Blocktrainer.de berichtete kürzlich bereits über den Auszahlungsstopp des Kryptokreditgebers Genesis. Das Unternehmen ist ein wichtiger Kapitalgeber für die Krypto-Industrie. Auch für den bekannten Bitcoin Trust der Firma Grayscale, welche 643.572 BTC verwaltet, dient Genesis als Liquiditätsanbieter. Im Zuge der Insolvenz der Kryptobörse FTX vermehrten sich über das Wochenende die Gerüchte, dass auch der Grayscale Bitcoin Trust in Bedrängnis geraten könnte.

Bitcoin Fonds von Grayscale erreicht ein neues Allzeittief

Grayscale Investments und Genesis sind beide ein Teil des Mutterkonzerns Digital Currency Group (DCG). Der Bitcoin Fonds hinterlegt "echte" Bitcoin und gibt dafür GBTC-Anteile aus. Mit einer Mindestinvestitionssumme von 50.000 US-Dollar ist der Fonds primär für institutionelle Kunden ausgelegt.

Der Fonds operiert seit dem Jahr 2013 und entwickelte sich über die Jahre hinweg zu dem größten Bitcoin-Fonds weltweit. Eine Besonderheit ist allerdings, dass die hinterlegten Bitcoin von Grayscale nicht verkauft werden können. Dies führt dazu, dass die GBTC-Anteile entweder zu einem Premium- oder Abschlagspreis gehandelt werden. Wenn eine höhere Nachfrage nach GBTC als nach BTC besteht, wird der Fonds zu einem Premium gehandelt. Tritt der gegenteilige Fall ein, werden die GBTC-Anteile zu einem Abschlagspreis getauscht.

Bis Ende des Jahres 2020 wurde der Fonds durchgängig mit einem Premium gehandelt. Dies machte den Kauf von GBTC-Anteilen sehr attraktiv, denn schließlich erhielten die Investoren Anteile an dem Fonds, welche über den Wert des zugrundeliegenden Vermögenswerts (BTC) gehandelt wurden. Anfang des Jahres 2021 sorgte die steigende Nachfrage nach BTC im Bullenmarkt dafür, dass das Premium schmolz und schließlich der Nettowert des Vermögenswerts (NAV) im negativen Bereich lag.

Dies machte den Fonds immer unattraktiver für die Investoren und der NAV sank immer weiter. Die FTX-Insolvenz verschlimmerte die Situation und drückte den NAV auf nunmehr -45%. Dies bedeutet, dass bei einem BTC-Kurs von 16.000 US-Dollar die GBTC-Anteile lediglich 8800 US-Dollar wert sind. Dieser rapide Wertverfall der GBTC-Anteile sorgte für einen Vertrauensverlust in das Unternehmen.

Die Entwicklung des NAV seit Jahresbeginn. Quelle: The Block

Vertrauensverlust in Grayscale

Die FTX-Insolvenz sorgte sogar für einen Vertrauensverlust in die nahezu die komplette Krypto-Industrie. Besonders die Handelsbörsen stehen derzeit unter einem Generalverdacht, mit den Kundeneinlagen spekuliert zu haben. Die Bitcoin-Abflüsse von Handelsbörsen verzeichneten infolgedessen ein Rekordniveau.

Investoren des Bitcoin-Fonds von Grayscale können zwar ihre GBTC-Anteile verkaufen, Grayscale kann aber die zugrundeliegenden BTC auf dem Markt nicht veräußern. Auf Twitter kamen deshalb Gerüchte auf, ob die Firma wirklich die Bitcoin besitzt oder das Unternehmen lediglich Papier-Bitcoin in Form von GBTC-Anteile ausgibt.

Für dieses Problem gibt es eine relativ einfache Lösung. Grayscale könnte den Bitcoin-Bestand durch die Offenlegung der Wallets verifizieren. Dazu müsste das Unternehmen die Wallets mit dem privaten Schlüssel signieren und es gäbe somit einen kryptografischen Nachweis, dass Grayscale die hinterlegten Bitcoin besitzt.

Grayscale gibt Entwarnung

Als Reaktion sprach das Unternehmen die Bedenken der Anleger in einem Tweet an. Grayscale legte Informationen zur Sicherheit und Aufbewahrung seiner Krypto-Bestände vor und erklärte, dass alle Krypto-Vermögenswerte beim Custody-Service von Coinbase verwaltet werden.

Weiter erklärte Grayscale aber, dass das Unternehmen nicht die Wallet-Adressen der Einlagen veröffentlichen werde. Auch ein Proof-of-Reserve System lehnt das Unternehmen ab. „Wir wissen, dass insbesondere der vorangehende Punkt [fehlende Implementierung von Proof-of-Reserve] für einige eine Enttäuschung sein wird“, fügte Grayscale hinzu, „aber von anderen ausgelösten Paniken ist kein ausreichender Grund, komplexe Sicherheitsvorkehrungen zu umgehen, die die Vermögenswerte unserer Anleger seit Jahren schützen.“

5) Um es ganz klar zu sagen: Die zugrundeliegenden Bitcoin des Grayscale Bitcoin Fonds gehören allein GBTC.“

6) Coinbase führt häufig eine On-Chain-Validierung durch. Aufgrund von Sicherheitsbedenken machen wir solche On-Chain Informationen nicht über ein kryptografisches Proof-of-Reserve System oder ein anderes fortgeschrittenes Kryptografieverfahren öffentlich zugänglich.

