in einer Kneipe vergleichen.

Du und die Kneipe eröffnen einen Zahlungskanal, den Bierdeckel. Alle Transaktionen, die während deines Besuchs dort stattfinden, notiert die nette Kellnerin darauf, sodass du nicht jede Bestellung einzeln bezahlen musst. Du müsstest für jedes Bier und jeden Snack den du orderst jedes mal dein Portemonnaie rausholen. Da du es natürlich nicht immer direkt passend hast, muss die Kellnerin bei jeder Bezahlung im Kleingeldfach wühlen, um dir dein Wechselgeld zu geben. Im schlimmsten Fall, hat sie gerade auch nicht die passenden Münzen in ihrem Geldbeutel und muss erst zur Kasse, um dir anschließend dein Restgeld zu bringen. Das alles kostet Zeit und Zeit ist bekanntlich Geld. Um also Zeit und Geld zu sparen, wird der Bierdeckel als eine Art Zahlungskanal oder Register verwendet und erst zur Endabrechnung findet eine einzige („Onchain“-) Transaktion zwischen dir und der Kneipe statt. Gerade bei Stammkunden wird der Bierdeckel auch nicht immer am selben Tag abgerechnet sondern in (un-)regelmäßigen Abständen.

Wie funktioniert der „Lightning-Bierdeckel“?

Auf digitaler und dezentraler Ebene funktioniert das Eröffnen eines Bierdeckels beziehungsweise Zahlungskanals natürlich etwas anders als in der Realwelt. Um einen Payment-Channel zwischen zwei Parteien zu eröffnen bedarf es einer sogenannten Multisignatur-Transaktion, bei der jeder Channelpartner eine bestimmte Menge Bitcoins in eine Multisig-Wallet einschließt und anschließend einen von insgesamt zwei benötigten Schlüsseln erhält. Durch das Wegsperren der Menge an BTC auf der Bitcoin Blockchain, wird im Lightning-Netzwerk ein Zahlungskanal mit einer Kapazität in Höhe der weggesperrten Summe eröffnet.

Dieser Payment Channel stellt nun eine Art Register dar, in welchem jedoch nicht jede Transaktion einzeln notiert und festgehalten wird, sondern lediglich der jeweilige Status wie die eingezahlte Menge im entsprechenden Kanal verteilt ist.

Angenommen Alice und Bob schließen beide jeweils 2,5 BTC in dem gemeinsamen Multisig-Wallet ein, so würde ein Zahlungskanal eröffnet, bei dem jeder auf seiner Seite 2,5 BTC liegen hat. Wenn nun Alice eine Zahlung von 0,5 BTC an Bob sendet, würde sich der Status des Channels von Alice: 2,5 BTC | Bob: 2,5 BTC zu Alice: 2 BTC | Bob: 3 BTC ändern. Wenn dann wiederum Bob eine Zahlung von 2BTC an Alice sendet, ändert sich der Status zu Alice: 4 BTC | Bob: 1 BTC und so weiter.

Innerhalb dieses Channels können nun beliebig viele Transaktionen kostenlos abgewickelt werden, ohne das diese jedes mal auf die Blockchain geschrieben werden müssen, was wiederum Kosten in Form von Transaktionsgebühren verursachen würde. Erst wenn beide Parteien die Endabrechnung machen und den Zahlungskanal schließen, wird der aktuelle Status, also die Verteilung der Coins, wieder im Bitcoin-Mainlayer verewigt.

Kann ich den Channel jederzeit schließen?

Kurz: Ja.

Im Grunde gibt es drei Möglichkeiten wie der Zahlungskanal geschlossen werden kann.

