Nachdem die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC am Mittwochabend nach monatelangen Diskussionen endlich alle elf beantragten börsengehandelten Bitcoin-Fonds (ETF) genehmigt hatte, begann bereits tags darauf am gestrigen Donnerstag der Handel mit selbigen.

Diese neuen ETFs bieten den Anlegern die Möglichkeit, in Bitcoin zu investieren, ohne direkt die Kryptowährung selbst zu halten. Für eingefleischte Bitcoin-Enthusiasten klingt dies zunächst natürlich nicht gerade erstrebenswert, einige finden es gar verwerflich, dennoch kann dies für die Adoption ein wichtiger nächster Schritt sein. Es kann den Zugang zu Bitcoin für institutionelle Investoren wie beispielsweise Pensionsfonds erleichtern, die aufgrund von regulatorischen oder sicherheitstechnischen Bedenken zögerten, in BTC zu investieren.

Doch wie verlief der erste Handelstag? Gab es tatsächlich Interesse an den neuen Bitcoin-Produkten? Und wie hat das ganze den Bitcoin-Preis beeinflusst? Mehr dazu im Folgenden.

Großartiges Handelsvolumen!

Interesse an den Bitcoin-ETFs war definitiv vorhanden. Laut den Zahlen aus dem Bloomberg-Terminal, die der Analyst Eric Balchunas via 𝕏 teilte, belief sich das Handelsvolumen über alle neuen ETFs hinweg auf mehr als 4,1 Milliarden US-Dollar! Einige andere Quellen, die etwas später veröffentlicht wurden und entsprechend noch etwas genauer sein dürften, sprechen teilweise gar von bis zu 4,6 Milliarden US-Dollar. Balchunas merkte an, dass mehr als 700.000 individuelle Handelsvorgänge abgeschlossen wurden, was insbesondere für einen ersten Handelstag eine großartige Zahl ist.

Das ist mit Sicherheit der größte Knaller in der Geschichte der ETF für einen ersten Tag. Egal, wo man hinschaut, es hat die Erwartungen übertroffen.

Eric Balchunas, Analyst bei Bloomberg

An der Spitze des gestrigen Handelsstarts standen erwartungsgemäß die börsengehandelten Fonds der drei Finanzgiganten Grayscale (GBTC), BlackRock (IBIT) und Fidelity (FBTC). Aber auch einige kleinere Emittenten, wie beispielweise ARKInvest mit ihrem "ARKB" konnten die Erwartungen durchaus übertreffen.

Grayscale mit Rekord; BlackRock Top 5

Mit rund 2,3 Milliarden US-Dollar brach der GBTC den bisherigen Rekord für das größte Handelsvolumen eines ETFs am ersten Handelstag. Dabei muss natürlich gesagt werden, dass dieser gegenüber der Konkurrenz einen klaren Vorteil hatte, da sich im Grayscale Bitcoin Trust bereits ab Start BTC im Gegenwert von etwa 27 Milliarden US-Dollar befanden. Denn anders als die anderen Fonds wurde der GBTC nicht neu erschaffen, sondern lediglich von einem Treuhandfonds ("Trust") in einen börsengehandelten Fonds (ETF) umgewandelt. Gleichwohl sind dies beeindruckende Zahlen.

Aber auch der iShares Bitcoin Trust (IBIT) konnte mit einem historisch rekordverdächtigen Handelsvolumen glänzen. Mit mehr als einer Milliarde US-Dollar gehört der ETF von BlackRock zu den Top 5 der Fonds mit den besten ersten Handelstagen aller Zeiten. Besonders beachtlich ist dies, weil der IBIT zusammen mit zehn weiteren und relativ identischen Konkurrenzprodukten startete. Wäre dem nicht so gewesen, wäre dem weltgrößten Vermögensverwalter der Platz an der Sonne wohl sicher gewesen – einmal abgesehen davon, dass sie den ohnehin schon innehaben, da der bisherige Rekordhalter der iShares Climate Consious & Transition MSCI USA ETF ist, der ebenfalls von BlackRock herausgegeben wurde.

Eine Übersicht zum ersten Handelstag. Quelle: Forbes

Außerdem erwähnenswert und ebenfalls spannend zu sehen war, dass sogar der BITO, ein Bitcoin-ETF der auf Terminkontrakten, sogenannten "Futures", basiert, gestern einen Rekordtag verzeichnete. Mit mehr als zwei Milliarden US-Dollar lag das gestrige Handelsvolumen fast doppelt so hoch, wie an seinem ersten Handelstag, dem bisherigen Rekordtag.

$BITO brach an diesem historischen Tag mit zwei Milliarden US-Dollar Handelsvolumen seinen Allzeitrekord.

