Der Energieverbrauch von Bitcoin ist seit jeher ein kontrovers diskutiertes Thema, das sowohl Befürworter als auch Kritiker des Netzwerks spaltet. Nachdem die Daten des Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index (CBECI) schon seit längerem in der Kritik standen, hat das Team der Universität Cambridge seine Methodik überarbeitet, um ein klareres Bild vom Energieverbrauch von Bitcoin zu zeichnen. Tatsächlich stellte sich heraus, dass der Energieverbrauch des Netzwerks in den vergangenen Jahren deutlich zu hoch eingeschätzt wurde.

Eine Untersuchung der Annahmen, die dem Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index (CBECI) zugrunde liegen, hat zu dessen erster größerer Überarbeitung seit seiner Einführung im Jahr 2019 geführt - eine Reaktion auf Hinweise, die auf eine regelmäßige Überschätzung des Stromverbrauchs hindeuten.

Der Abstract des Cambridge-Artikels zur Revision

Kritik an den Daten des CBECI

Bevor wir uns jedoch den Details der Überarbeitung zuwenden, ist es wichtig, die Kritikpunkte an den Daten des CBECI zu betrachten. In einem früheren Artikel auf Blocktrainer.de hatten wir bereits hervorgehoben, dass sich die Daten des CBECI stark von denen des Bitcoin Mining Council (BMC) unterscheiden. Während das BMC den Anteil erneuerbarer Energien im Bitcoin-Strommix auf fast 60% schätzt, gibt der CBECI nur etwa 40% an. Diese Diskrepanz resultiert aus unterschiedlichen Methodologien und Datengrundlagen. Während das BMC überwiegend Industriedaten als Grundlage für die Einordnung verwendet, basieren die von der Cambridge Universität angeführten Zahlen überwiegend auf mehr oder minder genauen Schätzwerten.

Evolution der Methodik

Der CBECI wurde im Juli 2019 eingeführt, um datengesteuerte Einblicke in die energieintensive Natur und den damit verbundenen ökologischen Fußabdruck des Bitcoin-Minings zu bieten. Alexander Neumueller, der leitende Forscher des Projekts, erklärte, dass das Ziel des Index ist, eine relativ genaue Schätzung des Stromverbrauchs des Bitcoin-Netzwerks zu liefern und die Daten so aufzubereiten, dass sie für Laien verständlich sind.

Die Methodik basierte bisher auf einer Reihe von Annahmen, darunter die Effizienz der Mining-Hardware, die Stromkosten und die Rentabilität des Minings. Diese Annahmen wurden in drei verschiedene Szenarien unterteilt: ein optimistisches, ein wahrscheinliches und ein pessimistisches. Obwohl dieses Modell wertvolle Einblicke bot, wurde es zunehmend klar, dass die rasante Entwicklung in der Mining-Technologie und die sich verändernden Marktbedingungen eine Überarbeitung der Methodik erforderlich machten.

Der Paradigmenwechsel: Was hat sich geändert?

Die aktualisierte Methodik stellt einen signifikanten Paradigmenwechsel dar. Sie geht über die reine Betrachtung der Hardware-Effizienz hinaus und berücksichtigt eine Reihe weiterer Faktoren, die bisher vernachlässigt wurden. Einer der wichtigsten ist die zeitliche Verzögerung zwischen der Veröffentlichung neuer Mining-Hardware und ihrer tatsächlichen Installation und Inbetriebnahme. Dieser Aspekt ist wichtig, da die neuesten ASIC-Modelle oft Monate benötigen, um von den Herstellern an die Miner versandt und dann in den Mining-Farmen installiert zu werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Berücksichtigung von Importdaten, insbesondere aus den USA, um ein besseres Verständnis für die globale Verteilung der Mining-Aktivitäten zu erhalten. Die Methodik verwendet nun auch eine spezielle Metrik, die in Terahash pro Sekunde pro Kilogramm (TH/s/kg) gemessen wird, um den Einfluss der neuesten Mining-Geräte auf den gesamten Netzwerk-Hashrate zu quantifizieren.