  1. Kollaborativ: Dies bedeutet, dass beide Parteien sich darüber einig sind den Channel zu schließen. Die Gelder sind sofort nach Bestätigung der Schließung frei zu verwenden.
  2. Einseitig: Jede der Parteien kann einen Lightning-Channel auch eigenständig schließen, ohne dass es dazu die Zustimmung der anderen Partei braucht. Um Betrug zu verhindern, ist dies jedoch mit einer Zeitsperre verbunden, in der die Gegenpartei gegebenenfalls Einspruch erheben könnte. Sollte dies nicht geschehen, sind die Mittel nach Ablauf der Zeitsperre frei.
  3. Als Notlösung bei Verstößen: Lightning-Transaktionen können als eine Art Liste angesehen werden, die stets von beiden Parteien signiert und mit einem Zeitstempel versehen wird. Lediglich die Aufteilung der sich im Channel befindlichen Coins variiert. Eine der beiden Parteien könnte dadurch, wie in Punkt 2 bereits angedeutet, betrügen wollen und versuchen den Channel mit einem alten Status zu schließen, bei dem sie mehr BTC hält als ihr eigentlich zustehen. In diesem Fall hat die Gegenpartei während der Zeitsperre die Möglichkeit eine sogenannte „Breach-Remedy“-Transaktion (auch: „Justice- bzw. Gerechtigkeitstransaktion“) in das Netzwerk zu senden und sich damit die komplette Channel-Kapazität selbst auszuzahlen. Dies wäre somit auch direkt eine Bestrafung für den Betrüger. Die Justice-Transaktion wird bei jedem Channel-Update von der Gegenpartei signiert und die Coins können deswegen direkt ohne Zeitsperre ausbezahlt werden.
Info

Exkurs: Lightning-Watchtower
Um das Risiko zu minimieren, in einem Szenario wie diesem um sein Geld betrogen zu werden, können sogenannte Watchtower eingesetzt werden. Angenommen Alice und Bob haben in ihrem gemeinsamen Channel eine Transaktion durchgeführt, bei der Bob Waren im Wert von 1BTC bei Alice gekauft hat. Sobald sich Alice nun aus ihrem System ausloggt könnte Bob den Anfangszustand (jeder hat 2,5BTC) in das Netzwerk propagieren und den Channel schließen. Bob hätte dadurch Waren im Wert von 1BTC erhalten ohne weniger BTC zu besitzen.
Die Watchtower sind quasi Drittparteien-Software, welche dazu eingesetzt werden kann, solche betrügerischen Handlungen zu erkennen und aufzudecken, sodass Alice rechtzeitig die Justice-Transaktion nutzen kann, um den Betrug zu verhindern.

Brauche ich also zu jedem Menschen auf der Welt einen Channel?

Nein! Natürlich musst du nicht mit jedem Freund, Händler oder Fremden, extra einen Channel eröffnen obwohl du nur ein einziges Geschäft mit ihm abwickelst. Um Zahlungen zu versenden, bei denen du keinen direkten Zahlungskanal zum Empfänger hast, kannst du auch die Channel von anderen Netzwerkteilnehmern nutzen. Du kannst deine Zahlung über mehrere Kanäle (sog. „Hops“) zum gewünschten Ziel schicken. Wenn also z.B. Alice eine Zahlung an Satoshi schicken möchte, aber nur einen Kanal zu Bob hat, kann sie dies unter gewissen Voraussetzung trotzdem tun.

Alice sendet die gewünschte Menge an Bob. Dieser wiederum schickt die exakt selbe Menge über einen anderen Kanal, den er zu Marie hat und diese leitet wiederum die selbe Menge weiter über einen ihrer eigenen Channel usw., sodass die Zahlung letzten Endes bei Satoshi ankommt. Für das Weiterleiten der Transaktion nehmen sich die entsprechenden Nodes, über die geroutet wird, für gewöhnlich eine kleine Gebühr, die i.d.R aber nur dem Bruchteil eines Cents entspricht. Eine Lighning Node ist normalerweise so konfiguriert, dass sie sich immer die günstigste Route zum Ziel sucht.

Je mehr Teilnehmer demnach im Netzwerk sind, um so besser, schneller und mächtiger wird das LN. Mehr Teilnehmer bedeuten mehr Kanäle und somit mehr potenzielle Routen um eine Zahlung ans Ziel zu bringen.

Wichtig: Auch Nodes, die als Knotenpunkte der Zahlungsroute fungieren beeinträchtigen deine Privatsphäre nicht. Nodes auf der Route können nicht erkennen von wem eine Zahlung ursprünglich kommt und wohin sie letzten Endes geht. Darüber hinaus funktioniert das Routing auch vertrauensfrei. Eine Zahlung kann nicht von einem Mittelsmann-Node entwendet werden. Entweder eine Zahlung erreicht das gewünschte Ziel, oder sie wird abgebrochen.

