Die amerikanische Investorin und Bitcoin-Befürworterin Cathie Wood veröffentlichte auf der Website ihrer Firma ARK Invest einen offenen Brief an die amerikanische Zentralbank (Fed). In dem Brief appelliert Wood an die amerikanischen Währungshüter, ihre monetären Entscheidungen zu überdenken. Aufgrund der hohen Inflation hob die Fed den Leitzins in diesem Jahr in großen Schritten an. Experten befürchten deshalb, dass die Fed eine tiefe Rezession mit ihren aggressiven Zinsentscheidungen auslösen könnte.
Appell von Cathie Wood an die Fed
In dem Brief forderte die 66-Jährige die amerikanischen Notenbänker dazu auf, ihren monetären Kurs zu ändern. Cathie Wood sieht anhand der Entwicklung verschiedener Rohstoffpreise die inflationäre Phase als überwunden. Denn lediglich die Preise für Nahrungsmittel und Energie sind seit Jahresbeginn gestiegen. Ein Großteil der Rohstoffe wie Kupfer oder Holz verloren über das Jahr an Wert. Viel mehr sieht Wood nun die Gefahr einer deflationären Krise, welche durch die Zinspolitik der Fed ausgelöst werden könnte.
Fallende Rohstoffpreise können als ein Indikator für eine bevorstehende Rezession interpretiert werden. Die Unternehmen verringern ihre Produktion, da die Nachfrage nach Gütern in einer Rezession sinkt. Mit der sinkenden Nachfrage geht folglich zugleich ein Rückgang der Rohstoffpreise einher. Dies ist auch der Grund, weshalb Rezessionen oft deflationäre Tendenzen besitzen. Wood sieht die Gefahr, dass die Fed mit ihrer Zinspolitik den Leitzins zu stark anhebt und damit die deflationäre Tendenz im Rohstoffmarkt befeuert.
Zusätzlich geht die Starinvestorin auf die Indikatoren der Fed für ihre Entscheidungen ein. Für die amerikanische Zentralbank sind die zwei wichtigsten Zahlen die Inflationsdaten und das Beschäftigungsniveau in den Vereinigten Staaten. Solange der Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten boomt, kann die Fed auch weiterhin die Zinsen anheben.
Cathie Wood bemängelt in ihrem Brief die Indikatoren der Fed und erklärt, dass diese Vergangenheitsindikatoren seien, welche keinen Einblick in die derzeitige wirtschaftliche Lage geben. Die Rohstoffpreise sind nach Wood dagegen Frühindikatoren und damit ein besserer Gradmesser. Wood kritisiert die Zinsentscheidungen der Fed scharf und warf ihr vor, das Risiko einer deflationären Pleitewelle zu erhöhen:
"Könnte es sein, dass der beispiellose Anstieg der Zinssätze, nämlich um das 13-fache in den letzten sechs Monaten – wahrscheinlich um das 16-fache am 2. November – nicht nur die USA, sondern die ganze Welt schockiert und das Risiko einer deflationären Pleitewelle erhöht hat?"
Cathie Wood
Wood ist nicht die erste und einzige Kritikerin der Zinsentscheidungen der Federal Reserve. Immer mehr Stimmen äußern ihre Kritik an der Fed. Erst letzte Woche forderten auch die Vereinten Nationen die amerikanische Zentralbank dazu auf, den Leitzins nicht weiter anzuheben. Denn aufgrund des starken Dollars geraten immer mehr Schwellenländer unter Druck, welche in US-Dollar denominierte Schulden besitzen.
Der Gewissenskonflikt von Cathie Wood
Cathie Wood ist für ihre technologieorientierte Investmentstrategie bekannt. Auch dem Bitcoin schreibt sie großes Potenzial zu und erklärte, dass der Bitcoinpreis 500.000 US-Dollar erreichen könnte. Der ARK Innovation ETF (ARKK), welcher von Cathie Wood verwaltet wird, spiegelt ihre Investmentphilosophie wider und besteht primär aus Tech-Unternehmen.
Der ETF konnte bis Anfang des Jahres 2021 unglaubliche Renditen erwirtschaften. Nach dem Corona-Crash verzeichnete der ETF innerhalb von 12 Monaten ein Plus von über 300%. Seitdem befindet sich der ETF allerdings in Sinkflug. Von seinem Hoch von 158 US-Dollar verlor der ETF 78% seines Wertes und wird derzeit bei 35 US-Dollar gehandelt.
Ähnlich wie der Bitcoinpreis litt auch der ETF von Cathie Wood unter den Zinserhöhungen durch die Fed. Die Abnahme der Liquidität durch das Quantitative Tightening Programm der Fed, brachte primär Tech-Aktien unter Druck. Da der ARK Innovation ETF zum Großteil aus Tech-Aktien besteht, verlor dieser überproportional gegenüber anderen Vermögenswerten.
Die Fed wird vermutlich erst dann die Geldpolitik lockern, wenn sie keine andere Möglichkeit mehr besitzt. Eine Lockerung der Geldpolitik könnte dann aber die Preise von verschiedenen Vermögenswerten wieder ansteigen lassen. Besonders die Tech-Aktien und damit auch der ETF von Cathie Wood würden davon profitieren. Cathie Wood besitzt damit ein direktes finanzielles Interesse daran, dass die Fed aufgrund einer bevorstehenden Rezession die monetären Zügel wieder lockert.
Dennoch bleibt es fragwürdig, ob dies der einzige Grund für die Veröffentlichung des Briefes war. Vielmehr dürft Cathie Wood verstanden haben, dass im Falle einer deflationären Krise jeder Marktteilnehmer verlieren könnte. Als das Finanzsystem in der Finanzkrise 2008 knapp vor einem Kollaps stand, gab es keine Gewinner mehr.
Ob die Fed aufgrund dieses Briefes ihren Kurs ändern wird, bleibt abzuwarten, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Signalwirkung hat dieser dennoch, denn schließlich ist Cathie Wood eine der bestbekannten Investorinnen an der Wall Street. Morgen im Laufe des Tages sollen dann die US-Inflationszahlen für den September veröffentlicht werden. Diese werden ausschlaggebend dafür sein, ob die Fed bei ihrem nächsten FOMC-Meeting am 2. November den Leitzins um 0,5% oder 0,75% anheben wird. Unabhängig davon mehren sich aber die Stimmen, welche darauf hindeuten, dass die Fed mit ihren Entscheidungen eine tiefe Wirtschaftskrise auslösen könnte.