Auswirkungen der Methodik-Anpassungen auf die Energieverbrauchsschätzungen

Die Anpassungen der Methodik im CBECI haben zu signifikanten Veränderungen in den Schätzungen des Energieverbrauchs von Bitcoin geführt. Diese Veränderungen sind nicht nur in ihrer Größenordnung bemerkenswert, sondern auch in dem, was sie über die Entwicklung der Bitcoin-Infrastruktur aussagen.

Bevor die Methodik angepasst wurde, schätzte der CBECI den jährlichen Energieverbrauch von Bitcoin für das Jahr 2021 auf 104,0 TWh. Diese Zahl wurde oft als Vergleichsmaßstab für den Energieverbrauch ganzer Länder oder Industrien herangezogen. Die vorherige Methodik berücksichtigte jedoch wie oben erwähnt nicht den zeitlichen Verzug zwischen der Veröffentlichung neuer Mining-Hardware und ihrer tatsächlichen Installation und Nutzung. Sie gewichtete auch ältere und neuere Geräte gleich, was zu einer Überschätzung des Energieverbrauchs führte.

Aktuelle Schätzungen

Mit der neuen Methodik wurde der geschätzte Energieverbrauch für 2021 auf 89,0 TWh nach unten korrigiert. Das ist eine Reduzierung um 15,0 TWh, was nicht nur statistisch, sondern auch in Bezug auf die Umweltauswirkungen erheblich ist. Für das Jahr 2022 wurde die Schätzung von 105,3 TWh auf 95,5 TWh reduziert. Auch für das laufende Jahr 2023 wurden die Schätzungen von 75,7 TWh auf 70,4 TWh nach unten korrigiert.

Änderungen des geschätzten Energieverbrauchs des Bitcoin-Netzwerks. Quelle: CBECI

Bedeutung der Veränderungen

Diese Veränderungen sind aus mehreren Gründen von Bedeutung. Zum einen zeigen sie, dass die Einführung effizienterer Mining-Hardware doch einen messbaren Einfluss auf den Energieverbrauch hat. Von Kritikern wurde dies in der Vergangenheit oft bestritten, da argumentiert wurde, dass effizientere Hardware nur zu "mehr Hardware" führt. Dabei wurden jedoch logistische Limitationen außer Acht gelassen. Zum Anderen deuten die neuen Zahlen darauf hin, dass die Bitcoin-Industrie wohl weniger umweltbelastend ist als zuvor angenommen. Außerdem bieten die aktualisierten Schätzungen eine solidere Grundlage für politische Entscheidungen, sei es in Bezug auf Regulierung oder Förderung erneuerbarer Energien im Mining-Sektor.

Fazit

Obwohl die überarbeitete Methodik ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, bleibt sie ein Modell mit eigenen Limitierungen. Sie basiert immer noch auf einer Reihe von Annahmen und vereinfachenden Modellierungen, die in der Zukunft weiter verfeinert werden müssen. Insbesondere die Berücksichtigung der Energiequellen und die regionale Verteilung der Mining-Aktivitäten sind Bereiche, die in zukünftigen Versionen des Index weiter untersucht werden sollten.

Insgesamt stellt die überarbeitete Methodik des CBECI jedoch einen wichtigen Meilenstein in der kontinuierlichen Bemühung dar, den Energieverbrauch von Bitcoin so genau wie möglich zu quantifizieren. Sie spiegelt die Komplexität und Dynamik des Bitcoin-Ökosystems wider und bietet eine robustere Grundlage für die Analyse seiner Umweltauswirkungen.

Die Überarbeitung des CBECI und die darauf folgende kritische Analyse werfen ein neues Licht auf die Debatte um den Energieverbrauch von Bitcoin. Sie bieten eine solidere Grundlage für Diskussionen und könnten dazu beitragen, einige der derzeitigen Missverständnisse und voreingenommenen Perspektiven in diesem Bereich zu klären. Es zeigt jedoch auch, dass weitere Forschung und Transparenz erforderlich sind, um ein vollständiges Bild des Energieverbrauchs und der Emissionen von Bitcoin zu erhalten.

Lese-Tipp: Mittels Nonce-Analyse: Neue Daten zu Energieverbrauch und Effizienz von Bitcoin