Was kann ich mit dem LN noch so machen?

An dieser Stelle ist es eventuell auch erwähnenswert, dass das Lightning-Netzwerk nicht ausschließlich auf Bitcoin beschränkt ist. Es ist ein freies und offenes Netzwerk und theoretisch können darüber auch Zahlungen mit ETH, LTC oder anderen Kryptowährungen abgewickelt werden. Das Lightning-Netzwerk bringt alles in allem eine Vielzahl von möglichen Anwendungsfällen mit sich. Wir möchten euch an dieser Stelle einige Beispiele nennen:

Money-Streaming

Der Streaming-Markt hat in den letzten Jahren enorm an Fahrt aufgenommen. Heutzutage kann über das Internet fast alles gestreamt werden. Musik, Filme, Videospiele und mit Hilfe des Lightning Netzwerks mittlerweile sogar Geld.
Der beliebte Lightning Client „Breez“ hat kürzlich ein Feature hinzugefügt, welches vor allem in der Podcaster-Szene sehr wohlwollend aufgenommen wurde. Über das sogenannte „Podcasting 2.0“ unterstützt das LN die Content Creator bei der Distribution und Monetarisierung ihrer Inhalte.

Im Regelfall können die Ersteller von Podcasts und ähnlichen Formaten dafür nur auf große Plattformen und das Zwischenschalten von Werbung zurückgreifen. Portale wie Anchor oder Spotify verlangen jedoch große Teile der generierten Einnahmen oder üben darüber hinaus noch Zensur aus.
Das Lightning Netzwerk kann hierbei Abhilfe schaffen, indem es den Konsumenten ermöglicht die gehörten Minuten in Echtzeit zu den Content Creators zu streamen.

Einen anderen Anwendungsfall für das Money-Streaming bringt uns Jack Mallers, der CEO von Zap bzw. Strike in diesem Video näher. Während Angestellte bisher für gewöhnlich nur einmal monatlich ein Gehalt erhalten, ermöglicht das Lightning Netzwerk, die geleistete Arbeitszeit sogar sekundengenau zu vergüten.

Gaming

Einhergehend mit dem Money-Streaming gehen die Möglichkeiten, die das LN für den Gaming-Bereich liefert. Durch das Implementieren von Lightning Zahlungen in Computerspiele, können ganz neue Anreize geschaffen werden. Die Gamer können nun um echtes Geld in Form von Bitcoin bzw. Satoshi spielen und echte Rewards für gute Leistungen im Spiel erhalten. Als Beispiele können an dieser Stelle Lightnite (eine Lightning-Version des beliebten Online-Shooters „Fortnite“) und Bitcoin Bounty Hunt genannt werden.

Messaging

Neben dem Versand von monetären Transaktionen erlaubt das LN, dass an Lightning Transaktionen zusätzlich Daten angehängt werden können, was damit den Versand von Nachrichten ermöglicht. Auch wenn Lightning-Messaging-Services wie SphinxWhatsat und Juggernaut noch in den Kinderschuhen stecken, so bergen sie bzw. das LN enormes Potenzial, um den Versand von Direktnachrichten künftig zu revolutionieren.

Das Messaging über LN-Applikationen anstelle der bekannten Services rund um WhatsApp, Telegram und Co. bietet enorme Vorteile. Zum einen natürlich das auf der Hand liegende Argument des Geldversands über den Messenger. Das Erstellen und Bezahlen von Rechnungen und der Versand von Zahlungen direkt in der Messaging-App ist keine Zukunftsmusik mehr sondern bereits Realität und so einfach wie das Senden einer Textnachricht.
Hier ein Beispiel:

Ein weiterer Vorteil ist der, dass die Nachrichten im LN nun nicht mehr über zentrale Server laufen, sondern über ein Netzwerk aus tausenden von Lightning-Nodes. Dies minimiert einerseits die Gefahr für Ausfälle, da es einen Single-Point-of-Failure abschafft, andererseits erhöht es die Zensurresistenz und Privatsphäre der eigenen Nachrichtenverläufe.

