Die im Januar in den USA zugelassenen Bitcoin-Spot-ETFs waren wohl der größte Kurstreiber für Bitcoin in den vergangenen Wochen und Monaten. Zum einen stieg der Bitcoin-Preis bereits in Antizipation deutlich und zündete dann die Rakete, als von Anfang Februar bis Mitte März die Anlageprodukte zusammengenommen Nettozuflüsse von über 10 Milliarden US-Dollar verbuchten.

Doch seit Mitte März, als Bitcoin auch das neue Allzeithoch von rund 73.800 US-Dollar gesetzt hat, stagnieren die Zuflüsse und der Bitcoin-Preis korrigiert. Derzeit handelt das Asset nur noch bei rund 64.000 US-Dollar und damit etwa 13 Prozent unter dem Höchststand.

 

BlackRocks ETF schwächelt

Die nachlassende Nachfrage nach den neuen Anlageprodukten hat jetzt auch dazu geführt, dass der ETF von BlackRock ($IBIT) erstmals an einem Handelstag keine Zuflüsse verzeichnen konnte. Bis gestern hatte $IBIT noch die aktuell längste aktive Zuflussserie von 71 Tagen und ist damit sogar in die Top 10 der meisten aufeinanderfolgenden Zuflusstage für einen ETF jemals gerutscht. Doch am gestrigen Handelstag saugte der laut BlackRock-CEO Larry Fink “am schnellsten wachsende ETF in der Geschichte von ETFs” kein neues Kapital mehr auf und verbuchte erstmals eine Null.

ES IST VORBEI: $IBIT hat gestern 0 $ eingenommen und damit seine tägliche Zuflussserie mit 71 Tagen beendet. Das ist zwar knapp vor dem Allzeitrekord, aber ein historischer Wert, der den vorherigen Rekord für eine Neuauflegung völlig übertrifft. Zum Vergleich: $GLD hatte einen fantastischen Start und seine „out of the gate“-Zuflussserie betrug drei Tage.
Eric Balchunas, ETF-Experte von Bloomberg

Der Bitcoin-ETF von Fidelity ($FBTC), der hinter dem von BlackRock der zweitbeste neu aufgelegte Bitcoin-Spot-ETF ist, beendete seine Zuflussserie nach 63 Handelstagen. Obwohl der börsengehandelte Fonds des hinter BlackRock und Vanguard drittgrößten Vermögensverwalters der Welt seither weitere Handelstage mit einer Null verbuchte, flossen dem ETF noch keine Mittel wieder ab.

Noch stagnieren die Gesamtzuflüsse auf einem hohen Niveau, womit die Anlageprodukte immer noch als ein großer Erfolg zu werten sind. Der Gold-ETF ($GLD) verbuchte zum Beispiel wenige Wochen nach der Zulassung auch mal deutliche Abflüsse, nur um daraufhin jahrelang im quasi ausschließlich Kapital einzusammeln. Eine kleine Verschnaufpause ist also alles andere als ein Grund, sich Sorgen zu machen. Insbesondere auch weil die neuen ETFs weiterhin Rekorde aufstellen, selbst wenn diese ein wenig dadurch relativiert werden, dass womöglich ein großer Teil der Zuflüsse auf Umschichtungen aus dem verhältnismäßig teuren ETF von Grayscale zurückzuführen ist.

Die Serie der täglichen Zuflüsse bei $IBIT ist zwar nach 71 Tagen vorbei, aber der ETF ist noch nicht fertig mit seinen Rekorden. Hier ein Blick auf alle ETFs jemals gemessen in Assets nach den ersten 72 Tagen am Markt. Der hohe Anteil von IBIT, FBTC und Co. zeigt, wie überhitzt alles war, eine Verschnaufpause war überfällig.
Eric Balchunas, ETF-Experte von Bloomberg

Immer noch Abflüsse aus dem ETF von Grayscale

Während es weniger Nachfrage nach den komplett neu aufgelegten Bitcoin-ETF gibt, fließen dem von einem geschlossenen Trust in einen Spot-ETF umgewandelten Anlageprodukt von Grayscale ($GBTC) weiter Bitcoin ab. Zwar wieder etwas weniger als in den ersten Wochen oder im März, jedoch scheint diese Entwicklung vorerst nicht abzureißen. 

Die Abflüsse im Rahmen des Konkurses des Krypto-Lending-Unternehmens Genesis sind seit Anfang dieses Monats abgeschlossen. Doch es scheinen sich weitere Halter von dem bereits im Jahr 2015 aufgelegten Anlageprodukt trennen zu wollen. Zu welchem Anteil diese in kostengünstigere Alternativen umschichten, ist unklar.

Jedoch könnte der Verkaufsdruck bald schon etwas abgefedert werden, sobald Grayscale grünes Licht von der US-Aufsichtsbehörde für den Bitcoin-Mini-ETF ($BTC) bekommt. Dieser soll mit einer Gebühr von 0,15 Prozent nur ein Zehntel der jährlichen Kosten von $GBTC aufrufen, womit der Mini-ETF auch der günstigste Bitcoin-ETF überhaupt wäre. Halter von $GBTC sollen zu einem bestimmten Anteil, ohne dass bei diesem Prozess Steuern anfallen, $GBTC gegen $BTC tauschen können und damit insgesamt weniger Gebühren zahlen.

BlackRocks $IBIT ist trotz abnehmender Nachfrage auf gutem Weg, der größte Bitcoin-Spot-ETF zu werden. In dem Anlageprodukt des größten Vermögensverwalters der Welt befinden sich derzeit rund 275.000 BTC und damit nur noch etwa 25.000 weniger als in $GBTC, der zum Zeitpunkt der Umwandlung knapp 620.000 BTC besaß.

