In den letzten Tagen nahmen die Spekulationen zu, dass Three Arrows Capital (3AC), ein Krypto-fokussierter, in Singapur ansässiger Hedgefonds, zahlungsunfähig sei und somit nach Celsius das nächste große Krypto-Unternehmen ist, das kurz vor der Insolvenz stehe. Nun gab Zhu Su, einer der Mitgründer von 3AC, via Twitter bekannt, dass der Hedgefonds seine Positionen neu verhandeln möchte. Ein Zahlungsausfall 3ACs rückt damit näher.
"Wir sind dabei, mit den relevanten Parteien zu kommunizieren und setzen uns rundum dafür ein, eine Lösung zu finden."
- Zhu Su, Co-Founder 3AC
Lido Staked ETH wird zum Problemfall
Lido Staked ETH (stETH) ist ein Ethereum Derivat, bei dem die Nutzer ihre Ether gegen stETH eintauschen können. Nach dem erwarteten ETH 2.0 Merge (Ethereum wechselt zu Proof-of-Stake) sollen diese anschließend wieder in Ether umgetauscht werden können. Nutzer haben so lange die Möglichkeit, mit stETH eine Staking-Rendite zu generieren.
Im Optimalfall werden ETH und stETH bis zum Merge zum gleichen Preis gehandelt. In den letzten Wochen löste sich aber die Bindung und stETH wurde unter dem Marktpreis von ETH gehandelt. Vorgestern entkoppelte sich der Preis von stETH kurzzeitig um 15%. Aktuell liegt die Spanne bei 5,65%.
Auch 3AC besaß stETH-Positionen und benutzte diese zur Generierung von Renditen auf der Avalanche Plattform. Mit dem starken Abverkauf sank auch der Wert der hinterlegten stETH und 3AC drohte liquidiert zu werden. Der Hedgefonds stieß daraufhin stETH Positionen im Wert von 40 Millionen US-Dollar ab. Diese reichten aber nicht aus, um einen Margin-Call zu vermeiden.
3AC kann Margin Call nicht bedienen
Die Summe der Vermögenswerte von 3AC wurde im letzten Jahr auf 18 Milliarden US-Dollar und die liquiden Mittel auf 9 Milliarden US-Dollar geschätzt. Mit dem Kursrückgang fiel auch der Wert der liquiden Mittel. Wenn 3AC diese ausschließlich in Bitcoin investiert hätte, hätte das Unternehmen Schätzungen zufolge noch 2,7 Milliarden US-Dollar an liquiden Mitteln übrig.
Der Hedgefonds besaß aber nicht nur Bitcoin Positionen, sondern war auch in risikoreicheren Altcoins investiert, die teilweise noch deutlich stärker verloren als der BTC. Der Wert des liquiden Portfolios von 3AC dürfte somit deutlich unter 2,7 Milliarden US-Dollar liegen.
Mit dem Preisrückgang geriet 3AC nun unter Druck und der Hedgefonds erhielt einen Margin-Call. Diesen erhält ein Trader, wenn der Wert seiner hinterlegten Sicherheiten eine bestimmt Marke unterschritten hat. Trader haben die Möglichkeiten ihre Sicherheiten entweder zu erhöhen oder der Kreditgeber beginnt damit, die Vermögenswerte zu liquidieren. 3AC gingen die liquiden Mittel aus, um ihre Positionen zu schützen, weswegen sie dem Margin-Call nicht nachkommen konnten. Der Hedgefonds versucht nun seine Positionen neu zu verhandeln.
Krypto-Contagion setzt sich fort
Ein Contagion Effekt bzw. Ansteckungseffekt beschreibt den Fall, dass sich eine Krise auf einzelwirtschaftlicher Ebene von etwa einem Wirtschaftssubjekt auf mehrere Wirtschaftssubjekte überträgt. Dies tritt besonders häufig auf, wenn die Wirtschaftssubjekte untereinander verschuldet sind, denn Schulden und Vermögen sind ein Nullsummenspiel. Wenn der Kreditnehmer insolvent geht, wird das wirtschaftliche Risiko auf den Kreditgeber übertragen.
Mit der möglichen Insolvenz von Celsius hat sich die Verflechtung vieler Krypto-Unternehmen bereits abgezeichnet. Die Generierung der versprochenen Renditen im DeFi-Bereich sind mit einem hohen Risiko verbunden. Anstatt die Gelder der Kunden sicher zu verwahren, treten vieler dieser Plattformen als Risikomanager auf und investieren die Gelder der Kunden in risikoreiche DeFi-Protokolle.
Auch der Three Arrows Capital lieh sich Kapital von großen Kryptodienstleistern wie Celsius, Nexo, BlockFi oder auch Genesis. 3AC versucht zwar die Positionen neu zu verhandeln und damit das wirtschaftliche Risiko für diese Unternehmen zu minimieren, die Gefahr eines Contagion Effekts ist dennoch präsent.
Diese Situation könnte für den Krypto-Markt und vor allem für den DeFi-Bereich sehr unangenehm werden. Kreditgeber werden versuche bei einem Contagion Event ihre Kredite abzuziehen und damit die Liquidität innerhalb des Marktes verringern. Vor allem Unternehmen mit einer schlechten Bilanzstruktur werden von dem Contagion Event stärker betroffen sein. Auch weitere Preiskorrekturen können folgen. Auch der Bitcoin-Preis könnte unter einer Insolvenz von 3AC und anderen Unternehmen leiden.
Fazit
Die nächsten Wochen und Monate dürften für den Krypto-Markt äußerst hart, aber auch interessant werden. Projekte und Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht nachhaltig aufgebaut ist, könnten nun aufgrund des bevorstehenden Contagion Effekts wieder vom Markt verschwinden. Für den gesamten Markt wird sich dieses Event aber langfristig als positiv erweisen. Es werden nur die Projekte überleben, die einen wirklichen Wert für die Nutzer generieren. In einem Bullenmarkt, mit steigenden Kursen, können auch grundlegend unprofitable Dienstleister profitabel operieren. Der Bärenmarkt bleibt der Maßstab für die Güte eines Projektes, denn dieser trennt die Spreu vom Weizen.