Ergo ermöglicht das LN kostenlose bzw. günstige, vertrauliche und zensurresistente Nachrichten, die über die Zahlungsfunktionen auch mit zusätzlichen Features versehen werden können. Es könnte z.B. eingestellt werden, dass in einem Forum jede Nachricht einen kleinen Geldbetrag kostet, was Spam enorm reduzieren würde.

Sign-in Service

Um sich nicht auf jeder Webseite mit einem eigenen Account anmelden zu müssen erlauben es große Services wie Google und Facebook ihren Nutzern sich mit den entsprechenden Accounts auch bei anderen Services anzumelden.

Das LN bietet ebenfalls die Möglichkeit zur Authentifizierung auf Webseiten – jedoch ohne zentrale Instanz. Der Lightning Authenticator von Lapps.co benutzt die einzigartige Lightning-Node ID als Identitätsnachweis, ohne diese an persönliche Daten des Users zu knüpfen. Social-Media-Konten, Email-Passwort Kombinationen und dergleichen sind nicht mehr nötig. Dies erhöht sowohl die Sicherheit, Nutzerfreundlichkeit als auch die Privatsphäre der Anwender.

Welche Kritik gibt es?

Wie bereits weiter oben erwähnt, steckt das Lightning Netzwerk noch immer in den Kinderschuhen. Damit einhergehend gibt es einige kritische Punkte und Probleme welche es künftig zu lösen gilt:

Nutzererfahrung/Usability

Etwas technisches Verständnis ist noch immer Grundvoraussetzung und die meisten Anwendungen für das LN sind noch nicht für Jedermann einfach zu bedienen. Projekte wie Raspiblitz oder getUmbrel aber auch Custodial Wallet-Anbieter wie z.B. Bluewallet oder Zebedee leisten in dieser Hinsicht sehr gute Arbeit und machen das LN Massentauglich.

Liquidität

Um Zahlungen über das LN zu versenden bzw. empfangen zu können, benötigen die eigenen Channel ausreichend Liquidität – sowohl ausgehend, aber auch einkommend. Solange man keine Channelpartner hat, die auf ihrer Seite des Zahlungskanals einkommende Liquidität bereit stellen, ist ein Empfang von Zahlungen nicht möglich. Services wie https://lightningto.me/ schaffen hier Abhilfe. Darüber hinaus liefert dieses „Problem“ sogar einen weiteren Use-Case für Lightning und Bitcoin. Nutzer können Liquidität in Form von BTC für andere Netzwerkteilnehmer zur Verfügung stellen und dafür Zinsen erhalten.

LN Nodes müssen immer Online sein

Eine oft genannte Kritik ist die Tatsache, dass die Node eines LN-Nutzers immer online sein muss, wenn er eine Zahlung versenden bzw. empfangen möchte. Für gewöhnlich haben 08/15-User ihre Geräte zuhause nicht immer online. Für (semi-)professionelle Bitcoiner ist dies natürlich keine große Hürde, da in der Regel ein Mini-Computer (meist: Raspberry Pi) aufgesetzt wird, der problemlos 24/7 laufen kann. Der Ottonormal-Nutzer hingegen ist für einen reibungslosen Gebrauch von LN-Anwendungen auf (zentralisierte) Drittanbieter angewiesen, was gegen den Dezentralitätscharakter des Netzwerks spricht.
Da eine Lightning-Node jedoch keine großen technischen Anforderungen braucht, kann an dieser Front in Zukunft sicher noch einiges passieren. Zum Beispiel könnten die Router des eigenen Internetproviders (die i.d.R. 24/7 laufen) direkt mit integrierter Full– bzw. Lightning Node ausgeliefert werden.

Routing

Beim Routing, also der Suche nach geeigneten Routen im Netzwerk um Zahlungen über mehrere Channels hinweg versenden zu können, gibt es ebenfalls noch das ein oder andere Problem, welches es zu Lösen bzw. verbessern gilt. Eines davon hängt vor allem auch wieder mit dem Punkt „Liquidität“ zusammen. Beim Versand größerer Beträge, kann es dazu kommen, dass die Nodes keine geeignete Route finden können, auf der genügend Liquidität liegt, um die Transaktion durchführen zu können. Eine Lösung hierfür ist es jedoch, dass die große Transaktion automatisch aufgeteilt und über mehrere Routen mit geringerer Liquidität verschickt wird.

