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Die US-amerikanische Securities and Exchange Commission (SEC) hat gestern Abend ihre Entscheidung über mehrere Anträge für Spot Bitcoin-ETFs von Unternehmen wie BlackRock, Invesco, Bitwise und Valkyrie erneut verschoben. Nachdem die Behörde bereits am Mittwoch die beiden Anträge von ARK Invest und GlobalX sehr frühzeitig vertagt hatte, wurden nun auch alle weiteren Anträge deutlich vor der eigentlichen Deadline Mitte Oktober weiter aufgeschoben. Im Grund sehen die meisten Experten jedoch keine Boshaftigkeit der SEC, sondern vielmehr politische Gründe.

Möglicher Government Shutdown als Ursache

Die SEC hat die Entscheidung über die Bitcoin-ETF-Anträge vorgezogen, um einem möglichen Government Shutdown in den USA zuvorzukommen. Ein Government Shutdown tritt ein, wenn sich der Kongress nicht auf ein Budget für das nächste Geschäftsjahr einigen kann, was dazu führt, dass zahlreiche Bundesbehörden ihre Arbeit einstellen müssen. In diesem Fall wäre die SEC, als eine der Finanzregulierungsbehörden des Landes, direkt betroffen und ihre Arbeit würde erheblich beeinträchtigt.

Der mögliche Shutdown könnte am 1. Oktober stattfinden, da bis zu diesem Datum der Kongress zwölf separate Finanzierungsgesetze verabschieden muss, um die Finanzierung der Regierung sicherzustellen und einen Shutdown zu vermeiden. Bislang haben sich jedoch das Repräsentantenhaus und der Senat, die beiden Kammern des Kongresses, noch nicht auf die verschiedenen notwendigen Finanzierungsgesetze geeinigt.

Ein solcher Shutdown hätte weitreichende Folgen, nicht nur für die Arbeit der SEC, sondern auch für viele andere Bereiche der US-Regierung. Die Verzögerung der Entscheidungen über die Bitcoin-ETF-Anträge könnte in diesem Kontext als proaktiver Schritt der SEC gesehen werden, um sicherzustellen, dass die Anträge trotz der Unsicherheiten rund um den Government Shutdown ordnungsgemäß geprüft werden können.

Die Anträge von BlackRock und Galaxy werden vertagt. Quelle: SEC

Wie geht es nun weiter?

Die Vertagung der Entscheidungen zu den Bitcoin-ETFs hat in den sozialen Medien, zu zahlreichen Experten-Reaktionen geführt, wobei die Meinungen zwischen Skepsis und Optimismus schwanken. Ein zentrales Thema in den Diskussionen ist der enge Zeitrahmen, in dem die SEC handeln muss, um über den noch ausstehenden Antrag des Vermögensverwalters Grayscale zu entscheiden. Die SEC hat nur noch bis zum 13. Oktober Zeit, um Berufung gegen das jüngste Gerichtsurteil einzulegen, in dem der zuständige Richter feststellte, dass die Ablehnung des Antrags, den Grayscale Bitcoin Trust (GBTC) in einen ETF umzuwandeln, unbegründet gewesen ist. Der bekannte Analyst Will Clemente hob hervor, dass die Behörde unter Druck steht, entweder eine alternative Begründung für eine Ablehnung vorzulegen oder die Umwandlung des GBTC in einen ETF zu genehmigen.

Der Bloomberg-Experte James Seyffert gab jedoch zu bedenken, dass die nächsten Schritte der SEC noch weitgehend unbekannt sind, auch wenn bis Mitte Oktober zumindest eine gewisse Klarheit erwartet wird. Von "es muss eine überarbeitete Einreichung gemacht werden" bis hin zu "der Antragsprozess beginnt komplett von Neuem" ist alles möglich, erklärte Seyffert via 𝕏. Auch eine erneute Ablehnung, diesmal jedoch mit besserer Begründung, liegt wohl im Bereich des Möglichen.

Der bekannte Bitcoin-Jurist Joe Carlasare fügte dem Diskurs eine zusätzliche Dimension der Skepsis hinzu, indem er darauf hinwies, dass eine Genehmigung im Jahr 2023 damit vom Tisch sei, da die nächsten Fristen erst im Jahr 2024 anstehen. James Seyffert teilt diese Ansicht jedoch nicht und widersprach ihm diesbezüglich. Alles steht und fällt mit dem Grayscale-Fall, erklärte er.

Da würde ich ein Stück weit widersprechen. Der Hauptkatalysator für die Genehmigung 2023 ist - und war immer - die $GBTC / @Grayscale Entscheidung. Wenn die SEC im Jahr 2023 eine Entscheidung über diesen Fonds treffen muss, dann ist dieses Jahr immer noch sehr viel auf dem Tisch. Aber das ist immer noch nicht klar.

James Seyffert, Analyst bei Bloomberg

Ungewöhnlicher Schritt der SEC

Im Zuge der Debatte um die Spot Bitcoin-ETFs hat Seyfferts Bloomberg-Kollege und Senior Analyst Eric Balchunas auf ein ungewöhnliches Verhalten der Regulierungsbehörde hingewiesen. Er erklärte, dass es Hinweise darauf gibt, dass die SEC sich proaktiv an die Antragssteller gewandt hat, um bestimmte Aspekte der Anträge näher zu erörtern. Dieses Vorgehen ist in der Geschichte solcher Entscheidungsfindungen sehr unüblich und bisher wohl noch nie vorgekommen. Es könnte demnach auf eine veränderte, möglicherweise konstruktivere Herangehensweise der Behörde hindeuten.

Balchunas sieht in diesem proaktiven Dialog ein positives Zeichen, insbesondere im Vergleich zu den bisherigen Mustern von Verzögerungen und Kommunikationsstille, die oft zu Ablehnungen führten. Er spekulierte, dass, obwohl eine Ablehnung im Januar aufgrund von Bedenken bezüglich der Verwahrung oder anderen Gründen immer noch möglich ist, die aktuelle Kommunikation zwischen der SEC und den Antragsstellern eine Annäherung und möglicherweise eine positive Entwicklung signalisiert.

Diese ungewöhnliche Interaktion zwischen der SEC und den Antragsstellern, sofern die Gerüchte denn wahr sind, lässt jedenfalls auf eine tiefere Auseinandersetzung mit den Anträgen schließen und weckt Hoffnungen auf eine baldige Zulassung der Spot Bitcoin-ETFs.