Seit einigen Jahren untersucht die Universität Cambridge im Rahmen ihres "Bitcoin Electricity Consumption Index" den weltweiten Stromverbrauch und die Energiequellen, die global für das Bitcoin-Mining verwendet werden. Am heutigen Dienstagmorgen aktualisierte das Forscherteam der Universität deren Index-Webseite und führte ein neues digitales Tool ein, welches Schätzungen zu den annualisierten Treibhausgasemissionen, den gesamten Treibhausgasemissionen, dem Strommix und der Emissionsintensität im Zusammenhang mit Bitcoin liefert.

Die neu veröffentlichten Daten zeigen die Veränderungen im für Bitcoin verwendeten Energiemix und lassen vermuten, dass dieser schlechter sein könnte, als bisher gedacht. Aufgrund fehlender Daten und der von den Forschern angewandten Methodologie sind die Ergebnisse aber auch durchaus kritisch zu betrachten.

Gas- & Kernenergie mit starkem Wachstum

Laut den Daten aus Cambridge gingen im Laufe der letzten Jahre auf Kohle basierende Mining-Aktivitäten von über 40% in 2019 auf etwa 36% zurück. Gleichzeitig verkleinerte sich aber auch der Anteil an Wasserkraft deutlich von ca. 38% auf nunmehr ~15%. Die dadurch entstandene Lücke im Energiemix wurde hauptsächlich durch Gas und Kernenergie aufgefüllt, die seit 2019 ein starkes Wachstum verzeichnen konnten.

Der Anteil an Erdgas-Mining stieg in den vergangenen vier Jahren von knapp unter 10% auf rund 25% an. Das Mining durch Strom, der aus Kernenergie entstand, vervierfachte sich in dieser Zeit fast und stieg von etwa 3% auf über 11%.

Der Hauptgrund für diese Veränderungen im Bitcoin-Energiemix ist in erster Linie die Abwanderungen der großen Mining-Unternehmen aus China in andere Länder, allen voran die USA. Dies spiegeln auch die Daten deutlich wider. Nach Angaben der US Energy Information Administration wird in den Vereinigten Staaten der Großteil des Stroms aus Erdgas erzeugt. Im Jahr 2021 waren es etwa 36% der gesamten Stromproduktion. Mit etwa 8% nimmt auch die Kernenergie nur einen etwas kleineren Anteil ein, als die Stromerzeugung durch regenerative Energien wie Wind, Wasser oder Solar.

Quellen der Stromerzeugung in den USA (2021). Quelle: EIA

Da in China jedoch besonders während der Regenzeit bei der Stromproduktion auf Wasserkraft gesetzt wurde, ist es nicht verwunderlich, dass dieser Anteil im Bitcoin-Energiemix nun deutlich kleiner ausfällt. Eines der größten Probleme ist jedoch die Abwanderung vieler chinesischer Miner nach Kasachstan, wo laut CBECI immerhin knapp 14% der globalen Hashrate beheimatet ist. In dem zwischen China und Russland gelegenen Land wird noch immer viel Strom mit fossilen Brennstoffen erzeugt und äußerst günstig an industrielle Abnehmer verkauft. Dies ist für den CO₂-Fußabdruck des Bitcoin-Netzwerks leider nicht gerade förderlich.

Allerdings gibt es weltweit zahlreiche Länder, in denen Wasserkraft im Überschuss vorhanden ist und welche bei entsprechender Gesetzeslage und Regulierung ideale Standorte für das Bitcoin-Mining wären. Paraguay ist zum Beispiel ein Kandidat, für ein Land, das langfristig ein Mekka für Mining-Unternehmen sein könnte.

CO₂-Emissionen steigen rapide!

Die Cambridge-Daten zeigen, dass die Treibhausgas-Emissionen besonders seit Ende 2017 extrem angestiegen sind. Etwa 92% aller durch das Bitcoin-Mining verursachten Emissionen sind allein seit 2018 entstanden! Während sich der CO₂-Ausstoß im Kontext des Minings im Jahr 2017 noch auf etwa 7,65 Megatonnen belief, waren es im vergangenen Jahr mit geschätzten 56,29 Megatonnen etwa das Achtfache von damals! Für das Jahr 2022 wird etwa ein ähnlicher Wert, wie im für 2021 prognostiziert.

Gesamte Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit Bitcoin, Stand Mitte September 2022. Quelle: CBCEI

Kritik an den Daten

Die Daten aus Cambridge unterscheiden sich sehr stark von denen, die regelmäßig vom Bitcoin Mining Council (BMC) veröffentlicht werden. Das BMC gab für das zweite Quartal 2022 beispielsweise den Anteil an regenerativen Energien am Bitcoin-Strommix mit fast 60% an. Die Cambridge-Forscher schätzen den Anteil der Erneuerbaren lediglich auf etwa 40%

Strommix BMC
Anteil an regenerativen Energiequellen am Bitcoin Strommix laut BMC.

Woher kommen die Unterschiede und welche Daten sind verlässlicher?

Die Unterschiede in den Daten kommen primär von den unterschiedlichen Methodologien zur Messung und der jeweiligen Datengrundlage.

Während das BMC die erforderlichen Daten direkt von den Mining-Unternehmen erhält, beruhen die der Cambridge Universität lediglich auf mehr oder minder guten Schätzungen.

Die CBECI-Daten basieren nämlich darauf, dass sich das Forscherteam ansieht, wie die prozentuale Verteilung der Hashrate in den jeweiligen Ländern und Regionen ist, um dann auf Basis des dort vorherrschenden Strommixes einen Schätzwert zu ermitteln. Wenn also in einer Region überdurchschnittlich viel Strom durch Kohle erzeugt wird, würde ein Mining-Unternehmen, das in dieser Region mit Wasserkraft Bitcoins schürft, ebenfalls negativ in den Index einfließen. Die führt zu Ungenauigkeiten und den Unterschieden in den Daten.

"Wir verwenden Informationen aus unserer Mining-Karte, um zu sehen, wo sich Bitcoin-Miner befinden und untersuchen dann den Strommix des Landes, Bundesstaates oder der Provinz. Soweit ich weiß, fordert der Bitcoin Mining Council seine Mitglieder auf, diese Daten in einer Umfrage selbst zu melden."

Alexander Neumüller, Projektleiter CBCEI gegenüber Cointelegraph

Ebendarum sind die Angaben aus Cambridge durchaus mit Vorsicht zu betrachten. Natürlich hätten auch die Mitglieder des Mining-Councils ein Interesse daran, die Zahlen etwas zu beschönigen, was oft und auch nachvollziehbar kritisiert wird. Geht man jedoch von der Ehrlichkeit des BMC und der Mining-Unternehmen aus, basieren deren Daten wohl auf der besseren und akkurateren Grundlage. Ob man dem BMC Glauben schenken kann, das muss jeder für sich selbst beurteilen - zumindest so lange bis es verifizierbare Informationen gibt. Vermutlich liegt die Wahrheit aber wie so oft irgendwo in der Mitte.