Eric Balchunas, Analyst bei Bloomberg

Warum ist der Bitcoin-Preis nicht gestiegen?

Zur Verwunderung einiger Marktbeobachter reagierte der Bitcoin-Preis trotz des massiven Handelsvolumens relativ verhalten auf den Start des ETF-Handels. Nach anfänglichem Anstieg auf über 49.000 US-Dollar, folgte ein stetiger Abverkauf zurück auf knapp unterhalb von 46.000 US-Dollar, wo sich der Preis auch aktuell befindet. Doch was sind die Gründe dafür?

Quelle. TradingView

Handelsvolumen ≠ Inflows

Um die Preisdynamik genauer zu verstehen, muss man zuallererst wissen, dass das gestrige Handelsvolumen nicht nur aus Zuflüssen (englisch "Inflows") bestand. Durch den Sonderfall mit Grayscale waren die Bedingungen etwas verzerrt. Denn tatsächlich liegt die sogenannte "Expense Ratio", also die Verwaltungsgebühr für den ETF, mit 1,5% deutlich über den Gebühren der Konkurrenzanbieter, die im Durchschnitt nur rund 0,27% verlangen.

Demzufolge ist davon auszugehen, dass ein relativ großer Anteil des rekordverdächtigen Handelsvolumens des GBTC tatsächlich Abflüsse waren. Halter von GBTC-Anteilen verkauften sehr wahrscheinlich ihre Anteile, um diese in andere ETFs umzuschichten und dadurch langfristig Gebühren zu sparen.

Eine genaue Analyse der Inflows und Outflows gibt es bisher noch nicht. Wir reichen diese Zahlen zu einem späteren Zeitpunkt natürlich nach.

Vanguard & Co. verweigern Zugang

Besonders interessant wird das ganze aber vor dem Hintergrund, dass der Finanzriese Vanguard (nach BlackRock die weltweite Nummer 2) seinen Kunden lediglich erlaubt, GBTC-Anteile zu verkaufen, den Neukauf von Bitcoin-ETFs jedoch untersagt. Zahlreiche Vanguard-Kunden beschwerten sich in den sozialen Medien und insbesondere bei 𝕏 darüber, dass man ihnen den Zugang zu den neuen Bitcoin-ETFs verweigert.

Laut einem Unternehmenssprecher passen diese wohl nicht zur Unternehmensphilosophie bei Vanguard. Die Antipathie gegenüber dezentralem Geld wie BTC scheint in der Führungsebene des Finanzgiganten fest verankert zu sein. Es ist allerdings eine Sache, nicht auf den ETF-Zug mit aufzuspringen und selbst als Emittent aktiv zu werden. Die andere, nämlich seinen Kunden diese Produkte aktiv vorzuenthalten, geht für viele Personen jedoch zu weit.

Ich habe gerade mein Rentenkonto von der @Vanguard_Group zu @Fidelity transferiert, weil Vanguard keine Bitcoin-ETFs unterstützt und anscheinend den Bitcoin-Preis manipuliert, indem sie nur erlauben, GBTC zu verkaufen, nicht zu kaufen.

Es ist einfach und dauert nur fünf Minuten.

Vanessa Harris, ex. Vanguard-Kundin

Es scheint allerdings so zu sein, dass Vanguard mit dieser Entscheidung nicht allein auf weiter Flur ist. Berichten zufolge weigern sich bisher auch einige Großbanken, wie zum Beispiel Citibank und Merrill Lynch, die Bitcoin-ETFs für ihre Kunden zugänglich zu machen. Die Frage ist, wie lange sie dem Druck des Marktes und der eigenen Kundschaft standhalten können. Wenn ein echtes Interesse des Marktes vorhanden ist, werden sich die Banken und Finanzdienstleister früher oder später beugen und die ETFs in das eigene Produktangebot aufnehmen müssen. Allerdings mahnt Bloomberg auch in einem Artikel, dass der einfache Zugang zu diesen entscheidend sein wird, dass die Bitcoin-ETFs langfristig erfolgreich sein können.

Letztlich werden die börsengehandelten Fonds nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn die Anleger einen einfachen Zugang zu ihnen haben, und das ist nach wie vor ein Problem.

Bloomberg

OTC Käufe

Dass der Bitcoin-Preis bisher so verhalten reagierte, könnte darüber hinaus in sogenannten "Over-The-Counter"-Geschäften (OTC) begründet sein. OTC-Käufe sind Transaktionen, die außerhalb der regulären Börsen abgewickelt werden. Sie werden oft von großen institutionellen Investoren genutzt, um große Mengen an Vermögenswerten wie Bitcoin zu kaufen oder zu verkaufen, ohne den Markt direkt zu beeinflussen. Da diese Transaktionen privat und nicht über öffentliche Börsen abgewickelt werden, haben sie keinen unmittelbaren Einfluss auf den Marktpreis von Bitcoin.