Alex Bosworth von Lightning Labs twitterte zu den Problemursachen für Routing-Fehler vor einiger Zeit einige Fehlerquellen, die ausgemacht werden können:

  1. Dir fehlt eingehende Liquidität
  2. Deine Node ist nicht lange genug online
  3. Das Kapital ist an konkurrierende Ziel-Nodes gebunden
  4. Das Kapital ist an Ziel-Nodes gebunden, an die niemand etwas senden möchte.
  5. Deine Gebühren sind zu hoch eingestellt
  6. Deine eingehende Liquidität hat selbst nicht genug eingehende Liquidität

Eigentlich sollte es im Zuge des Wachstums des Netzwerks einfacher werden geeignete Routen für eine gewünschte Transaktion zu finden. Einige Kritiker befürchten hingegen das genaue Gegenteil. Da das Lightning-Netzwerk in ständigem Wandel ist und sich die Kanalzustände jeden Tag ändern, öffnen und schließen, und es keinen zentralen Speicher für die Historie gibt, auf den man zurückgreifen könnte, müssen die Zahlungsrouten jedes Mal neu berechnet werden. Wenn das Netzwerk nun sehr groß wird, so die Kritiker, haben kleine Nodes, die auf schwacher Hardware, wie dem Raspberry Pi 4 laufen, keine Chance mehr, eine geeignete Route zu berechnen. Sie befürchten es könne dazu führen, dass nur noch große Nodes auf performanter Hardware für die Berechnung der Routen geeignet sein könnte, was zu einem gewissen Grad wieder Zentralisierung bedeuten könnte.

Griefing Attacks

Sogenannte Griefing Attacks sind ein bekanntes Problem im Lightning Netzwerk, für das es bisher noch keine wirkliche Lösung gibt – jedoch bereits erste vielversprechende Vorschläge z.B. Circuitbreaker von Jost Jager. Ein Angreifer könnte dabei mit speziellen HTLCs (*siehe Exkurs), sogenannten „Hodl Invoices„, die Zahlungskanäle seines Opfers lahmlegen und diesen zur Zahlung eines Lösegeldes auffordern. Es genügen schon 483 dieser HTLCs um einen Kanal in eine Richtung vollständig zu blockieren. Selbst eine kollaborative Schließung des Channels ist in diesem Fall nicht mehr möglich. Das Problem bei Griefing Attacken ist, dass diese vom Angreifer grundsätzlich unendlich lange aufrecht erhalten werden können, selbst wenn ein Opfer der Erpressung nachkäme und das Lösegeld bezahlt.

Ein weiterer Grund für so einen Angriff könnte auch das Blockieren von Wettbewerbern im Streit um Routing-Fees. Durch das Blockieren der Channels der Mitbewerber, müssen mehr Transaktionen über den eigenen Zahlungskanal geroutet werden, was höhere Einnahmen für den Angreifer zur Folge hätte.

Info

Exkurs: HTLCs
Ein Hashed Time Lock Contract (HTLC) ist ein spezieller Transaktionstyp der zur Erzeugung von Transaktionen verwendet wird, die an eine Bedingung geknüpft sind. Bei den HTLCs im Lightning Netzwerk handelt sich im Grunde um Zahlungen, bei denen der Empfänger oder der Begünstigte den Erhalt der Zahlung vor einer vorgegebenen Zeit oder einem vorgegebenen Termin bestätigen muss.
Der Empfänger muss diese Zahlung in Form eines kryptografischen Zahlungsnachweises bestätigen, andernfalls hat der Sender die Möglichkeit diese Zahlung zu beanspruchen und sie vor ihm auszugeben.
Ein HTLC implementiert also praktisch zeitgebundene Transaktionen in der Kryptowelt. Wenn der Empfänger keinen kryptografischen Beweis für den Erhalt der Zahlung innerhalb eines bestimmten vorgegebenen Zeitrahmens erzeugt, erhält er kein Geld und die Transaktion wird ungültig. HTLCs kommen vor allem zum Einsatz um das Gegenparteien-Risiko zu minimieren.

