Mit einer neuen Analysemethode soll der Energieverbrauch sowie die Effizienz des Bitcoin-Netzwerks deutlich genauer bestimmt werden können, als es noch bisher der Fall war. Zusammen mit dem Team von Coin Metrics veröffentlichten Karim Helmy und weitere Autoren eine Studie, die nicht nur eine neue Methode zur Unterscheidung zwischen verschiedener Mining-Hardware vorstellt, sondern diese auch direkt auf Daten aus dem Bitcoin-Netzwerk anwendet.

Wir schauen uns etwas genauer an, wie diese neuartige Methode überhaupt funktioniert, und werfen anschließend natürlich auch einen Blick auf die durchaus spannenden Erkenntnisse, die sich daraus ergeben haben!

Ein Jahr in Arbeit, die neue Nonce-Analysemethodik, die ich entworfen und mit dem @coinmetrics Team entwickelt habe, ist nun öffentlich!

Wir haben Fingerabdrücke von fast allen großen ASICs gesammelt, um den Energieverbrauch, anfallenden Elektroschrott und die Effizienz von Bitcoin genau festzustellen.

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@karimhelpme auf Twitter

Die Methode

Bei einer Nonce handelt es sich ganz allgemein um eine mehr oder weniger zufällige Zahl, die einmalig verwendet wird. Bitcoin-Mining besteht vereinfacht gesagt eigentlich aus nichts anderem, als extrem viele solcher Noncen – also Zahlen – auszuprobieren, bis man Glück hat und eine „goldene Nonce“ und damit einen gültigen Block gefunden hat. Mining-Hardware ist eigentlich darauf ausgelegt, diese Nonce für einen Block komplett zufällig zu wählen. Doch durch die schier gigantische Anzahl an Versuchen, die mittlerweile sogar innerhalb einer einzigen Sekunde durchgeführt werden können, kann man langfristig eine interessante Beobachtung machen.

Die Autoren haben dafür zunächst die verschiedensten ASIC-Modelle, von alt bis nagelneu, an einen eigenen Mining-Pool angeschlossen und getestet, wie die Verteilung der Noncen, also welche Zahlen häufiger oder seltener vorkommen, aussieht. Diese Tests wurden also abseits des Bitcoin-Netzwerks durchgeführt, um auch wirklich eine möglichst aussagekräftige Menge an Datenpunkten zu erhalten. Das Ergebnis: Tatsächlich kann man einem überwältigenden Teil der Modelle einen ziemlich einzigartigen Fingerabdruck zuschreiben, also ein bestimmtes Muster in der Auswahl der Nonce. Diese Charakteristik ist wahrscheinlich auf den verwendeten Chip und andere Hardware-Komponenten zurückzuführen.

Lese-Tipp: Wie funktioniert Bitcoin-Mining?

Die Verteilung der Noncen bei den unterschiedlichen ASIC-Modellen | Quelle: Coin Metrics

Durchschnittlich und über einen größeren Datensatz hinweg, kann man durch diese Muster-Erkennung also, mit ziemlich hoher Genauigkeit, eine Aussage darüber treffen, welche Noncen von welchen ASIC-Modellen erzeugt wurden. Wendet man diese Methodik auf das gesamte Bitcoin-Netzwerk an, ist es somit erstmals möglich, konkrete Aussagen über die verwendete Hardware zu treffen – und das sogar rückwirkend. Damit lassen sich ebenfalls Rückschlüsse über die Effizienz des Netzwerks, den Energieverbrauch selbst, aber auch Daten über anfallenden Elektroschrott ziehen.

Für technisch versierte Leser lohnt es sich, einen Blick in den technischen Anhang der Studie und näheren Details zur Methodik zu werfen!

Die Daten

Aus der Analyse der verschiedenen Nonce-Verteilungen lassen sich zunächst Schlüsse auf die Verteilung der ASIC-Miner im Netzwerk ziehen, also welche Modelle wann und wie intensiv in Verwendung waren. Hier fällt als Erstes die anhaltende Dominanz des Marktführers Bitmain auf. Selbst der Antminer S9, welcher bereits 2016 vorgestellt wurde, konnte sich lange halten und fiel erst kürzlich aus der Statistik heraus. Im Kontrast dazu steht der Antminer S17, welcher durch schlechte Performance und Hardware-Fehler schnell an Relevanz verlor.

Die Hashrate aufgeteilt nach verwendeter Hardware | Quelle: Coin Metrics
Die Dominanz (in %) verschiedener ASIC-Modelle | Quelle: Coin Metrics

Effizienz

Aus den Informationen der Verteilung der Mining-Hardware können auch Rückschlüsse auf die Effizienz des Bitcoin-Netzwerks im Allgemeinen angestellt werden. Generell sind neuere, moderne ASIC-Miner wie z.B. die Antminer S19 Modelle, welche in den Statistiken von oben bereits auffallen, auch deutlich effizienter. Zwar kann die Studie nicht auf kleinere Unterschiede zwischen bestimmten Modellen und deren Firmware Rücksicht nehmen, doch der allgemeine, sehr positive Trend ist eindeutig erkennbar und auch logisch: Miner mit effizienterer Hardware sind schließlich profitabler.

Hardware-Effizienz (in J/TH) über die Zeit | Quelle: Coin Metrics

Energieverbrauch


Besonders spannend wird es natürlich beim berühmt-berüchtigten Energieverbrauch von Bitcoin, welcher für die Sicherheit des Netzwerks essenziell und unabdingbar ist. Doch ganz so hoch, wie von vielen vermutet, ist dieser tatsächlich gar nicht. Die bisher gängigste Quelle für eine Annäherung des Energiebedarfs war der Bitcoin Electricity Consumption Index der University of Cambridge, welcher diesen im Mai 2023 auf 15,9 GW schätzte.

Die neue Methodik erlaubt erstmals eine Schätzung des Stromverbrauchs, ohne den Preis von Bitcoin als Indikator zu berücksichtigen, womit einiges an Volatilität in den Daten vermieden werden kann. Stattdessen verlässt man sich auf konkretere Daten zur verwendeten Mining-Hardware im Netzwerk, und kommt damit aktuell auf eine Schätzung von 13,4 GW, also etwa 15% niedriger als die Angaben der Cambridge University. Um diese Zahl etwas zu veranschaulichen: Die weltweite Leistung von erneuerbaren Energien, wie z.B. Windräder und Solaranlagen, liegt aktuell bei 3000 GW.

Stromverbrauch des Bitcoin-Netzwerks über die Zeit | Quelle: Coin Metrics
Verschiedene Schätzungen im Vergleich | Quelle: Coin Metrics

Fazit

Natürlich sollte man bei Daten, vor allem aus einer frisch veröffentlichen Studie, immer etwas vorsichtig sein. Nicht nur Kritiker, sondern auch Befürworter von Bitcoin können Daten und Erkenntnisse manipulieren – aber auch die Methode selbst kann natürlich für Ungenauigkeiten sorgen. Doch die in diesem Beitrag vorgestellte, neue Analysemethode, über die Verteilung der Nonce-Auswahl eine Aussage über die verwendete Mining-Hardware zu treffen, ist nicht nur ziemlich genial, sondern macht auch einen sehr vielversprechenden Eindruck. Die vorgestellten Daten sind nicht nur schlüssig, sondern decken sich auch mit bisherigen Beobachtungen und anderen Modellen.

Auch in Zukunft können die „Fingerabdrücke“ der ASIC-Miner spannende Erkenntnisse liefern. Neue Mining-Hardware kann schließlich verhältnismäßig einfach charakterisiert und nachträglich in die Analyse mit aufgenommen werden.