Interessanterweise verzeichnete Coinbase, der Hauptpartner der ETF-Emittenten, gestern ein OTC-Handelsvolumen von rund sieben Milliarden US-Dollar, was einen rekordverdächtigen Tag für die Plattform darstellt.

Dies deutet darauf hin, dass trotz des verhaltenen Preisanstiegs von Bitcoin auf den öffentlichen Märkten, im Hintergrund eine signifikante Aktivität von großen Investoren stattfand, die über OTC-Transaktionen agierten. Dies könnte allerdings langfristig Auswirkungen auf den Markt haben, da diese Käufe das Angebot an frei verfügbaren BTC verringern, was zukünftig potenziell zu einem Preisanstieg führen könnte.

Aussagen des Bitcoin-Unternehmers Brad Mills zufolge, wurden gestern außerdem einige sogenannte "Bitcoin OGs", also Personen, die frühzeitig in das elektronische Geld investierten und entsprechend große Mengen Bitcoin besitzen, von diversen OTC-Anbietern kontaktiert, um BTC an die Emittenten zu verkaufen.

OG Bitcoin-Inhaber werden von großen OTC-Desks kontaktiert und erhalten ein PREMIUM auf den Spotpreis 👀.

Die ETFs erhalten den ganzen Tag über Handelsaufträge und kaufen BTC gegen Ende des Tages.

Die OTC-Desks müssen nachgerechnet haben und erkannt haben, dass es heute Nachmittag vielleicht nicht genug BTC zum Verkauf gibt.

Brad Mills

Ausblick

Die nächsten Tage und Woche werden definitiv spannend. Wie werden sich Vanguard und Co. weiter verhalten? Werden sie sich letztlich dem Druck beugen oder dennoch weiter darauf verzichten, die Bitcoin-ETFs zugänglich zu machen? Keine Frage, auf den Gesamtmarkt gerechnet sind die neuen Produkte nur ein metaphorischer Tropfen auf dem heißen Stein und Vanguard kann es sich in seiner Position aktuell natürlich leisten, auf dieses Geschäft zu verzichten. Dennoch ist die Frage, ob sie sich dem Sog des BTC auch langfristig entziehen können.

In der nahen Zukunft könnten wir ferner sehen, dass die Wall Street noch mehr in Bitcoin-ETFs einsteigt, insbesondere durch die Einführung von Optionen. Optionen sind Finanzinstrumente, die es Investoren ermöglichen, auf die zukünftige Preisentwicklung von Bitcoin zu setzen, ohne die Kryptowährung direkt zu besitzen. Sie können auch dazu verwendet werden, sich gegen mögliche Verluste abzusichern. Es wird erwartet, dass die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC diese Art von Handel im Jahr 2024 genehmigen könnte.

Zusätzlich zu den nun bestehenden Bitcoin-ETFs gibt es nämlich bereits Pläne für neue Produkte, wie zum Beispiel den Grayscale Bitcoin Trust Covered Call ETF. Dieser soll nicht nur in Bitcoin investieren, sondern auch Einkommen für die Anleger generieren.

Nate Geraci, der Präsident von "The ETF Store" prophezeite bereits, dass es künftig allerlei Variationen von Spot Bitcoin-ETFs geben könnte.

Und so fängt es an...

Grayscale beantragt einen Covered Call-ETF.

Aktiv verwaltetes Engagement in GBTC & Käufe/Verkäufe von Call- & Put-Optionen, die GBTC als Referenzwert verwenden.

Wir werden alle Varianten von Spot-Bitcoin-ETFs sehen.

Nate Geraci, Präsident "The ETF Store"

Zudem dürfen wir gespannt sein auf detailliertere Analysen der Zu- und Abflüsse (Inflows und Outflows) in diese ETFs. Solche Analysen werden wichtige Einblicke in das tatsächliche Anlegerverhalten und die Marktreaktion auf die neuen Bitcoin-Produkte bieten. Sie könnten aufzeigen, wie stark das Interesse an Bitcoin-ETFs wirklich ist und (zu einem späteren Zeitpunkt) ob es sich um langfristige Investitionen oder kurzfristige Spekulationen handelt.

Insgesamt steht der Markt für Bitcoin-ETFs vor einer spannenden Phase, in der sowohl regulatorische Entwicklungen als auch das Verhalten großer Finanzinstitutionen und die Reaktion der Anlegergemeinschaft eine wichtige Rolle spielen werden. Diese Entwicklungen könnten und werden vermutlich wesentlich dazu beitragen, wie sich der Bitcoin-Markt in der Zukunft gestaltet.

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