Flood and Loot

Auch „Flood & Loot“ („Überfluten & Plündern“) ist ein theoretisches Problem, für welches es bisher keine wirkliche Lösung gibt. Dabei handelt es sich um eine systematische Attacke auf eine Vielzahl von Netzwerkteilnehmer. Ein Angreifer beginnt damit, möglichst viele Zahlungskanäle zu seinen späteren Opfern zu eröffnen und schickt über diese Zahlungen an eine zweite Node, die ebenfalls ihm gehört. Dann (meist wenn die Transaktionsgebühren im Netzwerk gerade sowieso hoch sind) akzeptiert der Angreifer zwar die Transaktion auf der einen Seite, ohne den HTLC-Nachweis auf der anderen zu liefern. Dies hat zur Folge, dass das Opfer dazu gezwungen wird den Kanal zu schließen, um seinen fairen Anteil zu beanspruchen bevor die Frist verrinnt. Dadurch, dass der Angreifer diesen Angriff jedoch bei einer Vielzahl von Leuten versucht, wird die Blockchain mit Transaktionen „überflutet“, was dazu führt, dass durch die entstehende Überlastung nicht alle ihre Gelder rechtzeitig einfordern können und diese schlussendlich an den Angreifer gehen. Die beiden Forscher Jona Harris und Aviv Zohar, konnten beweisen, dass bereits 85 zeitgleich attackierte Zahlungskanäle genügen, um den Angreifer mit Gewinn aus der Aktion gehen zu lassen.

Besonders problematisch ist die Tatsache, dass sich Opfer kaum gegen den Angriff wehren können und der Einsatz bzw. das Risiko sich für den Angreifer relativ in Grenzen hält, was die Wahrscheinlichkeit für Flood & Loot-Angriffe enorm steigert.

Fazit

Das Lightning-Netzwerk ist ein beeindruckendes Konstrukt, das ein enormes Potenzial auch abseits von günstigen Bitcoin-Zahlungen mit sich bringt. Es eröffnet viele neue Möglichkeiten und Anwendungsfälle, die dazu beitragen können unsere Welt einfacher, dezentraler und sicherer zu gestalten.

Nichtsdestotrotz, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das LN noch nicht einmal 5 Jahre alt ist und noch immer in den Kinderschuhen steckt. Es gibt noch einige Probleme, für die Lösungen gefunden werden müssen und es ist sicher noch nicht alles perfekt. Es arbeiten weltweit jedoch viele großartige und sehr intelligente Menschen täglich an Verbesserungen und Weiterentwicklungen des Netzwerks – sowohl auf technischer Ebene, aber auch an der Nutzbarkeit. Denn im LN gilt wie in nahezu jedem anderen Netzwerk auch, je mehr Teilnehmer desto höher der Netzwerkeffekt. Und mehr Teilnehmer werden vor allem dadurch gewonnen, die Nutzung einfach und sicher zu gestalten. Wenn man jedoch vergleicht, wie schnell und rasant die Entwicklungen im LN vor allem in den letzten beiden Jahren von statten gingen, kann man gespannt in die Zukunft blicken. Es wird interessant zu beobachten sein, wo das Lightning Netzwerk wohl in zwei bis drei weiteren Jahren steht. Es wird sich auf jeden Fall lohnen es weiterhin im Blick zu behalten.

Falls du dich ebenfalls ein Teil des Lightning-Netzwerks werden und dich mit den Funktionalitäten auseinandersetzen möchtest, dann sieh dir gerne die beiden folgenden Anleitungsvideos an, wie du deine eigene Lightning-Node aufsetzen und betreiben kannst.

In unserem kostenlosen Blocktrainer-Forum hat der User „mrsieb“ einen umfassenden Beitrag zu einzelnen Unterpunkten bei der Nutzung des Lightning Netzwerks verfasst. Wer sich noch etwas detaillierter mit dem Thema LN befassen möchte, sollte sich den Thread unbedingt ansehen.

Hier gibt es das Video zu diesem Artikel: