Bei Bloomberg ist vor wenigen Tagen ein Meinungsstück des ehemaligen Investment Bankers und bekannten Bitcoin-Kritikers Matt Levine erschienen. Der Ausdruck "unsachlich" beschreibt noch nicht einmal im Ansatz, das komplette Ausmaß des Artikels, weswegen wir uns in diesem Beitrag kurz den getätigten Aussagen und deren sachgemäßer Einordnung widmen möchten. Womöglich handelt es sich dabei sogar um einen der schlechtesten Bitcoin-Artikel aller Zeiten!

Levine identifiziert drei maßgebliche Probleme bei der Bezahlung von Gütern und Dienstleistungen mit Bitcoin. Als Beispiel für eine solche Dienstleistung zieht er - wie sollte es auch anders sein - das Engagement eines Auftragsmörders heran. Obwohl der globale Anteil an illegalen Transaktionen bei Bitcoin laut Zahlen der Analyse-Firma Chainalysis bei lediglich ~0,1% liegt, wird dem Leser also direkt suggeriert, dass Bitcoin lediglich von Verbrechern für kriminelle Dinge benutzt wird.

Nun aber zu den genannten drei Problemen.

Angst vor Tippfehlern

Als erstes "klassisches" Problem, wie er es nennt, führt der Autor die Behauptung auf, dass bei der Bezahlung des Auftragsmörders die Bitcoin schnell verloren gehen würden, wenn man unachtsam ist.

Das erste Problem ist, dass Ihre Bitcoins verloren gehen könnten: Bitcoin-Transaktionen sind unumkehrbar und beinhalten das Senden von Geld an lange, komplizierte Adressen, und es wird ständig versucht, sie zu stehlen. Wenn Sie also jemandem Bitcoin schicken, um etwas zu bezahlen, wird es wahrscheinlich einen Tippfehler in der Adresse geben und die Person wird sie nicht erhalten und Sie müssen sie erneut schicken und Ihre erste Zahlung ist einfach dauerhaft verloren.

Matt Levine, Kolumnist bei Bloomberg

Diese Behauptung ist natürlich ausgemachter Blödsinn. Zum einen gibt es vermutlich niemanden, der die Bitcoin-Adresse händisch abtippt. Der gängige Prozess ist das "Kopieren und Einfügen", zu dem schließlich nahezu jedes digitale Medium fähig ist. Aber selbst wenn wir annehmen würden, jemand würde die Zieladresse manuell eintippen, so könnte der Rest von Levines Aussage noch immer nicht falscher sein. Bitcoin-Adressen sind durch sogenannte Check-Summen vor Tippfehlern geschützt. Das bedeutet, dass, selbst wenn ein Nutzer einen Fehler beim Eingeben der Adresse macht, die Transaktion nicht durchgeführt wird, da das System erkennt, dass die Adresse ungültig ist. Dieser eingebaute Schutzmechanismus stellt sicher, dass Bitcoins nicht versehentlich an eine nicht existierende Adresse gesendet werden. Es ist also nahezu unmöglich, Bitcoins durch einen simplen Tippfehler zu verlieren und es ist bedauerlich, dass solche grundlegenden Fehlinformationen von einem renommierten Medium wie Bloomberg verbreitet werden.

Zu volatil

Das zweite, von Levine angeführte, Problem betrifft die Volatilität von Bitcoin. Er suggeriert, dass, wenn man jemandem Bitcoin im Wert von 100 US-Dollar sendet, diese beim Empfänger nicht mehr diesen Wert haben könnten. Es ist unbestreitbar, dass Bitcoin in seiner bisherigen Geschichte erhebliche Preisschwankungen erlebt hat. Aber Levines Darstellung ist irreführend und lässt wichtige Kontextinformationen aus.

Wenn Sie also jemandem Bitcoin im Wert von 100 Dollar schicken, um eine Sache im Wert von 100 Dollar zu kaufen, könnte der Bitcoin-Kurs um 10 % fallen, während Sie ihn schicken, und dann wird derjenige sagen: "Sie haben mir nur 90 Dollar geschickt", und Sie müssen ihm weitere Bitcoin nachschicken.

Matt Levine, Kolumnist bei Bloomberg

Zunächst muss man verstehen, dass jede Währung - egal ob Fiat oder Krypto - Schwankungen in ihrem Wert unterliegt. Der Unterschied bei Bitcoin ist, dass seine Volatilität aufgrund seiner Jugend, seines dezentralen Charakters und der sich ständig entwickelnden Marktinfrastruktur phasenweise stärker ausgeprägt ist. Dennoch hat sich die Volatilität von Bitcoin im Laufe der Jahre tendenziell verringert, insbesondere wenn man sie mit den Anfangstagen vergleicht. Zudem ist es wichtig zu betonen, dass Transaktionen in der Bitcoin-Blockchain in der Regel innerhalb von 10 Minuten bestätigt werden, sofern man ausreichend hohe Gebühren an die Miner bezahlt (was beim Engagement eines Auftragsmörders wohl drin sein dürfte :-) ).

