Der Bitcoin-Kurs ist unter die Marke von 60.000 US-Dollar gefallen und handelt damit auf dem niedrigsten Niveau seit Ende Februar. Mit einem Kursverlust von 15 Prozent war der April der schlechteste Monat für das Asset seit dem November 2022. In dem Monat, in dem damals die Krypto-Börse FTX scheiterte, fiel Bitcoin um fast 17 Prozent. Im Tiefpunkt kostete ein Bitcoin heute nur noch 56.600 US-Dollar. Damit fehlte dem Asset ein Anstieg von 30 Prozent, um wieder das Mitte März gesetzte aktuelle Allzeithoch von knapp 74.000 US-Dollar zu erreichen.

Grund dafür sind schwache ETF-Daten aus den USA und Hongkong sowie die Sorge vor einer höheren Inflation in den USA. Wie üblich, verstärkt sich auch dieser Abverkauf durch starke Liquidationen aktiver Marktteilnehmer. 

Schwache ETF-Nachfrage

Bereits seit Mitte März, als Bitcoin auch das aktuelle Allzeithoch gesetzt hat, stagnieren die Zuflüsse in die im Januar zugelassenen US-amerikanischen Bitcoin-Spot-ETFs. Seit hier die Nachfrage nachgelassen hat, ist auch der Bitcoin-Kurs in den Korrekturmodus übergegangen.

Vor einer Woche hat der Bitcoin-ETFs von BlackRock ($IBIT) seine Zuflussserie beendet. An den vorherigen 71 Handelstagen flossen dem Bitcoin-Anlageprodukt des größten Vermögensverwalters der Welt täglich Mittel zu. Der zweitstärkste neue Bitcoin-ETF, der vom Vermögensverwalter Fidelity ($FBTC), verzeichnet seit vier Tagen bereits Abflüsse. Da hilft es auch nicht, dass in den vergangenen Handelstagen weniger Mittel aus dem von einem geschlossenen Fonds in einen Spot-ETF umgewandelten Anlageprodukt von Grayscale ($GBTC) abfließen.

Debüt für Bitcoin-ETFs in Hongkong enttäuscht

Gestern durften Bitcoin- und Ethereum-Spot-ETFs ihren ersten Handelstag an der Hongkonger Börse feiern. Das Debüt schien jedoch den Markt enttäuscht zu haben, was vielleicht auch den teilweise astronomischen Prognosen im Vorhinein geschuldet ist.

Die neuen sechs ETFs verzeichneten in der chinesischen Sonderverwaltungszone ein Handelsvolumen von gerade einmal rund 12 Millionen US-Dollar am ersten Handelstag. Zum Vergleich: In den USA wurden die Anlageprodukte am ersten Tag mit einem Volumen von 4,6 Milliarden US-Dollar gehandelt.

Obwohl das Handelsvolumen sehr schwach daher kommt, haben die ETFs einiges an Kapital aufgesaugt. Die Diskrepanz zwischen den hohen Anlagevolumina der ETFs und dem geringen Handelsvolumen erklärt ETF-Experte Eric Balchunas dadurch, dass die Emittenten schon vor dem offiziellen Launch Kapital eingesammelt haben.

Im Großen und Ganzen sind die ETF-Experten von Bloomberg der Meinung, dass das Debüt eigentlich sogar ein Erfolg war – auch wenn die Reaktion des Bitcoin-Kurses eher auf eine große Enttäuschung schließen lässt.

Dies war ein sehr erfolgreicher Start für Hongkong. Nur ganz anders als das, was einige auf dieser Website und anderswo prognostizierten oder hofften.
James Seyffart, ETF-Experte von Bloomberg auf 𝕏

Wir haben versucht, alle davor zu warnen, die Erwartungen in Bezug auf Hongkong herunterzuschrauben (insbesondere im Vergleich zu den geschätzten 25 Mrd. $ aus der ursprünglichen Hopium-Prognose). Dennoch, wenn man die Zahlen lokalisiert, war es GROSS: z. B. hat der ChinaAMC Bitcoin ETF am ersten Tag 123 Mio. $ eingenommen, was ihn bereits auf Platz 6 von 82 ETFs, die in den letzten 3 Jahren in Hongkong aufgelegt wurden, und in die Top 20 % insgesamt befördert.
Eric Balchunas, ETF-Experte von Bloomberg

Sorge vor US-Inflation nicht vom Tisch

Gestern gemeldete Daten lassen darauf schließen, dass eine zweite Inflationswelle in den USA immer wahrscheinlicher wird. Die Lohninflation für das erste Quartal fiel mit 1,2 Prozent höher als erwartet aus. Experten rechneten im Schnitt mit einem Wert von 1 Prozent. Und da höhere Lohnkosten sich auch auf die Güter- und Dienstleistungspreise auswirken, befürchtet der Markt, dass die US-Inflation nicht schnell von dem derzeitigen Niveau von über 3 Prozent auf das 2-%-Ziel zurücklaufen wird. Dies könnte die antizipierten Zinssenkungen der US-Notenbank weiter hinauszögern. 

Neben Bitcoin fielen gestern auch die Aktienmärkte stark in Reaktion auf diese Meldung. Der Nasdaq 100 schloss den gestrigen Handelstag mit einem Minus von fast 2 Prozent. Da so ziemlich alle Anlageklassen von niedrigen Zinsen profitieren, steigt entsprechend der Gegenwind für die Vermögenswerte, wenn sich die Aussicht auf eine lockerere Geldpolitik nach hinten verschiebt. Anfang des Jahres rechnete der Markt noch mit mehreren Zinssenkungen im Jahr 2024 – aktuell liegt die Erwartung bei gerade mal einer.

Heute Abend tagt die Federal Reserve und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden die Geldhüter den Leitzins weiter in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent halten. Interessant wird dennoch, welchen Ausblick die Notenbank für die kommenden Monate signalisiert. Für baldige Zinssenkungen trotz einer Inflation von derzeit 3,5 Prozent spricht jedoch, dass in den USA im November Präsidentschaftswahlen stattfinden. Die womöglich nur auf dem Papier unabhängige Zentralbank würgt die Wirtschaft und die Kapitalmärkte in einem Wahljahr nur ungern ab – insbesondere auch weil der US-Haushalt zunehmend unter den höheren Zinskosten auf den ausufernden Schuldenberg leidet.

Bitcoin-Bullenmarkt vorbei?

Obwohl es Bitcoin durch eine länger restriktive Geldpolitik erst einmal schwerer haben könnte, ist die aktuelle Korrektur kein Grund zur Sorge. Kursrückgänge von 30 Prozent sind selbst in Bullenmärkten nichts Neues für das Asset. So fiel Bitcoin Anfang 2021 von ungefähr 42.000 auf 29.000 US-Dollar, nur um sich kurz darauf mehr als zu verdoppeln.

Dennoch ist es nicht auszuschließen, dass das Asset weiterhin im Korrekturmodus verweilt. Sommer sind historisch für Bitcoin als auch für die traditionellen Märkte tendenziell schwächer. Daher rührt auch die Börsenweisheit, man solle im Mai verkaufen: “Sell in may and go away but remember to come back in september”.

Sollte die US-Notenbank trotz des inflationären Umfelds bald die Zinsen senken, ist jedoch davon auszugehen, dass Bitcoin als das darauf wohl am sensibelsten reagierende Asset am stärksten profitiert und die ETF-Zuflüsse wieder an Fahrt aufnehmen. 

Generell hat sich an den positiven Eigenschaften von Bitcoin nichts geändert, obwohl das Umfeld drumherum schwankt.