Grayscale

Kritik an der Entscheidung von Grayscale

Diese Entscheidung von Grayscale sorgte für Kritik innerhalb der Bitcoin-Community. Grayscale wählt einen vertrauensbasierten Ansatz, welcher im Widerspruch zu dem Grundethos von Bitcoin steht („Don't trust, verify!“). Zwar ist zu erwarten, dass Coinbase als Verwahrer vertrauenswürdig operiert, dennoch würde ein kryptografischer Nachweis, welcher nicht fälschbar ist, das Vertrauen in das Unternehmen stärken.

Grayscale bittet seine Kunden und Investoren um Vertrauen. Dieses Vertrauen wurde aber durch die Ereignisse in diesem Jahr erschüttert. Auch die Lending Plattform Celsius oder die Handelsbörse FTX versprachen ihren Kunden bis zuletzt, dass ihre Einlagen sicher seien, bevor die Auszahlungen ausgesetzt wurden. Die Skepsis gegenüber der Entscheidung von Grayscale ist damit nachvollziehbar. Auch Dylan LeClair, Marktanalyst von Bitcoin Magazin, äußerte seine Kritik an der Entscheidung Grayscales:

Celsius: Weiterverpfändungen & Hacks

3AC: Vermögenswerte werden in einem PDF verwaltet

Voyager: Geplatzte unbesicherte Kredite

FTX: Hintertüren bei der Bilanzierung & Betrug

Grayscale: Vertrau mir, Bruder

Vielleicht können wir diese transparenten Ledger (Register) effektiver nutzen. Das Vertrauen ist erschüttert.

Ich setze Grayscale nicht mit diesen Firmen gleich. Ehrlich gesagt sind sie viel seriöser als alle anderen Läden.

Aber kann man den Leuten vorwerfen, dass sie skeptisch sind? Natürlich nicht.

Diese gesamte Branche, in der die DCG einer der Hauptinvestoren ist, basiert angeblich auf „Don't trust, verify.“

Dylan LeClair, Marktanalyst Bitcoin Magazin

Droht eine Auflösung des Fonds?

Der Bitcoin Trust von Grayscale befindet sich in einer Schieflage. Das Unternehmen versuchte schon mehrfach, den Fonds in einen Spot ETF umzuwandeln, um damit den negativen NAV zu bereinigen. Die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde lehnte die Anträge von Grayscale bisher ab und derzeit befindet sich das Unternehmen mit der Behörde in einem Rechtsstreit. Aktuelle Rechtsfälle in der Krypto-Industrie wie der Ripple-Fall könnten darauf hindeuten, dass sich dieser Fall über mehrere Jahre ziehen könnte. Eine schnelle Lösung erscheint damit unwahrscheinlich.

Das Vertrauensproblem ist nicht das einzige Problem von Grayscale. Dazu kommt, dass sich das Schwesterunternehmen Genesis in Schwierigkeiten befindet. Bevor Genesis die Auszahlungen stoppte, versuchte das Unternehmen vergeblich Investorengelder in Höhe von einer Milliarde US-Dollar einzusammeln. Als Liquiditätsanbieter von Grayscale könnte eine Insolvenz von Genesis Folgen für den Fonds sowie für den Mutterkonzern Digital Currency Group besitzen.

Die Digital Currency Group besitzt rund 28 Millionen GBTC-Anteile und ist somit der größte Anteilseigner an dem Bitcoin Fonds von Grayscale. Der Marktanalyst Joe Consorti erklärte, dass die DCG in der Vergangenheit schon mehrfach Anteile des Fonds gekauft habe, um den negativen NAV des Fonds zu verringern. Dieser Vorgang wäre vergleichbar mit Aktienrückkäufen, denn schließlich ist Grayscale ein Teil der Digital Currency Group.

Sollte Genesis vor einer Insolvenz stehen, wäre das Abstoßen ihrer GBTC-Anteile eine Möglichkeit der DCG, um damit das Tochterunternehmen zu retten. Dies würde natürlich den NAV des Fonds weiter senken und damit das Vertrauen der Investoren in Grayscale verringern. Die DCG müsste abwägen, ob eine Insolvenz von Genesis verkraftbar wäre. Genesis verwaltet Kredite in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar und könnte damit den derzeitigen Contagion Effekt, welcher durch die FTX-Insolvenz ausgelöst wurde, verschärfen.

Wenn das Kapital der DCG aber nicht ausreicht, könnte eine Insolvenz von Genesis drohen. Welche Folgen dies für den Grayscale Bitcoin Trust hätte, ist schwierig abschätzbar. Im schlimmsten Fall würde eine Auflösung des Fonds drohen, bei der die hinterlegten Bitcoin verkauft werden würden. Derzeit besitzen die Bitcoin von Grayscale einen Gegenwert von rund 10,5 Milliarden US-Dollar. Dies würde einen enormen Verkaufsdruck auf den Bitcoinpreis auslösen. Vorausgesetzt natürlich, das Unternehmen ist wirklich im Besitz der 643.572 Bitcoin.

Fazit

Die Nicht-Veröffentlichung der Wallet-Adressen und die finanzielle Lage der DCG werfen einen Schatten über den Bitcoin Fonds von Grayscale. Der NAV zwingt zwar Grayscale nicht, die hinterlegten Bitcoin abzustoßen, eine mögliche Insolvenz von Genesis könnte den Fonds dagegen in Schwierigkeiten bringen. Dennoch muss hierbei erwähnt werden, dass der Fonds von Grayscale seit dem Jahr 2013 operiert und deshalb auch nur begrenzt mit vergangenen "Hype-Erfindungen" des Bullenmarktes wie FTX verglichen werden kann. Das aufgeführte Worst-Case-Szenario muss nicht eintreten, allerdings haben die Ereignisse um die Handelsplattform FTX gezeigt, wie schnell Krypto-Unternehmen scheitern können.