Das Risiko einer höheren US-Inflation

Nachdem sich der Konflikt zwischen dem Iran und Israel, der Bitcoin mit nach unten riss, wohl vorerst wieder entspannt hat, wirkt die über den Erwartungen liegende US-Inflation derzeit anscheinend dämpfend. Eine hohe Inflation könnte der US-Notenbank nämlich dabei einen Strich durch die Rechnung machen, alsbald die Zinsen wieder zu senken und damit die Finanzmärkte zu beflügeln.

Anfang des Jahres ging der Markt noch von mehreren Zinssenkungen in diesem Jahr aus. Jetzt preist der Markt nur noch ein bis zwei ein, mit der ersten Zinssenkung im September. Obwohl der Finanzmarkt sich vorerst von den nach hinten verschobenen geldpolitischen Lockerungen unbeeindruckt zeigte, ist auch dieser mittlerweile in den Korrekturmodus übergegangen. Der S&P 500 handelt heute rund 4,5 Prozent und der Nasdaq 100 6 Prozent unter den Hochs aus dem vergangenen Monat.

Während Marktbeobachter wie JPMorgan-CEO Jamie Dimon warnen, dass die US-Notenbank die Zinsen entgegen den Erwartungen von der derzeitigen Spanne von 5,25 – 5,50 Prozent auf 8 Prozent und höher anheben könnte, mehren sich die Einschätzungen, dass eine Inflation von 4 Prozent das neue Normal werden könnte. So titelte Bloomberg zum Beispiel gestern “Wie 4 % das neue Inflationsziel sein könnte". In dem Artikel erkennt der Autor, dass Zentralbanken augenscheinlich flexibler beziehungsweise weniger streng geworden sind, was die Teuerungsraten angeht. Dabei referenziert er den Analysten Vincent Deluard von der US-Finanzdienstleistungsgruppe StoneX, der ein Inflationsziel von 4 Prozent angemessen hält, um den Staat weiterhin Geld ausgeben lassen zu können, ohne dabei eine inflationäre Spirale zu entfachen.

Angesichts der auf immer neue Höhen steigenden Staatsschulden der USA würden nämlich Zinsen, welche länger auf einem hohen Niveau verharren oder gar noch steigen, die Schulden nur noch weiter ausufern lassen. Die wohl nur auf dem Papier unabhängige US-Notenbank befindet sich derzeit in einem Dilemma. Die US-Inflation liegt mit 3,5 Prozent deutlich über dem 2-%-Ziel, aber die Federal Reserve kann nur schwer mit Zinsanhebungen entgegenwirken, weil das die Wirtschaft in dem wichtigen Wahljahr abwürgen und die Schuldenspirale der USA weiter anfachen könnte.

Wie sich die Situation ausspielt, bleibt abzuwarten. Heute gab es bereits schlechter als erwartete Wirtschaftsdaten aus den Vereinigten Staaten, welche die Märkte unter Druck setzten. Dass die Federal Reserve trotz der hohen Inflation signalisiert, bald die Zinsen senken zu wollen, dürfte als Anzeichen gedeutet werden, dass ein weiter anhaltend starker Kaufkraftverlust des US-Dollars und damit wohl auch anderer Fiatwährungen bevorsteht. Auch, weil das einzige Gegenmittel der Geldhüter gegen eine angeschlagene Wirtschaft die Gelddruckmaschine ist. Wie gut Bitcoin vor der Entwertung einer Währung schützen kann, zeigt ein Blick in Länder wie Japan oder die Türkei.

Weitere Aussichten

Während der ETF-Hype in den USA etwas nachlässt, könnte bald anderorts ein neuer entstehen. Kommenden Dienstag, am 30. April, werden die Bitcoin-Spot-ETFs in Hongkong erstmals handelbar sein. Bloomberg-Analysten prognostizieren mittelfristig Zuflüsse von einer Milliarde US-Dollar und gehen damit von einem großen Erfolg für den kleineren Kapitalmarkt der chinesischen Sonderverwaltungszone aus. Rebecca Sin von Bloomberg Intelligence, ist zudem zuversichtlich, dass bald auch in Südkorea und Australien Bitcoin-Spot-ETFs handelbar werden.

Wenn es für immer mehr Investoren möglich wird, über die ihnen bekannte Strukturen sicher in Bitcoin zu investieren, dann könnte dies den Kurs weiter anfachen. Es stehen die Schleusen jetzt in immer mehr Jurisdiktionen sperrangelweit auf, damit institutionelle Anleger, auch wenn sie Bitcoin vielleicht erst später für sich entdecken, komfortabel Positionen in dem Asset aufbauen können.

Zudem ist Samstagnacht das vierte Bitcoin-Halving vollzogen worden. Seitdem hat Bitcoin eine niedrigere Inflation als Gold, da die Gesamtmenge von BTC nun mehr noch mit 0,85 Prozent im Jahr steigt, während Goldmenge jährlich um etwa 1,5 Prozent ausgeweitet wird. Das bedeutet nicht nur, dass Bitcoin jetzt das härtere Asset beziehungsweise Geld als Gold ist, sondern auch, dass weniger neue BTC pro Tag hinzukommen, mit denen die organische als auch die potenziell weiter steigende Nachfrage bedient werden kann. Ob sich der Effekt des Halvings wie in der Vergangenheit als ein Katalysator für stark steigende Kurse herausstellt, bleibt jedoch abzuwarten.