Bei den gestrigen Präsidentschaftswahlen in Argentinien hat sich ein überraschendes Ergebnis abgezeichnet. Der als Favorit gehandelte marktliberale Ökonom und Bitcoin-Befürworter Javier Milei muss in die Stichwahl. In der ersten Wahlrunde erzielte der amtierende Wirtschaftsminister Sergio Massa bei aktuell etwas mehr als 98 % ausgezählter Wahlzettel überraschend rund 37 Prozent der Stimmen, während Milei, der in Umfragen geführt hatte, nur knapp 30 Prozent erhielt. An dritter Stelle lag die ehemalige Innenministerin Patricia Bullrich vom konservativen Oppositionsbündnis Juntos por el Cambio (Gemeinsam für den Wandel). Trotzdem bleibt das Rennen offen, da ein Teil der konservativen Wählerschaft in der zweiten Runde am 19. November zu Milei überlaufen könnte.

Massa und Milei gehen in die Stichwahl. Quelle: El País

Wahlmanipulation?

In den sozialen Medien wurde kurzzeitig der Vorwurf von Wahlmanipulationen laut. Insbesondere in der Stadt Quilmes, die zur Metropolregion Buenos Aires gehört, kam es Berichten zufolge zu etwas Aufruhr, da Wahlzettel gestohlen wurden. Dies erklärte der in Argentinien lebende Blogger "BowTiedMara" bei 𝕏.

Massiver Betrug in Quilmes: Alle Stimmzettel von Milei wurden gestohlen, und den Wählern, die das Fehlen von Stimmzetteln melden, wurde vorgeschlagen, diese als nicht ausgefüllt zu werten.

BowTiedMara

Abgesehen von diesem Vorfall scheint jedoch alles mit rechten Dingen zugegangen zu sein.

Es gab einige Fälle hier und da (aber das passiert bei jeder Wahl). Nicht genug, um einen so großen Unterschied zu erklären. Wäre Bullrich nicht gewesen, hätte Milei am Ende möglicherweise die meisten Stimmen bekommen.

BowTiedMara

Gegner des Establishments

Javier Milei ist insbesondere bekannt für seine kritische Haltung gegenüber Zentralbanken und der Unterstützung von Bitcoin. Er hat in vergangenen Interviews die Vorteile von Bitcoin als privates Geld hervorgehoben und betont, dass es sich besser für sichere Transaktionen eignet als traditionelle Vermögenswerte wie Silber und Gold. Milei hat jedoch auch klargestellt, dass er nicht beabsichtigt, Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel einzuführen, sondern nach der Abschaffung der Zentralbank den US-Dollar als Währung einführen möchte.

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Seine radikalen Ansichten und Lösungsansätze, einschließlich der Einführung des US-Dollars als gesetzlichem Zahlungsmittel, der Abschaffung der Zentralbank und der drastischen Kürzung der Sozialausgaben sowie Schrumpfung des Staatsapparates, haben bei einem Teil der argentinischen Bevölkerung Anklang gefunden, insbesondere bei der Jugend, die unter Armut, wachsender Verschuldung und Hyperinflation leidet.

Es bleibt abzuwarten, ob Milei in der Stichwahl gegen den amtierenden Finanzminister Sergio Massa bestehen kann. Unabhängig vom Wahlergebnis hat Javier Milei jedoch bereits jetzt einen bleibenden Einfluss auf die wirtschaftliche Diskussion in Argentinien gehabt und das Interesse an einem ökonomischen Umdenken und einer harten Währung wie Bitcoin geweckt.

In einer Zeit, in der Argentinien von einer tiefen Wirtschaftskrise geplagt wird, mit einer Inflationsrate von fast 140 Prozent (!) und rund 40 Prozent der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze leben, könnte die Wahl von Milei als Präsident eine entscheidende Wende für das Land bedeuten. Sollte er gewinnen, muss er jedoch erst einmal beweisen, dass er seinen Worten auch Taten folgen lassen wird. Insbesondere da seine Partei im dortigen Kongress keine eigene Mehrheit hat, wird er wohl einige Kompromisse eingehen müssen. Die Stichwahl findet am 19. November statt.