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"Die Zeiten, in denen man an Snack-Automaten nur mit Kleingeld oder Bankkarte bezahlen konnte, könnten bald vorbei sein", titelten heute verschiedene Medien. Das Schweizer Food-Tech-Unternehmen Selecta hat nämlich in einer Pressemitteilung angekündigt, seine Automaten "kryptofähig" zu machen. Zahlreiche Online-Medien berichteten schnell, dass man bald seine Schokoriegel auch via Bitcoin erwerben könne. Tatsächlich ist von Bitcoin in der Originalmeldung aber überhaupt nicht die Rede. Die Titelzeilen rührten wahrscheinlich daher, dass die jeweiligen Journalisten nur wenig fachkundig sind und annehmen, dass "Bitcoin" und "Krypto" dasselbe ist. Blocktrainer.de hat sich die Sache näher angesehen.

Partnerschaft mit "Solana Pay"

Tatsächlich rüstet Selecta seine smarten Automaten wohl mit der Zahlungsinfrastruktur von "Solana Pay" aus. Dies wurde auf der "Solana Breakpoint Konferenz" bekannt gegeben, die aktuell in Amsterdam stattfindet. Bitcoin scheint also weder nativ noch in einer anderen Form zum Einsatz zu kommen. Welche Optionen die Kunden jedoch tatsächlich haben, ist nicht näher erläutert. Es ist aber stark anzunehmen, dass lediglich Token aus dem Solana-Ökosystem verwendet werden können. Die Meldungen zur "Bezahlung mit Bitcoin" sind somit falsch. Allerdings wirft dies die Frage auf, inwiefern eine solche Option für einen Automatenbetreiber überhaupt Sinn ergibt, wenn mit Bitcoin, die mit Abstand am weitesten verbreitete Kryptowährung überhaupt nicht angeboten wird. Die Adoptions- und Verbreitungsrate von SOL dürfte wohl nur der Bruchteil eines Bruchteils von der des BTC sein.

Kein Unterschied zu PayPal & Co.

Solana ist eines der Projekte, die sich gerne als "dezentral" und "innovativ" vermarkten, im Grunde aber komplett abhängig von zentralen Infrastrukturen sind und Zahlungsdienstleistern wie PayPal und Co. quasi nichts voraus haben. Mit dem Wort "Blockchain", das noch immer von sehr vielen Menschen missverstanden wird, lässt sich leider auch im Jahr 2023 noch gut Marketing betreiben.

Während die Verantwortlichen bei Selecta nun womöglich glauben, innovativ zu sein und mit der Zeit zu gehen, sind sie den Marketing-Gurus eines zentralisierten FinTech-Projektes auf den Leim gegangen, das in regelmäßigen Abständen unter Netzwerk-Ausfällen zu leiden hat. Im Jahr 2022 gab es beispielsweise kein Quartal, in dem das Netzwerk nicht mindestens einmal stillstand. Auch 2023 gab es bereits Ausfälle, jedoch weniger als im Jahr 2022 und immerhin in Q3/23 scheint alles glattgelaufen zu sein. Für ein vermeintlich sicheres und dezentrales Projekt ist dies natürlich eine Katastrophe.

Im Januar 22 gab es kaum einen Tag ohne Ausfall.

Werden die Automaten überhaupt aufgestellt?

Ob die Automaten überhaupt jemals großflächig aufgestellt werden, ist ohnehin unklar. Seitens Selecta wollte man noch keine Angaben machen, ob und wann die Automaten überhaupt aufgestellt werden. Sarina Künzli, eine Sprecherin von Selecta, erklärte gegenüber dem Magazin "Blick", dass es "primär darum ging zu zeigen, dass Selecta die technische Seite im Griff hat. Die großflächige Umsetzung der neuen Bezahlmöglichkeit hängt davon ab, wie sie bei den potenziellen Käufern ankommt". Selecta plant, in der nächsten Zeit die Bedürfnisse der Konsumenten genau zu prüfen. Tatsächlich könnte es sich also auch einfach um einen Marketing-Kniff von Selecta handeln, der tatsächlich niemals flächendeckend eingesetzt wird. Denn dass ausreichend viele Menschen das Bedürfnis haben, Schokoriegel mit Solana-Coins zu kaufen, ist wohl relativ fraglich.

Was SOL kann, kann Bitcoin schon lange!

Die Idee, mit Kryptowährungen an Snack-Automaten zu bezahlen, hatte das Team von Solana-Pay natürlich nicht exklusiv. AUf verschiedenen Bitcoin-Konferenzen gab es schon vor einiger Zeit ähnliche "Proof-of-Concepts". Auch an der Hochschule Mittweida wurde ein Snack-Automat entwickelt, der sogar Bitcoin via Lightning-Zahlung annehmen kann.

Über dieses Projekt berichtete Blocktrainer.de bereits Anfang des Jahres. Im Gegensatz zu SOL ist BTC mittlerweile auch tatsächlich schon in weiten Teilen der Gesellschaft angekommen. Eine solche Integration könnte für Automatenbetreiber also wirklich Sinn ergeben.

Dank des sogenannten LNURL-Verfahrens, ist es sogar möglich am Automat mit einer NFC-Karte (z.B. „Boltcard“) zu bezahlen. Bestellen, Karte hinhalten, fertig.

Fazit

Obwohl zahlreiche Medien die angebliche Bitcoin-Bezahlung für Snacks loben, sind sowohl diese sowie vermutlich auch das Unternehmen Selecta selbst, auf das Marketing eines zentral gesteuerten Blockchain-Projektes hereingefallen. Bei genauerem Hinsehen scheint es sich aber ohnehin nur um ein Proof-of-Concept zu handeln, dessen flächendeckende Ausrollung eher fraglich ist. Da die Nachfrage nach Bezahlungen mit SOL in der breiten Bevölkerung wohl eher wenig vorhanden ist, wird sich zeigen, ob das Feature tatsächlich eines Tages kommt.