Das bedeutet, dass der Zeitraum zwischen dem Senden und Empfangen von Bitcoin, in dem der Wert schwanken könnte, relativ kurz ist. In der Praxis bedeutet dies, dass, selbst wenn der Bitcoin-Preis während einer Transaktion schwankt, der Unterschied in den meisten Fällen minimal sein wird. Es ist auch erwähnenswert, dass viele Händler und Dienstleister, die Bitcoin akzeptieren, sofortige Preisumrechnungen und Absicherungsoptionen anbieten, um sich vor Preisschwankungen zu schützen. Darüber hinaus gibt es bereits seit einigen Jahren das Lightning-Netzwerk, eine speziell entwickelte Zahlungsebene, die auf Bitcoin aufbaut und über die BTC in sekundenschnelle versendet werden können. Levines Darstellung ignoriert diese Realitäten völlig und malt ein verzerrtes Bild von der Funktionsweise von Bitcoin-Transaktionen.

Nur für Kriminelle

Das dritte vom Ex-Banker hervorgehobene "klassische" Problem ist die Annahme, dass Bitcoin hauptsächlich für kriminelle Aktivitäten verwendet wird. Er malt ein Bild, in dem Bitcoin-Transaktionen fast ausschließlich mit illegalen Handlungen, wie eben dem Anheuern eines Auftragsmörders, in Verbindung gebracht werden. Diese Darstellung ist, wie eingangs schon erwähnt, nicht nur stark übertrieben, sondern auch schlichtweg falsch und nicht repräsentativ für die tatsächliche Nutzung von Bitcoin.

Das dritte klassische Problem ist, dass, wenn Sie Bitcoin zur Bezahlung von Waren und Dienstleistungen verwenden, die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass Sie für etwas Illegales bezahlen. Wenn Sie also jemandem Bitcoin im Wert von 16.000 Dollar schicken, um eine Sache im Wert von 16.000 Dollar zu kaufen [...] war die Sache wahrscheinlich ein Mord und jetzt sitzen Sie im Gefängnis.

Matt Levine, Kolumnist bei Bloomberg

Dass so ein unfassbarer Unfug tatsächlich über ein renommiertes Nachrichtenportal wie Bloomberg verbreitet wird, macht tatsächlich sprachlos. Die bekannte Analysten Lyn Alden schrieb dazu bei 𝕏:

Ich musste mich vergewissern, dass ich nicht versehentlich bei The Onion [Satire-Zeitung, vergleichbar mit dem deutschen "Postillon", d. Red.] gelandet bin. Ich musste zweimal nachsehen, ob dieser Artikel nicht aus dem Jahr 2012 stammt, denn es handelt sich um eine seltsame Ansammlung von Randfällen, die als normal dargestellt werden.

Das ist so, als würde man sagen: "Sie wollen etwas mit Bargeld bezahlen? Das ist mit Kokain überzogen und Sie bezahlen wahrscheinlich für einen Mafiakiller. Ich erzähle Ihnen mal von diesem Typen, der…"

Lyn Alden, Makro-Analystin

Es ist unbestreitbar, dass wie bei jeder Währung oder Technologie auch Bitcoin in der Vergangenheit von Kriminellen missbraucht wurde. Dennoch zeigen aktuelle Daten und Untersuchungen, dass der Anteil illegaler Aktivitäten im Bitcoin-Netzwerk drastisch abgenommen hat. Laut einer Studie der Analyse-Firma Chainalysis lag der Anteil illegaler Transaktionen im gesamten Kryptomarkt im Jahr 2022 bei lediglich 0,24% wobei Bitcoin davon wiederum nur einen sehr kleinen Teil ausmacht. Zum Vergleich: Es wird geschätzt, dass bis zu 2-5% des globalen BIP mit Geldwäsche in Verbindung stehen, die hauptsächlich über traditionelle Finanzsysteme abgewickelt wird.

Bitcoin-Transaktionen sind zudem transparent und für immer auf der Blockchain gespeichert, was sie nachverfolgbar macht. Dies hat bereits dazu geführt, dass Strafverfolgungsbehörden Bitcoin-Transaktionen genutzt haben, um kriminelle Aktivitäten aufzudecken und die Beteiligten zur Rechenschaft zu ziehen. Es ist also ein Trugschluss zu glauben, dass Bitcoin eine ideale Währung für Kriminelle ist. Tatsächlich könnte sogar argumentiert werden, dass die Transparenz und Unveränderlichkeit der Blockchain Kriminellen mehr schadet, als nutzt.

Es ist daher unverantwortlich und irreführend, Bitcoin als primäres Werkzeug für kriminelle Handlungen darzustellen. Eine solche Darstellung ignoriert die Vielzahl legitimer Anwendungen und den wahren Wert, den Bitcoin für Millionen von Nutzern weltweit bietet.

Fazit

Es ist bedauerlich und beunruhigend, dass ein renommiertes Medium wie Bloomberg solch ein unausgewogenes und schlecht recherchiertes Meinungsstück veröffentlicht. Matt Levines Artikel ist nicht nur inhaltlich fehlerhaft, sondern auch in seiner Darstellung grob irreführend. Es ist klar, dass er entweder nicht die nötige Recherche betrieben hat oder bewusst Fehlinformationen verbreitet, um Bitcoin in einem negativen Licht darzustellen. Solche Artikel schaden nicht nur dem Ansehen von Bloomberg, sondern auch dem Verständnis der breiten Öffentlichkeit für eine Technologie, die das Potenzial hat, das globale Finanzsystem grundlegend zu verändern oder zumindest zu ergänzen. Es ist essenziell, dass Kolumnisten und Journalisten, insbesondere bei so komplexen und neuartigen Themen wie Bitcoin und Kryptowährungen, eine sorgfältige und ausgewogene Berichterstattung gewährleisten. Alles andere ist sonst nur ein Dienst an der Befriedigung von Sensationslust und nicht an der Wahrheit.